Vom 9. bis 11. November 2018 fand in Bilbao (Spanien) das “Europäische Forum der progressiven, ökologischen und linken politischen Kräfte” statt. Europa.blog veröffentlicht hier einen Beitrag von Pascal Hansens von Agence Europe über dieses Forum. Der Original Text erschien auf Französisch. Die Übersetzung ins Deutsche erfolgte durch Europa.blog. Die Wiedergabe auf Europa.blog erfolgt mit freundlicher Zustimmung von Agence Europe.

Beitrag von Pascal Hansens

Am Freitag, den 9. November, waren auf dem Europäischen Forum der Progressiven Kräfte in Bilbao einige der europäischen Spitzenvertreter der radikalen Linken und Grünen sowie Vertreter aus den kommunistischen Parteien anwesend, darunter Gabriele Zimmer (Präsidentin der GUE/NGL), Maite Mola (Vizepräsidentin der ELP), Benoît Hamon (Gründer von Génération.s) sowie Pierre Laurent (Generalsekretär der Kommunistischen Partei Frankreichs) (siehe EUROPE 12133). Die Ziele: Organisation der Zusammenarbeit auf europäischer Ebene mit dem Ziel, den Neoliberalismus und die extreme Rechte zu bekämpfen und die europäische Idee neu auszurichten.

Zu Beginn der Presskonferenz bezeichnete der Kommunist und ehemalige Präsident der Europäischen Linkspartei (ELP), Pierre Laurent, die Konferenz als eine “große politische Initiative in Europa”, die auf die soziale, ökologische und demokratische Herausforderung antworten soll, die durch die “liberale Entschlossenheit” verursacht wird – eine Entschlossenheit, die seiner Meinung nach die Ursache für nationale und fremdenfeindliche Bestrebungen ist.

Dieses Forum, das an das Forum von Marseille anknüpft (siehe EUROPE 12001), hat das Ziel, einen “qualitativen” Schritt nach vorn zu machen, um die fortschrittlichen europäischen Kräfte, die für die bevorstehenden Europawahlen zu “fragmentiert” sind, doch zumindest mittel- und langfristig zu vereinen, sagte Pierre Laurent.

Eine Meinung, die Gabi Zimmer und auch Benoît Hamon teilen. “In der europäischen Linken und in der politischen Ökologiebewegung gibt es einen Überfluss an Parteien, einen Überfluss an Führern und zu wenig Ideen und Lösungen”, bedauerte er.

Laut Benoît Hamon geht es in Wirklichkeit darum, den Bürgern ein alternatives Szenario zu den nationalistischen und fremdenfeindlichen auf der einen Seite und den liberalen auf der anderen Seite anzubieten. Aber wie? Hamon erläutert, dass man einen ideologischen und kulturellen Kampf führen muss, der “radikal voneinander entkoppelt” die Fragen der Migration und der Umwelt und ihrer Bedeutung für die Arbeit.

Damit das gelingt, muss man die Partei des “Alltags” sein, die sowohl ideologisch als auch vor Ort kämpft, fuhr er fort, bevor er als Warnung hinzufügte: “Ich hoffe, dass wir in der Lage sein werden, uns schnell genug von den Symposien und Foren zu dem Terrain zu bewegen, auf dem wir die Erneuerung beginnen werden”.

GUE/NGL: Status quo oder “Neuorganisation”?

Die Europawahlen stehen zwar nicht auf der Tagesordnung, aber sie sind allgegenwärtig. “Eines ist klar – warnte Gabi Zimmer – das Europäische Parlament wird sich radikal verändern. Wir werden eine neue Struktur von politischen Fraktionen haben”. Die Frage ist, wie wir die Linke und ganz konkret die GUE/NGL-Fraktion aus ihrer Isolation im Parlament herausbringen können, sagte sie.

Auf die Frage von EUROPE nach der Zukunft der GUE/NGL, einem Thema, das Anfang der Woche in der Gruppe auf höchster Ebene diskutiert worden war (siehe EUROPE 12132, 12133), äußerte Frau Zimmer den Wunsch, dass die Gruppe fortbestehen und ihre konföderale Struktur beibehalten möge, um als gemeinsame Plattform für die gesamte Linke in all ihrer Verschiedenartigkeit zu dienen. “Ich hoffe, dass wir dieses Konzept weiterentwickeln und uns nicht von ihm verabschieden”, schloss sie.

Ein Vorschlag, mit dem andere nicht einverstanden zu sein scheinen. “Ich hoffe, dass wir im Europäischen Parlament nicht wieder die gleiche Spaltung finden werden, wie wir sie heute haben. Auf jeden Fall werden wir daran arbeiten”, antwortete Benoît Hamon und erklärte, dass er Parlamentarier der GUE/NGL, der Grünen/EFA-Fraktion und sogar der Sozialdemokratie zusammenbringen wolle, um eine neue Kraft zu entwickeln. Er präzisierte seine Ausführungen jedoch mit der Feststellung, dass das Thema nach den Europawahlen zur Sprache kommen werde.

Die Abwesenheit von „La France Insoumise“[*] und „Maintenant le Peuple!“[**]

Die paneuropäische Bewegung Maintenant le peuple gehörte nicht zu den etwa hundert Parteien und Bewegungen, die auf dem Forum vertreten waren, ebenso wenig wie die französische Bewegung La France Insoumise. Auf die Frage von EUROPE nach den Gründen für deren Abwesenheit erklärten die führenden Vertreter, dass ihre Einladung trotz mehrfacher Erinnerung auf taube Ohren gestoßen sei. Die Tür bleibt jedoch offen. “Wir wollen eine zukunftsorientierte und offene Herangehensweise. Diejenigen, die nicht da sind, sind im Geiste da”, sagte Pierre Laurent. “Wir ziehen keine roten Linien zwischen denen, die da sind und denen, die nicht da sind.”

Ein symbolisches Datum. Das Datum des Forums vom 9. bis 11. November ist kein Zufall. Der 9. November ist der Tag des Gedenken an die “Kristallnacht” (“Reichspogromnacht”), des Pogroms von 1938 gegen die Juden im Dritten Reich, der 11. November der des Endes des Ersten Weltkriegs im Jahr 1918.

[*] „Das nicht unterworfene Frankreich“

[**] „Jetzt das Volk“

Titelfoto: GUE/NGL CC BY-NC-ND 2.0

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