Interview von Jürgen Klute (Europa.blog) mit Simone Raskob, Beigeordnete der Stadt Essen, verantwortlich für das Projektbüro Grüne Hauptstadt Europas – Essen 2017
Europa.blog: Frau Raskob, es ist noch nicht so lange her, da war Essen europäische Kulturhauptstadt. In diesem Jahr nun ist Essen die „Grüne Hauptstadt Europas“. Den Titel „Grüne Hauptstadt Europas“ gibt es noch nicht so lang. Erstmals wurde er 2010 verliehen. Können Sie mit ein paar Worten erklären, was eine „Grüne Hauptstadt Europas“ ist?
Simone Raskob: Das mache ich sehr gerne. Mit dem Titel „Grüne Hauptstadt Europas“ wird eine europäische Stadt ausgezeichnet, die nachweislich hohe Umweltstandards erreicht hat und fortlaufend ehrgeizige Ziele für die weitere Verbesserung des Umweltschutzes und der nachhaltigen Entwicklung verfolgt.
Europa.blog: In der us-amerikanischen Autostadt Detroit haben sich nach dem Zusammenbruch der dortigen Automobilindustrie und der Ausbreitung massiver Armut viele Gartenprojekte (urban gardening) entwickelt, um das Überleben zu sichern. Auch Essen ist eine alte, traditionsreiche Industriestadt im Strukturwandel. Haben die Erfahrungen aus Detroit mit den notbedingten Gartenprojekten eine Rolle gespielt für die Stadt Essen bei der Entwicklung der Idee, sich als Grüne Hauptstadt Europas zu bewerben oder wie ist die Stadt Essen auf diese Idee gekommen?
Simone Raskob: Auch wenn beide Städte mit dem Strukturwandel zu kämpfen hatten, wurde Detroit doch mit weitaus schlimmeren Problemen konfrontiert als die Stadt Essen. Dass Detroit letztendlich Urban-Gardening Projekte als Lösungsweg gewählt hat, ist großartig. Mit der Bewerbung der Stadt Essen um den Titel Grüne Hauptstadt Europas hatte dies aber nichts zu tun.
Die Stadt Essen hat eine langen Weg des Wandels von grün zu grau zu grün hinter sich, auf den wir sehr stolz sind, den vor dem Titelgewinn aber kaum jemand kannte. Das Ruhrgebiet leidet immer noch unter den vielen Klischees. Vielerorts haben die Menschen immer noch das Bild von rauchenden Schloten, grauer Wäsche und Zechen im Kopf. Anfangs fiel es auch der EU-Kommission schwer, den Titel „Grüne Hauptstadt Europas“ in Einklang mit einer Stadt der Montanindustrie zu bringen. Mit der Bewerbung wollten wir beweisen, dass sich hier in den letzten Jahren viel getan hat und dass wir eine ökologisch-zukunftsgewandte Stadt sind, die noch viel vor hat. Das ist uns letztendlich auch gelungen.
Europa.blog: Gegen welche Städte hat Essen sich bei der Bewerbung um diesen Titel durchgesetzt und wer hat entschieden, dass Essen diesen Titel in 2017 tragen darf?
Simone Raskob: Die Europäische Kommission hat die Stadt Essen als eine von zwölf Bewerberstädten für das Finale zur Bewerbung um den Titel „European Green Capital/Grüne Hauptstadt Europas 2017“ nominiert. In der Endrunde musste Essen sich noch gegen drei weitere Mitbewerber durchsetzen: ’s-Hertogenbosch (Niederlande), Nijmegen (Niederlande), Umeå (Schweden).
Entschieden hat das die Jury der Europäischen Kommission, die aus Vertretern der Europäischen Kommission, des Europäischen Parlaments, des Ausschusses der Regionen, der Europäischen Umweltagentur, des Internationalen Rates für Lokale Umweltinitiativen (ICLEI), des Büros des Convenant of Mayors und des Europäischen Umweltbüros besteht.
Europa.blog: Können Sie sagen, welche Gründe für die Entscheider (Jury) ausschlaggebend waren, Essen zur Grünen Hauptstadt Europas 2017 zu erklären?
Simone Raskob: In der Begründung wurde die Vorbildrolle der Stadt Essen für viele Städte in Europa im Strukturwandel, aber auch die Rolle der Stadt Essen innerhalb der Metropole Ruhr hervorgehoben. Der ganzheitliche Ansatz der Bewerbung hat die Jury beeindruckt. Insbesondere die Lösungsvorstellungen für die Zukunft einer „lebenswerten Stadt“ unter Berücksichtigung der Auswirkungen des Strukturwandels von einer Kohle- und Stahlstadt „zur grünsten Stadt“ in NRW wurden herausgestellt.
Die besondere Bedeutung der grünen Infrastruktur am Beispiel des „Emscherumbaus“ bis zum Projekt „Essen.Neue Wege zum Wasser“ hat den ganzheitlichen Transformationsprozess über alle Themenfelder vermitteln können.
Europa.blog: Was bedeutet das konkret für Essen, jetzt Grüne Hauptstadt Europas zu sein? Woran können die Bürgerinnen und Bürger und auch Besucher und Besucherinnen der Stadt Essen erkennen, dass sie in der Grünen Hauptstadt Europas sind?
Simone Raskob: Mit der Eröffnung ist der Startschuss für die mehr als 300 Projekte und Veranstaltungen gefallen – darunter auch über 50 Tagungen und Fachkongresse, die internationales Fachpublikum nach Essen locken. Diese Besucher heißen wir mit Ortseingangs- und Autobahnschildern willkommen und Essens Bürgerinnen und Bürger weisen wir durch Plakatkampagnen auf das grüne Jahr hin. Wie man für eine Stadt wirbt, die den Wandel vom einstigen Montanstandort zur drittgrünsten Stadt Deutschlands geschafft hat, haben bereits zehn Designerinnen und Designer aus dem In- und Ausland im Rahmen eines Plakatwettbewerbs vorgemacht. Die Ergebnisse sind noch bis zum 5. März im Museum Folkwang zu sehen.
Aber nicht nur Schilder und Plakate zeigen, dass wir 2017 Europas grüner Mittelpunkt sind. Auch die vielen Aktionen im gesamten Stadtgebiet mit und von Bürgerinnen und Bürgern werden sich im Stadtbild widerspiegeln, worauf ich mich sehr freue.
Europa.blog: Am 21. und 22. Januar gab es im Grugapark den offiziellen Startschuss für die Grüne Hauptstadt. Welche Veranstaltungen haben Sie für dieses Jahr geplant?
Simone Raskob: Unser Programm ist eine Mischung aus Veranstaltungen, Bürgerprojekten, infrastrukturellen Projekten und über 50 Tagungen und Fachkongressen. Um einige Beispiele zu nennen: Das Ruhrmuseum zeigt ab dem 21. Mai auf Zollverein in Halle 5 die Ausstellung „Grün in der Stadt – mehr als Parks und Gärten“. Im Laufe des Jahres finden analog zum Rhythmus der Jahreszeiten drei Aktionstage mit dem Titel „säen, ernten, essen“ statt. Eine große Rolle spielt auch das Thema Mobilität: Es gibt viele Projekte und Aktionen mit den Schwerpunkten Radverkehr und Elektromobilität sowie – in Kooperation mit der EVAG – zum Thema ÖPNV.
Europa.blog: Welche Möglichkeiten haben die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Essen, sich an diesem Projekt zu beteiligen?
Simone Raskob: Partizipation ist ein wichtiger Bestandteil der Grünen Hauptstadt Europas, denn der Titel ist nicht nur eine Auszeichnung für die Innovations- und Wandlungsfähigkeit der Stadt Essen, sondern auch für alle Essener Bürgerinnen und Bürger. Die Partizipationsmöglichkeiten sind vielfältig und reichen von mehr als 200 Bürgerprojekten, die seitens der Grünen Hauptstadt gefördert werden, über ein Volunteer-Programm bis hin zu zahlreichen Events und Teilnahmemöglichkeiten, die wir das ganze Jahr über anbieten. Bisher konnten sich die Bürger zum Beispiel an einem Sprüche-Wettbewerb für Papierkörbe beteiligen oder Vorschläge für Grüne Orte einreichen, die vom Ensemble Ruhr im Rahmen des Projektes „Sieben letzte Worte an sieben Orten“ bespielt werden.
Europa.blog: Es gibt eine ganze Reihe alter und junger Initiativen: Schrebergartenvereine, Grabeland-Initiativen von Migranten, Transition-Town-Projekte, Urban Gardening, Guerilla-Gardening, etc. Welche Rolle spielten und spielen diese Initiativen bei der Vorbereitung und Umsetzung des Projektes Grüne Hauptstadt Europas? Haben diese Initiativen das Projekt mit inspiriert, waren sie Ideengeber?
Simone Raskob: Im Sinne von Teilhabe und Kooperation ist die Mitwirkung der Zivilgesellschaft ein zentrales Anliegen der Grünen Hauptstadt Europas – Essen 2017. Wir stehen in engem Kontakt mit den Bürgerinitiativen und Verbänden wie Essen packt an, RUTE (Runder Umwelttisch Essen) oder Transition Town und haben bereits bei der Programmentwicklung mit ihnen zusammengearbeitet und führen in diesem Jahr gemeinsame Projekte, wie u.a. „säen, ernten, essen“ oder „Bienen in der Stadt“, durch. Für die Betreuung der Kooperationsprojekte mit Transition Town zum Beispiel haben wir Jörn Hamacher, den Betreuer des Stadtteilnetzwerks, ins Boot geholt. So sind das Projektbüro und die Bürgerinitiative optimal vernetzt.
Europa.blog: Bei grünen Projekten ist „Nachhaltigkeit“ eine zentrale Kategorie. Wie nachhaltig im umweltpolitischen und im beschäftigungspolitischen Sinne ist dieses Projekt Grüne Hauptstadt angelegt?
Simone Raskob: Wir möchten im Rahmen der Grünen Hauptstadt nachhaltige Prozesse und Entwicklungen anstoßen, die dauerhaft die Lebensqualität der Stadt Essen sichern und im besten Fall weiter verbessern. Dafür haben wir uns hohe Ziele gesetzt:
Durch die Förderung von Mobilitätsprojekten zum Beispiel möchten wir den Anteil des Rad- und Nahverkehrs bis 2035 auf jeweils 25 Prozent steigern. Ein weiteres Ziel ist es, in Essen bis 2025 20.000 Umweltjobs zu haben. Bereits heute existiert eine starke Umweltwirtschaft mit einer hohen Innovationskraft. Auch hochkarätige Forschung und Bildung für nachhaltige Entwicklung sind fest in unserer Stadt verortet. Wir haben bereits den Strukturwandel von grau zu grün hinter uns – und nun gehen wir noch einen Schritt weiter. Wirtschaftsförderung und grüne Stadtentwicklung widersprechen sich nicht, sondern müssen Hand in Hand gehen. Das ist das Modell der Zukunft.
Europa.blog: Es gibt ja Überlegungen auf RVR-Ebenen (RVR = Regionalverband Ruhr), dass sich das Ruhrgebiet um die Internationale Gartenschau 2027 bewerben könnte. Sehen sie die grüne Hauptstadt Essen 2017, die ja auch Sitz des RVR ist, als einen Schritt auf dem Weg zur IGA 2027?
Simone Raskob: Die Metropole Ruhr hat sich bereits beworben und im Dezember den Zuschlag für die Internationale Gartenbauausstellung 2027 erhalten. Mit dem Jahr der Grünen Hauptstadt startet die Stadt Essen demnach in eine grüne Dekade: Der Emscherumbau wird 2020 abgeschlossen sein, im Jahr 2022 findet die Ergebnispräsentation der KlimaExpo.NRW statt und mit der IGA 2027 endet die Dekade.
Europa.blog: Was hat eine Stadt wie Essen, eine alte Industriestadt, von einem solchen Projekt, wie der Grünen Hauptstadt zu erwarten? Wie passt das Projekt zur industriellen Geschichte dieser Stadt? Welchen Beitrag kann Ihrer Meinung nach dieses Projekt zur Bewältigung des immer noch andauernden Strukturwandels leisten?
Simone Raskob: Für eine Stadt wie Essen ist der Titel etwas Besonderes. Schließlich sind wir die erste Stadt der Montanindustrie, die diesen Titel gewonnen hat.
Das Projekt ist ein wichtiger Baustein in der Geschichte der Grünen Stadtentwicklung, die mit den sozialreformatorischen Idealen und Zielsetzungen von Robert Schmidt (1869–1934) begann, mit der Begrünung des Essener Nordens durch Aktionen wie die „Grüne 14“ und dem „IBA Emscherpark“ (1989 – 1999) fortgesetzt wurde und mit dem Programm „Essen.Neue Wege zum Wasser“ seit 2006 bis heute weiter zum Erfolg geführt wird. Als Grüne Hauptstadt stoßen wir nun weitere nachhaltige Projekte für eine grünere Zukunft an.
Europa.blog: Das Projekt Grüne Hauptstadt ist ein Projekt der EU, also ein europäisches Projekt. Welche konkreten und für Bürgerinnen und Bürger wahrnehmbaren Bezüge gibt es zur EU, zu Europa? Angesichts der gegenwärtigen kritischen Situation der EU bietet ein solches Projekt ja eine gute Chance, Bürgerinnen und Bürgern die EU, Europa sichtbar, erfahrbar und greifbar zu machen. Wie und wo ist Europa in 2017 in Essen sichtbar und erfahrbar?
Simone Raskob: Als amtierende Grüne Hauptstadt sind wir Schauplatz für europäische Kampagnen wie die Europäische Mobilitätswoche oder die Green Week. Dadurch bringen wir den europäischen Gedanken zu den Essener Bürgerinnen und Bürgern. Zudem ist Essen Teil des EU-Netzwerks und steht in regelmäßigem Austausch mit den Titelträgern und Finalisten der vergangenen Jahre wie Bristol, Kopenhagen oder auch Ljubljana.
Europa.blog: Essen, vor allem seine nördliche Hälfte, ist stark von öffentlicher und privater Verarmung geprägt. Es gibt sicher Bürger und Bürgerinnen, die sich fragen, wie teuer das Projekt Grüne Hauptstadt ist und ob dieses Geld gut angelegt ist für die weitere Entwicklung der Stadt und ihrer Bewohner und Bewohnerinnen – und wer das denn bezahlt. Welche Antworten geben Sie Bürgern und Bürgerinnen, die so fragen, Frau Raskob?
Simone Raskob: Von starker öffentlicher und privater Verarmung ist die Stadt Essen weit entfernt. Es gab in der Vergangenheit eine stadträumliche Trennung von Nord und Süd im Essener Stadtgebiet, die in Teilen immer noch existiert. Diese Situation wurde durch das kommunale Aktionsprogramm „Essen.Neue Wege zum Wasser“, mit dem in den letzten 10 Jahren 150 km Fuß- und Radwege zwischen dem Emschertal im Norden und dem Ruhrtal im Süden geschaffen worden sind, sowie durch weitere infrastrukturelle Maßnahmen aber stark verbessert. Und im Rahmen der Grünen Hauptstadt Europas – Essen 2017 werden viele Projekte angestoßen, die die Stadt Essen noch lebenswerter machen.
Für die Durchführung des Projektes stehen uns – verteilt auf drei Jahre – ca. 16,2 Millionen Euro zur Verfügung. Von Bund und Land erhalten wir eine Förderung in Höhe von 10 Millionen Euro, der Eigenanteil der Stadt Essen liegt bei knapp 5 Millionen Euro. Zudem wurden Sponsorengelder akquiriert.
Dieses Geld investieren wir in erster Linie in nachhaltige Projekte, die auch nach 2017 von Bedeutung sind. Natürlich brauchen wir auch große Veranstaltungen, wie das Kultur- Und Bürgerfest im Grugapark am 21. und 22. Januar um Aufmerksamkeit zu erregen. Aber wir wollen in diesem Jahr kein Event-Feuerwerk abfeuern, das schnell vergessen ist, sondern Denk- und Projektanstöße geben, die die Lebensqualität in der Metropole Ruhr und in der Stadt Essen nachhaltig verbessern. Davon profitieren alle Bürgerinnen und Bürger.
Europa.blog: Das Projekt Kulturhauptstadt 2010 war ja etwas anders angelegt. Damals war Essen aus formalen Gründen zwar der offizielle Träger des Titels Kulturhauptstadt Europas, aber alle 53 Kommunen des RVR waren in die Kulturhauptstadt eingebunden und haben zu dem Projekt beigetragen. Bei der Grünen Hauptstadt ist das anders: Essen bleibt diesmal für sich. Welche Gründe waren dafür ausschlaggebend? Oder gibt es doch Möglichkeiten für andere Städte der Metropole Ruhr, sich an dem Projekt Grüne Hauptstadt zu beteiligen.
Simone Raskob: Ursprünglich wollte sich die gesamte Metropole Ruhr um den Titel bewerben. Im Jahr 2010 haben wir deshalb mit den Städten Dortmund und Bochum an einer gemeinsamen Bewerbung gearbeitet. Diese durften wir aber nie einreichen, weil die EU-Kommission nicht erlaubt hat, dass sich eine ganze Region um den Titel zur Grünen Hauptstadt Europas bewirbt. Die Stadt Essen hat daraufhin beschlossen, eine eigene Bewerbung einzureichen, was im zweiten Anlauf auch zum Erfolg geführt hat.
Wir sind als Teil der Metropole Ruhr eng mit unseren Nachbarstädten verbunden. Daher gibt es im Rahmen der Grünen Hauptstadt auch viele überregionale Projekte und Projekte mit einer Strahlkraft für die gesamte Region.
Europa.blog: Hat die Stadt Essen aus dem Projekt Kulturhauptstadt Europas 2010 Erfahrungen nutzen können für das diesjährige Projekt Grüne Hauptstadt Europas und wenn ja, welche und wie hat sie sie genutzt?
Simone Raskob: Die „Kulturhauptstadt Europas“ im Jahr 2010 mit ihren rund 2.500 Veranstaltungen war Anstoß für etwas Neues, von dem wir bis heute profitieren. Natürlich lassen sich die beiden Formate „Kulturhauptstadt“ und „Grüne Hauptstadt“ nicht direkt vergleichen, aber die Erfahrungen aus dieser Zeit, haben bei den Bürgerinnen und Bürgern ein neues Bild von Essen geprägt, auf das wir aufbauen können.
Jetzt geht es darum, auch die Bürgerinnen und Bürger von dem Gedanken und dem Titel „Grüne Hauptstadt Europas“ zu begeistern und ihnen und vielen anderen Menschen in der Region, in Deutschland, aber auch weltweit zu zeigen, wie gut es sich hier leben und arbeiten lässt.
Europa.blog: Noch eine etwas persönliche Frage zum Abschluss: Was erhoffen Sie sich für die Stadt Essen von diesem Projekt und was ist Ihre Motivation, sich in diesem Projekt zu engagieren?
Simone Raskob: Die Grüne Hauptstadt Europas – Essen 2017 ist für mich eine Herzensangelegenheit. Endlich hat die Stadt Essen die Chance, zu beweisen, dass sie Kohle und Stahl hinter sich gelassen hat und in der Lebensqualität mit großen Städten wie Kopenhagen oder Ljubljana mithalten kann. Nun sind alle Augen auf uns gerichtet und wir haben die Möglichkeit, Umweltthemen nach vorne zu bringen und zu beweisen, dass die Metropole Ruhr in Sachen Umwelt schon viel weiter ist, als man denkt.
Europa.blog: Vielen Dank für dieses Interview.
Titelfoto: Eröffnung Grüne Hauptstadt Europas, Grugapark Essen; Foto + Copyright: Jochen Tack
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Es ist ermutigend, dass eine der größten deutschen Städte, die in einem riesigen Ballungsraum liegt, einen solchen Titel bekommt. Hoffen wir, dass eine große Signalwirkung von dem Titel und den Entwicklungen in Essen ausgeht und auch die anderen deutschen und europäischen Städt eine solche Perspektive anstreben. Natur und Bürger werden sicherlich dankbar sein!
Ja, das sehe ich auch so. Zumal die Auszeichnung in Linie fortsetzt, die 1989 mit der Internationalen Bauausstellung | Emscher Park (1989-1999) im nördlichen Ruhrgebiet begann. Ein Schwerpunkt der IBA war der ökologische Umbau dieser alten Industrieregion. Die grüne Dekade, die die Stadt Essen mit der grünen Hauptstadt Europas 2017 eröffnet, ist in gewisser Weise die Doppelung bzw. Fortsetzung dieses Aspektes der IBA. 2020 mit den Veranstaltungen zum Abschluss des Emscherumbaus, der seinen Ursprung auch in der IBA hat, werden einerseits beide Ereignisse miteinander verknüpft und andererseits die grüne Dekade deutlich über die Grenzen der Stadt Essen hinausgetragen. Das angekündigte Abschlussereignis der grünen Dekade im Jahr 2027, die Internationale Gartenausstellung (IGA) erstreckt sich dann noch weiter auf das gesamte RVR-Gebiet. Es bleibt zu hoffen, dass die regionalen Akteure gut kooperieren, den Bürgerinnen und Bürgern ansprechende Beteiligungsformen ermöglichen, die Bürger und Bürgerinnen sich aktiv einbringen und alle Beteiligten auf diese Weise den Umbau des Ruhrgebiet zu einem vorläufigen Abschluss bringen und der Region eine sinnvolle, sozial und ökologisch nachhaltige Zukunft öffnen. Von 1989 bis 2027 ist eine lange Zeitspanne, aber der Umbau einer ganzen Region braucht seine Zeit.
[…] “Europa hat eine neue Grüne Hauptstadt“ – Interview mit Simone Raskob, Stadt Essen (2017) […]