Beitrag von Jürgen Klute

Update vom 30.04.2017

Wie das französische Web-Portal Le Lab Europe 1 gestern am späteren Nachmittag mitteilte, hat jetzt der frühere griechisches Finanzminister und Gründer der pan-europäischen Bewegung DiEM25 Yanis Varoufakis zur Wahl von Macron aufgerufen, um Le Pen zu verhindern.

Hier der Link zu dem Artikel:

Le mouvement pan-européen de Yanis Varoufakis appelle à voter pour Emmanuel Macron

Update vom 28.04.2017

Verständlicherweise fällt es vielen Linken schwer, Verständnis für eine Wahlaufruf gegen Le Pen aufzubringen bei der Stichwahl in Frankreich am 7. Mai, denn ein solcher Wahlaufruf bedeutet zwangsläufig eine Zustimmung zu Macron.

Nun gibt es in sozialen Medien auf den Vorschlag, eine Wahl von Macron mit Bedingungen zu verknüpfen, etwa der Art, dass Macron sich im Gegenzug zu einem Verzicht auf weiteren Sozialabbau und so einer besseren Sozialpolitik verpflichten solle.

Auf den ersten Blick klingt das plausibel. Beim zweiten Blick aber wird deutlich, dass eine solche Bedingung eine wahltaktische Falle wäre.

Ließe sich Macron auf eine solche Bedingung ein, ginge des Risiko ein, das Le Pen dies im weiteren Wahlkampf gegen Macron nutzen würde.

Würde Macron zu einem solchen Vorschlag seitens der Linken schweigen oder ihn sogar zurückweisen, könnte die Linke bzw. die PCF nicht ohne Gesichtsverlust bei ihrem Wahlaufruf bleiben. Die Linke bzw. PCF begäbe sich damit also in eine Abhängigkeit von Macron Reaktion auf ihren Vorschlag. Sie könnte nicht mehr autonom entscheiden, wie sich sich taktisch positioniert.

Deshalb ist es klug und richtig, dass die PCF ihre Position nicht durch die Nennung von Bedingungen an eine Reaktion von Macron gekoppelt hat, sondern ihren Aufruf so gemacht hat, wie sie ihn gemacht hat. Es ist die einzig mögliche Art und Weise, mit der Stichwahl am 7. Mai 2017 umzugehen, wenn man darauf zielt, die Faschistin Le Pen als Präsidentin zu verhindern.

Und das ist nicht nur für Frankreich bedeutsam, sondern für ganz Europa. In der konkreten Situation kann die Linke in Europa nicht anders handeln, als die PCF mit ihrem Präsidenten Pierre Laurent es gemacht hat. Das verdient Respekt und jede Unterstützung!

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In sozialen Medien gibt es zur Zeit eine irritierende Diskussion in Teilen der Linken, ob es sinnvoll sei, bei der Stichwahl für die französische Präsidentschaft am 7. Mai 2017 Macron zu unterstützen.

Macron wird als neoliberaler Erneuerer, der den Sozialstaat abbauen will kritisiert. Ein Teil der Linken lehnt es ab, einen solchen Kandidaten zu unterstützen. Das ist allerdings risikoreich. Denn es keineswegs ausgemacht ist, dass der Sieger der ersten Wahlrunde der Sieger der Stichwahl wird – es gibt mehr als ein Beispiel dafür aus der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg, dass das kein Automatismus ist. Da nur zwei Kandidat*innen zur Auswahl stehen, bedeutet eine Schwächung Macrons zwangsläufig eine Stärkung von Le Pen. Mit Le Pen jedoch würde eine neofaschistische Politikerin ins Präsidentin Frankreichs. Was das bedeuten würde, lässt sich im Kleinen im nordfranzösischen Hénen Beaumont beobachten, dass seit 2014 einen Bürgermeister des Front Nacional hat.

Die Debatte in den sozialen Medien hat sich vor allem daran entzündet, dass der linke Präsidentschaftskandidat Jean-Luc Mélenchon, der in der ersten Wahlrunde auf Platz vier gelandet ist, sich bisher nicht zu einem Wahlaufruf für Macron entschließen konnte.

Im Unterschied zu Mélenchon hat die Kommunistische Partei Frankreichs (PCF) noch am Wahlabend für eine Wahlaufruf gegen Le Pen in der Stichwahl ausgesprochen. Priorität für die PCF hat die Verhinderung einer neofaschistischen Regierung. Das ist eine Konsequenz aus den blutigen Erfahrungen mit dem deutschen Faschismus. Die PCF ist sich dessen bewusst, dass unter einer Präsidentin Le Pen die gesellschaftliche und politische Linke als erste unter massiven Druck geriete und in ihren Handlungsmöglichkeiten drastisch beschnitten würde.

Dass Le Pen praktisch nur zu verhindern ist, indem man für Macron stimmt, ist der PCF selbstverständlich bewusst. Deshalb stellt die PCF auch klar, dass eine Stimmabgabe für Macron am 7.Mai 2017 keine weitere Unterstützung seiner Politik im Falle seiner Wahl zum Präsidenten bedeutet. Es geht um die Verhinderung einer neofaschistischen Präsidentin und den Auswirkungen, die eine Wahl Le Pens für die europäischen Nachbarstaaten hätte.

Das Statement der PCF ist hier in deutscher Übersetzung nachzulesen.

Die Kommunistische Partei Österreichs (KPÖ) hat die Position der PCF gestern (25.04.2017) mit einer eigenen Erklärung unterstützt.

Das Statement der KPÖ ist hier nachzulesen.

Angesichts des deutschen Faschismus und des Terrors, mit dem er ganz Europa überzogen hat, ist es tragisch und peinlich, dass diese Position der PCF nicht geschlossen von der Linken in der BRD mitgetragen wird. Eine solchermaßen geschichtsvergessene Linke, die unfähig ist, politische Prioritäten zu erkennen und zu setzten, diskreditiert sich selbst – und zwar dauerhaft.


Titelfoto: Kundgebung mit Jean-Luc Melenchon, 18.3.2017 | Christian Bachellier CC BY-NC-ND 2.0

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