Beitrag von Jürgen Klute
„Housing for all“ – Wohnungen für alle, und zwar zu einem bezahlbaren Preis. Das ist die Kernforderung der gleichnamigen in Wien gestarteten Europäischen Bürgerinitiative (EBI). Die konkrete Forderung an die EU-Kommission – also an die Adressatin der EBI –, lautet, „bessere gesetzliche und finanzielle Rahmenbedingungen zu schaffen, um bezahlbares Wohnen für alle Menschen in Europa zu ermöglichen.“
Eine EBI hat das Recht, bei der EU-Kommission einen Gesetzesvorschlag einzureichen. Dazu muss die EBI aber mindestens eine Million Unterschriften von EU-BürgerInnen innerhalb von 12 Monaten sammeln und in sieben Staaten eine – von der EU Kommission vorgegebene – Mindestanzahl an Unterschriften erreichen. Das sei eine sehr große Herausforderung, sagt Karin Zauner, eine der InitiatorInnen und Sprecherin der EBI „Housing for all“. Zum einen seien die Regeln für das Erfassen der Unterschriften in den EU-Mitgliedsstaaten nicht einheitlich. Zum anderen sei die Zusammenarbeit zwischen den Initiativen aus den verschiedenen Ländern nicht immer einfach.
Zur Organisation dieser nötigen Aufgaben für eine EBI hat sich in Wien ein kleiner Trägerverein gegründet. Die Arbeit, die Karin Zauner und ihre KolleInnen leisten, muss jedoch ehrenamtlich neben der Erwerbsarbeit erbracht werden. Da ist schnell der Jahresurlaub aufgebraucht. Die entstehenden Kosten für die Kontaktarbeit zur Abstimmung mit Initiativen in den anderen EU-Ländern und für die nötige Informationsarbeit müssen aus Spenden aufgebracht werden. Man bzw. frau muss schon ein großes Engagement mitbringen für ein solches Projekt.
„Housing for all“ ist am 18. März 2019 gestartet. Bis zum 18. März dieses Jahres muss die Million Unterschriften zusammengebracht sein. Derzeit, so Karin Zauner, ist die EBI noch ein ganzes Stück davon entfernt und hofft, auf der Zielgraden doch noch die nötigen Unterschriften zusammenzubekommen.
Aber selbst wenn die Unterschriften nicht zusammen kommen, so betont Karin Zauner, hat sich die EBI doch schon in jedem Fall gelohnt. Bezahlbares Wohnen ist in vielen urbanen Zentren der EU ein brisantes Thema. Die EBI hat bisher die Diskussion des Themas gut befördert. Eine Reihe von Prominenten unterstützen das Anliegen öffentlich. Vor allem aber hat eine Gruppe von Abgeordneten aus den Fraktionen der Grünen, der Linken und der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament das Thema aktiv aufgenommen. Am 12. Dezember 2019 gab es eine gemeinsame Veranstaltung der EBI und den Europaabgeordneten im Europäischen Parlament in Brüssel. Die Abgeordneten der genannten drei Fraktionen wollen das Anliegen der EBI mit einem eigenen legislativen Initiativbericht (gemäß Art. 225 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU) unterstützen. Ebenso wollen die Abgeordneten das Thema Wohnen im Rahmen des New Green Deal und des neuen mehrjährigen Finanzrahmenplanes in Form entsprechender Förderprogramme thematisieren. Die Europaabgeordneten halten es zudem für sinnvoll, die Europäische Investitionsbank (EIB) stärker in die Finanzierung des sozialen Wohnungsbaus einzubinden.
Zusätzliche Unterstützung erfährt die EBI „Housing for all“ vom Ausschuss der Regionen bei der EU (AdR), in dem Regionen und Kommunen vertreten sind. Denn vor Ort müssen die brennenden Wohnungsprobleme praktisch gelöst werden.
Wichte Impulse hat die EBI also schon jetzt gegeben.
Links zum Artikel |
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Webseite „Housing for all“ |
Link auf das Interview: Europäische Bürgerinitiative „Housing for all“ sammelt Unterschriften | Europa.blog, 11.06.2019 |
Die Europäische Bürgerinitiative (EBI) |
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Die Europäische Bürgerinitiative (kurz: EBI) hat ihre rechtliche Grundlage im Vertrag von Lissabon: Artikel 11 (4) des Vertrags über die EU und Artikel 24 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU. Die EBI ist ein legislatives Initiativrecht, das dem des Europäischen Parlaments (Art. 225 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU) entspricht. Das heißt, eine EBI gibt den EU-BürgerInnen das Recht, bei der EU-Kommission Gesetzvorschläge für die EU einzureichen. Allerdings ist eine EBI nicht zwingend. Die Entscheidung darüber, ob ein entsprechendes Gesetzgebungsverfahren auf den Weg gebracht wird, trifft die EU-Kommission. Sie gibt ihre Entscheidung und die entsprechende Begründung öffentlich bekannt. Ausgeschlossen von einer EBI sind Veränderungen an den Verträgen der EU. Um eine EBI einreichen zu können, müssen mindestens eine Million Unterschriften von EU-BürgerInnen aus (derzeit) mindestens sieben Ländern vorgelegt werden. Auf ihrem Webportal EUROPÄISCHE BÜRGERINITIATIVE informiert die EU-Kommission darüber, wie eine EBI gestartet werden kann. Dort sind auch alle EBIs (beantragte, laufende und abgeschlossene) aufgelistet mit den entsprechenden Ergebnissen. Seit dem 1. April 2012 ist es möglich, eine EBI zu starten. Seit dem wurden 71 EBIs gestartet (abgerufen am 08.01.2020). Lediglich 4 von den 71 EBIs haben die nötige Zahl an Unterschriften erzielt. |
Titelbild: „Generationen Wohnen“, Am Mühlgrund, Wien | Foto: Johannes Ortner CC BY-NC 2.0
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