Bei der Verleihung des ersten EU Cities for Fair and Ethical Trade Award gerieten kommunales Engagement und die ganz große Handelspolitik schon mal durcheinander

Beitrag von Monika Hoegen

Die Hoffnung liegt jetzt vor allem auf den Kleinen. Städte und Kommunen, so der neuste Tenor in der Europäischen Union, sollen für einen ethisch vertretbaren Konsum und Handel sorgen. Um das zu pushen, wurde jetzt auch zum ersten Mal der „EU Cities for Fair and Ethical Trade Award“ ausgeschrieben und in einer feierlichen Zeremonie in Brüssel verliehen. Zu den Finalisten gehörte unter anderem die Stadt Dortmund, die sich im Rahmen ihrer öffentlichen Ausschreibung, zum Beispiel für die Bekleidung von städtischen Bediensteten, um die Einhaltung von nachhaltigen sozialen und ökologischen Standards bemüht und auch in vielen anderen Bereichen auf das Fairtrade-Siegel setzt. Das Rennen machte am Ende jedoch Gent, traditionell dem Tuchhandel verschrieben und heute unter anderem für textile Lieferketten nach Fairhandelsstandards aktiv.

Gut für die Publicity

Für all dieses städtische Engagement gab es bei der Preisverleihung viel Lob von prominenter Seite – namentlich von EU Handelskommissarin Cecilia Malmström. Umfragen zeigten, dass die Bürger durchaus bereit seien, mehr Geld für ethisch hochwertige Produkte zu bezahlen. Und so sei es nur zu begrüßen, dass immer mehr Kommunen beim Bemühen um den Fairen Handel an vorderster Front stünden. Dass nicht nur bei dieser Zeremonie, sondern auch sonst im aktuellen politischen Diskurs der Faire Handel als Label- und Zertifizierungssytem begrifflich zuweilen mit einem Welthandel nach fairen Regeln durcheinander gerät, scheinen Malmström und andere Politiker offenbar in Kauf zu nehmen. Kommt es doch einer positiven Publicity für die EU-Handelsstrategie zugute.

Malmström jedenfalls nannte das Fairhandels-Engagement der Städte in einem Atemzug mit den Kapiteln für „Handel und nachhaltige Entwicklung“, die inzwischen Bestandteil der EU-Handelsabkommen seien und die Wahrung von Menschrechten, sozialer Gerechtigkeit sowie hohe ökologische und soziale Arbeits- und Produktionsstandards sichern sollen. Die Konfusion zwischen Fairtrade und einem „fair trade“ löste sie dabei nicht auf.

Kritik von den Fairtrade-Vertretern

So manch einer merkte es bei der Auszeichnung in Brüssel und einem anschließenden Workshop zum Fairen Handel auf EU Ebene am nächsten Tag aber doch. Zum Beispiel Micaela Fanelli, Mitglied im Europäischen Ausschuss der Regionen und Bürgermeisterin von Riccia, einer Gemeinde in der italienischen Region Molise. „Wir können nicht vom Fairen Handel auf lokaler Ebene sprechen, wenn wir uns nicht auch gleichzeitig mit globalen Fragen befassen“, so Fanelli. Und: „Die Kommunen haben bei den Verhandlungen um internationale Handelsabkommen, wie TTIP, nicht viel zu sagen. Das muss sich ändern.“ Auch Wangecita Gitata, Managerin für Ressourcen Mobilisation und Partnerschaften bei Fairtrade Africa, fand deutliche Worte: „Es reicht nicht, nur nach Fairtrade zu rufen. Wir müssen auch unfaire Handelsabkommen, wie die EPAs (European Partnership Agreements) und Dumping-Exporte aus der EU in die Länder des globalen Südens beenden“, so Gitata. Die Vertreter der Stadt Saarbrücken, ein weiterer Finalist beim EU Cities for Fair and Ethical Trade Award, vertraten die gleiche Ansicht

Immerhin, auch EU-Kommissarin Malmström räumte ein, „dass wir von den Bürgern Unterstützung für unsere Handelspolitik nur dann erwarten können, wenn sie wertebasiert ist und damit diese Unterstützung auch verdient“. Sie wolle jedenfalls sicherstellen, dass künftige Handelspolitik „sowohl progressiv, als auch inklusiv“ sei. Arancha Gonzalez, Direktorin des International Trade Centre, sprang der EU-Kommissarin bei. Nach ihrer Aussage gab es auch auf dem Weltwirtschaftsforum in diesem Jahr „eine starke Bekundung zu einem ethischen Handel, der alle einschließt“. Bleibt abzuwarten, ob, wann und wie diesen Worten Taten folgen – und aus „Fairtrade“ und „fair trade“ irgendwann doch noch so etwas wie eine Einheit werden kann.

Titelfoto: Dirk Alaerts CC BY-NC-ND 2.0

Monika Hoegen | Foto: privat

Monika Hoegen ist entwicklungspolitische Fachjournalistin und lebt in Brüssel.

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