Beitrag von Vesna Caminades

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

Ich finde, dass einer der schönsten Momente in der Früh beim Aufstehen jener ist, wenn ich das Fenster öffne und das herrliche Vogelgezwitscher höre. Da sind so viele kleine Freunde, die um die Wette singen, dass ich dank ihnen den Tag gut beginne. Leider gibt es Leute, die diesen kleinen Kerlen an den Kragen gehen. Aber zum Glück findet man Menschen mit Herz, die dies verhindern wollen und können.

Im März schrieb ich den Beitrag „Tierschutz über Umwege“. Dabei habe ich die Aktivität des Komitees gegen den Vogelmord e.V. entdeckt. Dieser Verein setzt sich seit 1975 – also seit über 45 Jahren – gegen Vogelfang und Wilderei ein. Das Markenzeichen ist „direkte und wirkungsvolle Aktionen gegen den Fang, Handel und Abschuss unserer Zugvögel im Mittelmeerraum“. Sie setzen auf schnelles und wirksames Handeln. Doch warum ist ein solcher Verband überhaupt notwendig?

Wenn man die Webseite des Komitees durchstöbert, kann man sich von Philosophie bis Rechtslage ein sehr gutes Bild machen. Viel Information, sachlich aufbereitet, ohne lang um den Brei herum zu reden. Da habe ich mir gedacht: „Diesen Verband möchte ich gerne näher unter die Lupe nehmen.“ Tatsächlich hatte ich Glück, denn als ich das Komitee mit der Bitte anschrieb, ein Interview führen zu dürfen, habe ich sofort ein positives Feedback erhalten. Herr Alexander Heyd, zweiter Vorsitzender, war so freundlich, einige Fragen zu beantworten. Gleich beim Einstieg ins Interview wurde mir klar, dass es sich hier um ein Lebensprojekt handelt. Die Begeisterung von Herrn Heyd ist nicht zu übersehen. Er, wie auch die anderen zwölf Mitwirkenden und zahlreichen Freiwilligen des Vereins setzen sich mit Leib und Seele für den Schutz von Zug- und Singvögeln in unseren Breitengraden ein. Vor allem hat Herr Heyd aber die Essenz der Aktivität des Vereines erläutern können. Er hat mir mit vielen Beispielen klar gemacht, worum es den Gründern ging und was der Fokus des Handelns des Verbandes ist: Taten vor Reden, Handlung vor Ort, Agieren statt Reagieren – so könnte man dieses einstündige Interview zusammenfassen. Doch Herr Heyd hat mir mit viel Geduld noch einiges mehr erklärt und das möchte ich jetzt gerne mit Ihnen teilen!

Zunächst möchte ich Ihnen kurz die Sachlage darstellen, damit Sie auch verstehen, weshalb es ein solches Komitee überhaupt braucht.

Es existiert eine EU-Vogelschutzrichtlinie (RL 2009/147/EG vom 30.11.2009). Das Problem ist allerdings, dass sie einerseits nicht mehr aktuell ist, andrerseits werden Ausnahmen vorgesehen, die ihre Wirkung erheblich schwächen. Hier der Inhalt der Richtlinie in kurzen Worten (Ausschnitt aus der Webseite von Komitee gegen den Vogelmord):

  • Alle wildlebenden Vogelarten stehen unter Naturschutz. Sie dürfen nicht gefangen, getötet oder verfolgt werden (Ausnahme ist die ordnungsgemäße Jagd).
  • In Anhang II der EU-Vogelschutzrichtlinie sind 82 Vogelarten aufgeführt, die theoretisch bejagt werden dürfen. 24 davon sind überall zum Abschuss freigegeben, bei den restlichen 58 müssen die Mitgliedstaaten in Brüssel melden, welche in ihrem Zuständigkeitsbereich tatsächlich bejagt werden sollen.
  • Fallen und Netze jeder Art sind verboten.
  • Die Jagd während des Rückzugs der Vögel in ihre Brutgebiete (Frühlingsjagd) ist nicht erlaubt.
  • Die Jagd während der Brutzeit ist verboten.
  • Die Verwendung elektronischer Hilfsmittel ist untersagt.
  • Das Sammeln von Eiern ist verboten, ebenso wie die Beschädigung von Niststätten.
  • Bis auf einige Ausnahmen dürfen aus der freien Natur entnommene Vögel nicht vermarktet werden (also kein Verkauf geschossener Vögel in Märkten, kein Verkauf in Restaurants). Ausnahmen sind z.B. Fasan, Ringeltaube und Stockente. Aus der Natur entnommene Singvögel dürfen grundsätzlich nicht gehandelt werden.

Unsere kleinen gefiederten Freunde werden allerdings aus verschiedenen Gründen gejagt und getötet, die sehr oft dieser Richtlinie widersprechen: Küche, Käfig, Konkurrenz, als Locktiere, aus Tradition und wie könnte es anders sein – als Einnahmequelle. Das hat sich in den 40 Jahren seit der Gründung des Komitees leider nicht radikal geändert. Da wollte ich also wissen, wie man 1975 auf den Gedanken kam, geeint gegen diese Straftaten vorzugehen. Herr Heyd hat mir erzählt, dass Anfang der 70er Jahre in Deutschland bekannt wurde, wie massiv und mit welchen grausamen Methoden in Italien Vogeljagd betrieben wurde. Es handelte sich um eine regelrechte Tradition und manchmal sah man Bilder, wo Vater, Sohn und Onkel mit Hunderten von erschossenen Trophäen protzten. Also haben sich einige Leute in Berlin zusammengefunden – ganz ohne Internet, wie Herr Heyd besonders unterstreicht. Es war eine derartige Welle der Empörung entstanden, dass dieses Komitee eine ganz logische Folge davon war, um gegen die illegale Vogeljagd in Aktion zu treten. Dabei ist der Namen besonders auffällig: „Komitee gegen den Vogelmord“ – nicht „Vogeljagd“, sondern explizit „Mord“. Wichtig ist auch anzuführen, dass dieses Komitees in Italien mindestens genauso gut vertreten ist wie in Deutschland.

An der Stelle war ich dann einfach zu neugierig. Also habe ich gleich gefragt. „Was hat sich denn in diesen letzten 45 Jahren nun effektiv geändert? Hat es überhaupt Entwicklungen gegeben?“ Da meinte Herr Heyd, der seit 1988 dabei ist, es gäbe in allen Ländern, in denen sie aktiv seien, Fortschritte, welche die Gründer wohl nie für möglich gehalten hätten. 1975 hätte man nie glauben können, dass die heutigen positiven Zustände eines Tages erreicht würden. Es gibt nun bessere Gesetze, vieles sei verboten worden. Wo es illegal zugeht, da gibt es meist eine wirksame Polizeipräsenz und Richter, die willens sind, Strafen zu verhängen. Was aber ganz entscheidend ist: die Bevölkerung nimmt die illegale Vogeljagd, aber auch den gesetzlich erlaubten Abschuss von Singvögeln, nicht mehr als selbstverständlich hin. Dies dank einer beeindruckenden Bewusstseinsarbeit.

Das Komitee gegen den Vogelmord hat ein sehr großes Ziel vor Augen, unnötig zu sagen, worum es sich dabei handelt. Der bereits erreichte Erfolg ist riesig. Doch – und dieses „Doch“ ist ganz stark zu unterstreichen -, gerade deshalb darf man sich nicht auf den Lorbeeren ausruhen und sich im Sessel zurückzulehnen. Und das tut dieser Verein und all seine Mitwirkenden sicher nicht. Genau das Gegenteil ist der Fall: unermüdliche Geduldsarbeit.

Herr Heyd bringt an dieser Stelle ein trauriges Beispiel – die Turteltauben. 1975 gab es noch relativ viele davon. Heutzutage sind sie vom Aussterben bedroht. In Italien dürfen 500.000 Jäger pro Kopf 15 Stück davon abschießen – das ist gesetzlich vorgesehen. Ja genau „Stück“, denn diese wunderschönen Tiere stellen nichts anderes dar als Objekte, die zum Abschuss freigegeben werden. Ob sie dann für immer von der Bildfläche verschwunden sein werden oder nicht, das zählt wohl nicht. Da kommt bei mir so ein leiser Zweifel auf, während Herr Heyd spricht: werden solche politischen Entscheidungen womöglich getroffen, damit ein bestimmter Wählerteil bei den nächsten Wahlen nicht vergisst, zu wessen Gunsten die Stimme abzugeben ist? Kann man Wählerstimmen mit Turteltauben erkaufen? Nein, denk ich mir! Das kann doch nicht sein, oder doch? Herr Heyd bestätigt diese traurige Annahme.

Aus diesem Grunde meint er aber auch, müssten die erreichten Erfolge unbedingt verteidigt werden. Daher ist stetige Präsenz und Aktion so wichtig. Es handelt sich um einen ewigen Kampf gegen die Wilderei, denn auch die Gegenseite sei politisch aktiv. Genau, und das bringt mich dann auch schon zur Frage, worin die weiteren Aktivitäten des Vereines im Detail bestehen.

Grundsätzlich ist der Großteil der Tätigkeit Feldarbeit. Das bedeutet, vor Ort sein, Fallen suchen, tote oder verletzte Vögel auflesen, Wilderern auf die Spur kommen, mit den lokalen Behörden zusammenarbeiten. Als Herr Heyd erläutert, wie oft sie tote Singvögel finden, oder aber Fallen, die mit aller Wahrscheinlichkeit einem weiteren gefiederten Freund das Leben kosten werden, dann frage ich: „Ist es möglich, durch Logik eine Art Elefantenhaut gegen all diese Grausamkeiten zu entwickeln? Wie kann man trotz allem noch einen klaren Kopf bewahren?“ Da erklärt mir Herr Heyd, dass man oft leider eine Falle nicht beseitigen darf, damit man gleich danach nicht nur diese Waffe in den Händen hat, sondern auch den Wilderer, der kommt, um sie zu kontrollieren. Und es kostet Überwindung, um dieses Mordinstrument nicht sofort zu zerstören. Aber so hat man viel mehr Chancen, denjenigen zu fassen, der sie ausgelegt hat. Außerdem braucht es Beweise für die örtliche Polizei, damit die illegalen Jäger der Justiz übergeben werden können. Auf diese Weise kann man dann vielen Vögeln das Leben retten. Ob man sich aber irgendwie daran gewöhnen kann, dass man eine Falle nicht sofort beseitigen darf? Nein, sicher nicht. Logik hat aber nicht viel damit zu tun. Es bleibt eine stark gefühlsgeladene Angelegenheit. Man gewöhnt sich nie an diese schrecklichen Taten und Bilder. Man agiert, um Tieren zu helfen, um Leben zu retten. Oft muss man sich anpirschen, in den schlechtesten Bodenverhältnissen, in der Hitze verharren, um nicht gesehen zu werden, Geduld haben, sich nicht durch unüberlegtes Handeln in die Irre führen lassen – all das ist hoch emotionell, aber das gibt so viel zurück. Wenn man diesen kleinen leblosen Körper findet und in den Händen hält und dann weiß, dass man durch die Festnahme eines oder mehrerer Wilderer viele solcher kleinen Geschöpfe retten kann, dann ist das eine enorme Genugtuung. Jedes einzelne Geschöpf zählt und ist wertvoll, ob das nun ein winziger Singvogel ist oder ein großer Greifvogel.

Da fällt mir dann plötzlich eine weitere Frage ein: „Wie wissen Sie eigentlich, wo Sie nach Fallen suchen sollen?“ Auf der Webseite findet man schon einen Teil der Antwort: „Vogelfang und Vogeljagd gibt es überall in Europa, aber entlang der drei Routen unserer Zugvögel gibt es bekannte Brennpunkte.“ Sie finden im Anhang eine interessante Graphik dazu.

Das Komitee hat außerdem ein Meldetool entwickelt, dank dem jeder den Fund einer Falle oder eines gejagten Vogels melden kann. Es gibt zwischen 200 und 300 Meldungen pro Jahr. Hier der Link dazu. Das ist vor allem auch für Touristen gedacht, die zum Beispiel im Urlaub auf Anomalien stoßen: Tapas auf Basis von Vögeln, Singvögel oder auch Greifvögel, die auf dem Markt verkauft werden, tote Vögel oder gar Fallen, die beim Spazieren gefunden werden, usw. Das Komitee gegen Vogelmord ruft explizit nicht zum Boykott solcher touristischen Destinationen auf und hat auch eine vollständige Rubrik diesem Thema gewidmet. Ganz im Gegenteil. Es sei besser, in diese Länder zu fahren und im Falle einer Tiermisshandlung, dies zu sofort melden.

Doch wie wissen nun die Aktivisten wo sie nach Wilderern suchen sollen? Europa ist doch so groß. Sie suchen wahrlich die Stecknadel im Heuhaufen. Oder vielleicht doch nicht ganz. Orpheus heißt die Lösung! Dieses „Bier-Abend-Projekt“ wie Herr Heyd es netterweise nennt, ist kein teures EU-gefördertes Forschungsprojekt der allerletzten Generation. Nein, im Gegenteil: es ist ein Vorhaben, dessen Idee ganz spontan entstand und welches dann mit sehr viel Begeisterung zu einem höchst wertvollen und ausgeklügelten Instrument entwickelt wurde: eine umfassende Datenbank, welche sämtliche Fallenstellen im Mittelmeerraum und noch weiter aufzeigt und katalogisiert. Ein wahrer Schatz für die Tätigkeit des Verbandes, denn so ist es viel einfacher, die Einsätze effizient zu planen und durchzuführen. „Es sind Fallenorte eingetragen, die wir vorher gar nicht kannten!“ meint Herr Heyd stolz. Anders ausgedrückt: „Orpheus“ hält ein wachendes Auge über ganz Europa.

Es handelt sich somit auch um einen Weg, um trotz Corona-Krise und verminderter Bewegungsfreiheit, doch noch den Wilderern das Handwerk legen zu können (Projekt Orpheus). Diese Datenbank funktioniert auf der Basis von Satellitenaufnahmen von Schlagnetzanlagen. Außerdem werden noch viele andere Stellen aufgenommen, an denen Fallen gefunden wurden. So ist es möglich, regelmäßig Fangstellen unter Kontrolle zu halten.

Dabei darf man jedoch nicht davon ausgehen, dass Wilderer einer Gehirnwäsche unterzogen werden und dass wenn sie einmal dingfest gemacht wurden, sie nie wieder einen Vogel illegal jagen. Ganz im Gegenteil, man muss stets auf der Hut sein. Es kann sein, dass eine Stelle Jahre lang von den Aktivisten nicht mehr aufgesucht wird in der Annahme, die Wilderer seien gewarnt. Doch nahezu durch Zufall entdeckt man dann wieder eine Falle. Herr Heyd nennt dazu gleich ein Beispiel: Ischia. Diese süditalienische Insel stellte aus der Sicht des illegalen Vogelfanges bis in die 90er Jahre ein großes Problem dar. Es wurden massiv Schlagfallen für Singvögel verwendet. Mit viel Geduld konnten wesentliche Erfolge erreicht werden. 2007 oder 2008 wurden keine Fallen mehr gefunden. Einige Zeit lang hat man Ischia also nicht kontrolliert. 2013 ging dann jemand aus Neugierde auf die Suche nach diesen Mordinstrumenten, und tatsächlich wurden wieder solche gefunden. Das bedeutet, die Wilderer hatten gemerkt, dass die Aktivisten weg waren und nutzten diese Bewegungsfreiheit aus. Mit anderen Worten sind regelmäßig kleinere Freiwilligentruppen in die verschiedensten Orte zu schicken, um ein Wiederaufflackern der Wilderer-Brände zu unterbinden. „Das wird man wohl 20 Jahre lang so machen müssen.“ meint Herr Heyd.

Während des Interviews wurden auch technische Begriffe verwendet, die ich nicht auf Anhieb verstanden habe. So die Namen der verschiedenen Methoden, welche die Jäger einsetzen. Da habe ich in der entsprechenden Rubrik der Webseite des Vereins nachgeschaut. Ehrlich gesagt: die ganze Angelegenheit ist bereits grauenvoll, aber wenn man dann realisiert, welche Methoden erfunden wurden, wozu der „Mensch“ imstande ist, dann schätzt man die unermüdliche Arbeit vom Komitee gegen den Vogelmord umso mehr. Denn es handelt sich wortwörtlich um „Mord“, feigen Mord. „Jagd“ ist als Begriff zu harmlos. Hier können Sie sich ein Bild machen.

Es klingt fast unglaublich, doch die Schaffung einer neuen Fallenzone ist recht unwahrscheinlich. Normalerweise entstanden die Auslegegebiete entlang der Zugvögel-Routen. Selten wird davon abgewichen. Kürzlich hatten Touristen eine Schlagfalle in Südportugal gemeldet. Freiwillige des Komitees haben sofort ein Team ausgesandt. Das schien aber keine neue regelmäßig benutzte Stelle zu sein, vielleicht war das noch eine alte vergessene Falle. Eine andere Tatsache ist auch, dass die Jagd im Frühjahr und im Winter verboten ist – im Prinzip. Der Grund ist einerseits die Brutzeit und andrerseits die Überwinterung, das besagt ja unsere Vogelschutzrichtlinie. Doch Wilderer haben keine Skrupel und lauern den gefiederten Lebewesen auch in diesen „Ausnahmezeiten“ auf. Vielleicht sollte man sagen, „gerade in diesen Zeiten, da die Vögel verletzlicher sind“. Persönlich finde ich das von einer grenzenlosen Feigheit. Vögel, die herumfliegen und auf der Suche nach Futter sind, um deren Kleine zu nähren, werden brutal getötet oder verletzt und somit sterben auch die kleinen Nestinsassen. Die einzige jagdfreie Saison scheint somit der Sommer zu sein. Doch im August geht alles wieder los. Es klingt wie ein Teufelskreis, ein Tunnel ohne Ende. Es handelt sich wirklich um eine extreme Geduldsarbeit.

Wie viele Einsätze hat der Verein bisher durchgeführt? Herr Heyd meint, es sei schwierig, die Aktionen zu zählen, doch in Tagen umgerechnet seien das circa 2.500 Einsatztage in den letzten 8 Jahren. Nun, da habe ich schnell nachgerechnet: wenn man bedenkt, dass 8 Jahre insgesamt 2.920 Tage zählen, dann sind zweieinhalb Tausend Einsatztage enorm viel im Verhältnis.

Das führt mich dann auch schon zu meiner nächsten Frage, denn all das muss ja auch finanziert werden. Und Herr Heyd bestätigt mir, effektiv sind die freiwilligen Spenden sehr wichtig für das Überleben des Komitees, Deutschland ist dabei großzügiger als Italien. Es gibt auf der Homepage eine Seite, wo Möglichkeiten aufgezeigt werden, um das Komitee zu unterstützen. Besonders interessant finde ich dabei die Möglichkeit, den Verein über Amazon-Einkäufe indirekt zu finanzieren, wenn man die Modalität „Amazon-Smile“ wählt.

Eine Rubrik finde ich auf der Webseite ganz spannend „Vor Gericht für den Vogelschutz“. Lassen Sie mich ein paar Sätze zitieren:

Wo Jagd und Vogelfang erlaubt sind, lassen wir nach Möglichkeit vor Gericht prüfen, ob die jeweiligen Gesetze und Verordnungen mit nationalem oder internationalem Naturschutzrecht vereinbar sind. Grundvoraussetzung dafür ist, dass wir als Verband ein Klagerecht haben. Vor den Verwaltungsgerichten Italiens hat das Komitee gegen den Vogelmord seit den 1980er Jahren über 30 Abschussgenehmigungen für geschützte Vogelarten und Vogelfanggenehmigungen zu Fall gebracht. In den Regionen Lombardei, Toskana, Umbrien und Friaul haben wir auf diesem Wege in den letzten 15 Jahren den Abschuss von rund einer Million Buch- und Bergfinken, Staren und Sperlingen verhindern oder beenden können. Wo wir kein Klagerecht haben, sorgen wir mit Beschwerden in Brüssel dafür, dass die EU-Kommission entsprechende Gesetze und Verordnungen prüft. Teilt man dort unsere Meinung und stellt einen Verstoß gegen die EU-Vogelschutzrichtlinie fest, wird ein Vertragsverletzungsverfahren gegen den betreffenden Staat eingeleitet, das am Ende zu einem Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof führen kann. Oft lenken die Staaten aber schon im Vorfeld ein, ändern die Regelungen und entgehen so einer Strafzahlung. Erfolgreich haben wir dies bereits in Frankreich (Ortolanfang), Spanien (Leimruten), Malta (Finkenfang) und Italien (Finkenjagd und Drosselfang) gemacht.“

Das bringt mich natürlich dazu, Herrn Heyd auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 17. März dieses Jahres Rechtssache C-900/19 anzusprechen. Dank diesem Urteil ist in Frankreich die Jagd auf Singvögel mit Leimruten nun endlich verboten. Das ist ein schwieriger Schlag, denn laut den Statistiken ist Frankreich das Land mit den höchsten Zahlen in jeder Hinsicht.

Das Urteil besagt in wenigen Worten „Ein EU-Staat darf eine Methode für den Fang von Vögeln, die zu Beifang führt, nicht erlauben, wenn der Beifang geeignet ist, den betreffenden Arten andere als unbedeutende Schäden zuzufügen“. Es geht um die Klage von One Voice und Ligue pour la protection des oiseaux gegen Ministre de la Transition écologique et solidaire:

„Genehmigung, hiervon abweichend eine traditionell übliche Methode anzuwenden – Voraussetzungen – Fehlen einer anderen zufriedenstellenden Lösung – Begründung des Fehlens einer „anderen zufriedenstellenden Lösung“ allein mit der Bewahrung dieser traditionellen Methode “.

Die Leimrutenjagd auf Drosseln und Amseln in Frankreich aus rein traditionellen Gründen ist also mit EU-Recht nicht vereinbar. Das entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) und betonte dabei wie gesagt, dass gerade der Beifang, also andere als die bejagten Tiere, wegen irreparabler Schäden durch diese Fangmethode keine Ausnahme möglich macht (Urt. v. 17.3.2021, Rs. C-900/19).

Zugegeben, dieser Text ist nicht besonders einfach zu verstehen, doch in wenigen Worten heißt das: selbst wenn es sich um eine Tradition handelt, ist die Anwendung dieser Jagdmethode untersagt, denn der Beifang – also die anderen Tiere, die dabei ums Leben kommen – ist zu bedeutend, um sie zu erlauben.

Nach all diesen Fragen wird mir mehr und mehr bewusst, dass man die „Raison d’Être“ des Komitees so zusammenfassen könnte: schnelles und gezieltes Handeln ist das Um und Auf, damit so wenig wie möglich Vögel leiden und sterben müssen, und damit so viele Lebewesen wie nur möglich von Fallen ferngehalten werden können. „Lebewesen“ – denn leider gehen nicht nur jene Zugvögel und Standvögel den Wilderern auf den Leim, auf die sie es abgezielt haben. Es sterben nicht nur viele andere Vögel, sondern auch Frösche, Mäuse und weitere Tiere. Jedes kleine Leben, das stirbt, ist schon eines zu viel – mit oder ohne Flügel. All diese Tiere – jene die absichtlich gejagt werden und jene, die durch Zufall ums Leben kommen – sind ein wesentlicher Teil der so hoch gepriesenen Biodiversität. Da kann man nicht einfach untätig zuschauen.

Herr Heyd unterstreicht noch, dass Tierquälerei und Artenschutzprobleme bei Jagd und Vogelfang effektiv Hand in Hand gehen. Oft sind sehr seltene Arten betroffen, fast immer wird den betroffenen Tieren großes Leid zugefügt. Das Komitee gegen den Vogelmord versteht sich deshalb sowohl als klassischer Naturschutzverband als auch als Anwalt der Tiere, die keine Stimme haben und bei denen die „Seltenheit“ betroffener Arten keine Rolle spielt. Besonders wichtig ist wie gesagt die Datensammlungsarbeit des Vereins, denn dank dieser Beweise und der Studien können Fakten produziert werden, die dann Urteile wie dieses zur Leimrutenjagd erst ermöglichen. Ich zitiere wieder „Das Komitee gegen den Vogelmord steht in ständigem Kontakt mit den zuständigen Behörden und wichtigen Entscheidungsträgern in Brüssel, Rom, Valletta, Beirut und Berlin. Über gute Kontakte zu Mitgliedern der nationalen Abgeordnetenhäuser und des Europaparlaments sind wir immer an den wichtigen Entscheidungen im Bereich des Natur-, Tier- und Artenschutzes beteiligt und konnten so bereits maßgeblich an der Gestaltung der Umweltgesetzgebung in Europa mitwirken.“

„Wir ziehen mit den Vögeln mit“ ist somit nicht nur ein Slogan, denn das Komitee ist wahrlich der Beschützer dieser wertvollen Lebewesen. Wie weiter auf der Webseite erklärt wird: „Mit unseren Recherchen und Veröffentlichungen zu den Jagdstrecken in Europa haben wir zudem erstmals einen Gesamtüberblick über das Ausmaß der legalen Vogeljagd vorlegen können. Nach einer ersten Publikation im Jahr 2005 konnten wir 2017 neue Zahlen vorlegen. Hiermit haben wir eine Diskussionsgrundlage für die künftigen Regelungen der Jagd in Europa geschaffen.“

Das Komitee gegen den Vogelmord hat sich konkret als Nischenverband auf die Arbeit gegen Vogelfang, Vogeljagd und illegalen Handel spezialisiert. Doch Jagd und Vogelfang sind nicht die einzigen Probleme für unsere Zugvögel. Die intensive Landwirtschaft, Lebensraumzerstörung, Klimawandel und Umweltgifte setzen ihnen zusätzlich stark zu.

Nach diesem Interview wird mir das Ausmaß der unermüdlichen Arbeit des Komitees gegen den Vogelmord noch bewusster. Eine letzte Frage lässt nicht auf sich warten: Glauben Sie, dass es Sie 2050 noch brauchen wird Herr Heyd? Die Antwort ist schwierig, aber ehrlich: So wie die Gründer des Vereins die positiven Entwicklungen heutzutage nie geahnt hätten, so könnte es auch uns ergehen. In 30 Jahren kann die Situation in vielerlei Hinsicht viel hoffnungsvoller sein als heute. 2050 könnte es aber genauso geschehen, dass einige, viele oder gar die meisten Vogelarten vom Aussterben bedroht sind – wie heutzutage die Turteltaube. Einige Arten wird es überhaupt nicht mehr geben. Da wird mir klar, dass man nicht einzig und allein als Aktivist den Vögeln unter die Arme oder unter die Flügel greifen kann. Mit anderen Worten: wir können tagtäglich einen kleinen Beitrag geben, damit wir und unsere Kinder beim Aufstehen in der Früh weiterhin die Freude eines wunderbaren Vogelgesanges genießen dürfen.

Danke für das Interview Herr Heyd und für all das, was Sie tun, wir wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg! IAMA

GRAPHIK ROUTEN DER ZUGVÖGEL

1. Westroute: Über FrankreichSpanien und die Straße von Gibraltar nach Marokko
2. Zentrale Route: Über die Alpen, Italien und Malta nach Tunesien
3. Ostroute: Über den Balkan, die Türkei und den Libanon nach Ägypten

Quelle der Grafik: Komitee gegen den Vogelmord e.V.

Titelbild: Kommitee gegen den Vogelmord e.V.

Wer Fragen oder Anregungen zu diesem Thema an Vesna Caminades hat, kann sich unter dieser E-Mail-Adresse an sie wenden: iama4iwannaknow |et| gmail.com oder Mobile Phone +32488617321.

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