Beitrag von Vesna Caminades

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

Weihnachten ist vorüber. Das bleibt trotzdem der richtige Moment, um über gute Taten, Nächstenliebe, Opfer, wohltätige Aktionen und ähnlichem nachzudenken. Ja, aber bitte nur einen Augenblick, denn das reicht schon! Und Nachdenken ist besser als Tun. Warum bin ich so bissig? Aus kürzlich gemachter Erfahrung. Auf eigener Haut. Was steckt hinter dieser gemeinen Äußerung?

Wie einige von Ihnen vielleicht noch wissen, bin ich seit einiger Zeit mit Giota in Griechenland in Kontakt. Es handelt sich um eine über-50-jährige Frau, arbeitslos, die sich um Streuner kümmert; Hunde und Katzen. Sie hat ungefähr zehn Hunde und noch mehr Katzen bei sich daheim untergebracht. Außerdem füttert sie etliche Vierbeiner auf der Straße. Doch sie gibt ihnen nicht nur Futter und Wasser, sondern sie schaut auch, ob es ihnen gut geht. Wenn das nicht der Fall ist, dann fängt sie diese ein und verfrachtet sie zum Tierarzt. Leider ist sie sehr schlecht dran, denn sie ist wie gesagt, ohne Arbeit und steckt das wenige, das sie hat, in die Tiere. Nun, kürzlich hat sie einen „ihrer“ Streuner auf der Straße entdeckt – Lisa -; von einem Auto angefahren, mit einem kaputten Bein zurückgelassen. Sie hat nicht zweimal überlegt und ist zum Tierarzt. Dieser kennt sie und hat Lisa, die kleine Hündin, sofort operiert, da es ein schlimmer Fall war. Er weiß, dass er das Geld vielleicht erst nach mehreren Monaten sehen wird. Er hat ein großes Herz. Lisa geht es nun zum Glück gut. Sie wird wieder laufen können. Mir geht es etwas weniger gut. Bei dieser Gelegenheit haben wir mit einer belgischen Kollegin einen Spendenaufruf gestartet. Über Gofundme. Ich nenne die Plattform, da ich nicht gerade positive Werbung machen werde. Zunächst wollte ich den Spendenaufruf als Privatperson lancieren, keine Hoffnung. Nachdem ich sämtliche Informationen eingegeben hatte, inklusive der Geschichte von A bis Z von Giota und Lisa, komme ich zum wichtigsten Moment. Die Angabe der Kontodaten. Na ja, so einfach ist das aber nicht. Ich dachte effektiv, ich gebe die Nummer an, alles ist transparent dank des Kontoauszuges etc. Nein! Irrtum. Gofundme arbeitet mit Stripe. Vielleicht bin ich so „patschet“ wie man im guten Südtiroler Dialekt sagen würde. Ich bin aber nicht über diesen Punkt gekommen. Das war wie der Gipfel eines Berges, den ich nicht bis zum Ende erklimmen konnte. Warum? Weil man für Stripe – so habe ich das zumindest verstanden – eine Unternehmensnummer angeben muss. Klarerweise, ich bin kein Unternehmen und keine Vereinigung. Problem. Dann eben nichts. Sie können sich meinen Ärger wohl vorstellen. Da habe ich meine Kollegin um Hilfe gebeten, die vor einiger Zeit die gemeinnützige Vereinigung „Felis et canis“ geschaffen hat, um Giota zu helfen. Sie hat es dann geschafft. Hier der Link zur Information.

Nun, Sie werden sagen, wie schön, so what? So what, dass die nächste kalte Dusche auf uns gewartet hat. Ich habe eine tolle Arbeitskollegin, die sage und schreibe EUR 250 gespendet hat, um die Operation der kleinen Lisa zu unterstützen. Insgesamt haben also drei Personen gespendet, den Rest haben meine belgische Bekannte und ich beigesteuert. Doch es geht nicht so sehr darum. Mir geht es um zwei Aspekte. Einmal, dass aufzupassen ist, wenn man solche Plattformen verwendet. Gofundme hat bei der Spende von EUR 250 glatt EUR 20 zurückbehalten. Ich finde das unverschämt. Auf den ersten Blick sieht man das leider nicht, daher schreibe ich darüber, um Menschen zu warnen, die es gut meinen. Das bedeutet nicht, dass nicht mehr gespendet werden soll, wenn jemand über Gofundme auf Sie zukommt. Seien Sie sich aber bewusst, dass es vielleicht besser ist, eine direkte Überweisung vorzunehmen. Der zweite Punkt ist hingegen die „Spendefreudigkeit“ wie ich sie nenne – ich weiß gar nicht, ob es dieses Wort auf Deutsch gibt. Nun, jetzt gibt es dieses.

Wie kann es sein, dass beim Aussenden über das persönliche Netzwerk von mindestens drei gutvernetzten Menschen, nur drei Spenden zurückkamen? Ich möchte keinen falschen Eindruck erwecken, ich bin diesen drei Personen überaus dankbar, denn sie haben EUR 250, EUR 100 und EUR 50 also sehr große Beträge gespendet. Doch diese Erfahrung hat mich zum Überlegen gebracht. Irgendwo bin ich auch etwas traurig. Kennen Sie das Gefühl, wenn man sich zuerst voll in Aufbruchsstimmung fühlt und dann sackt man emotional in sich zusammen wie ein misslungenes Soufflé?

Der Aufruf war begleitet von einem Foto von Lisa, ihrer Röntgenaufnahme, dem Bild wie sie mit Verband herumhumpelt und wie sie nach der Operation im Käfig liegt, wenn sie vom Tierarzt wegfährt. Und trotz der Tatsache, dass auch über eine Plattform gesammelt wurde, haben nur wenige Personen reagiert. Ich glaube, dass heutzutage einfach zu viel nach Spenden gefragt wird. Man sieht so schreckliche Szenen, Fotos und Videos, dass man meines Erachtens langsam immun wird. Wir bauen eine Art Mauer um uns herum, die gefühlundurchlässig ist.

Da gehe ich von mir aus und überlege: in welchem Fall würde ich spenden? Konkret, wenn es etwas ist, wozu ich einen jeglichen persönlichen Bezug dazu habe oder wenn es mich derart herreißt, dass ich wenigstens durch eine Spende imstande bin, etwas zu bewegen. Vielleicht ist es genau das. Es fehlt die persönliche Beziehung zur Aktion. Warum soll jemand in Belgien für einen angefahrenen Straßenhund in Griechenland Geld spenden? Einen Hund, den sie/er nie gesehen hat, nie gestreichelt hat und wahrscheinlich nie im Arm halten wird? Und dann: das Misstrauen. Gibt es denn überhaupt diese Giota und diese Lisa? Oder ist das nur eine Methode, um Geld einzuheimsen? Ja, was will man da noch sagen. Vielleicht gibt es sie wirklich nicht. Vielleicht ist alles erfunden. Vielleicht ist es eine neue Methode, um Leute reinzulegen. Vielleicht aber, ist alles wahr und durch die entgangene Spende, hat Giota weniger Möglichkeiten, um anderen Streunern zu helfen. Was tun also in solchen Fällen, wo zwischen dem Drücken auf der Taste „Enter“ zum Weiterleiten der Spende und dem Nicht-Drücken Welten sind? Gemischte Gefühle? Ich glaube, in dem Moment sollte man auf das eigene Bauchgefühl hören. Aber hin und wieder kann man auch nur ein geringes Risiko eingehen. Was bedeutet das? Ich traue mich zu sagen, dass wir nicht gleich EUR 50 spenden müssen. Warum versuchen wir es nicht mit einer Null weniger – EUR 5? Was sollen fünf Euro schon ändern? Welten! Überlegen Sie nur einen Augenblick. Wenn Sie vier Euro spenden, jemand anders zwei Euro, wieder jemand anders fünf Euro und so weiter. Wenn zum Schluss hundert Menschen die Taste „Enter“ gedrückt haben, dann kommen wir auf EUR 300-500 und damit haben wir alle zusammen der kleinen Lisa ein neues Leben geschenkt.

Es herrscht heutzutage viel Misstrauen. Oft hat man auch schlechte Erfahrungen gemacht. Ich werde nie vergessen, wie ich einem Bettler auf der Straße vor sehr langer Zeit einen Euro gab und er war damit nicht zufrieden und hat gezeigt, er wolle fünf Euro. Was soll das? Misstrauen, Unzufriedenheit, nicht-Genug-haben. Misstrauen kann auch gerechtfertigt sein, wenn man die Quelle des Spendenaufrufes nicht kennt. Klar, jeder kann einen traurigen Text zusammenbasteln, Fotos posten und schon ist ein herzzerreißender Aufruf fertig. Da hilft es vielleicht, wenn man Leute um sich herum, um finanzielle Hilfe bittet. Doch wer will schon Bekannte und Freunde um Geld betteln? Ok, alles kann transparent gemacht werden. Ein eigens dafür vorgesehenes Konto, Bankauszug, Spenden, die klar angeben „Von Hans für Lisa“ etc. Aber, bei Kollegen und Freunden betteln? Selbst, wenn es für einen guten Zweck ist. Persönlich würde es mich große Überwindung kosten, und außerdem hätte ich das Gefühl, die andere Person in eine dumme Situation zu versetzen, wo sie sich unangenehm fühlt, wenn sie nein sagt. Vielleicht hat sie aber effektiv keine Lust, Geld locker zu machen. Also, kompliziert.

Aber das ist halt effektiv so, als würde man betteln. Nicht einfach, selbst wenn es für einen armseligen Vierbeiner ist. So, das alles schwirrt mir nach dieser Erfahrung im Kopf herum. Giota ist ständig auf Achse, gerade eben hat sie eine Mamma mit vier Welpen, vielleicht 6 Wochen alt, auf der Straße gefunden, die sie versorgt. Leider kann sie nicht weitere fünf Hunde bei sich aufnehmen. Aber als sie einen der Welpen mit einem gebrochenen Beinchen im Schlamm gefunden hat, da ist sie sofort zum Tierarzt gefahren – immer derselbe Veterinär. Die kleine Shaya wurde am Heiligabend operiert. Die OP verlief gut und sie hat eine lange Narbe. Das Schlimme bei all dem: der Tierarzt meint, ein Auto kann es nicht gewesen sein. Denn der Bruch ist beeindruckend und wäre es ein PKW gewesen, dann wäre die Kleine längst tot. Das kommt von Menschenhand, sie wurde geprügelt. So, und Giota hat immer wieder mit solchen Situationen zu kämpfen. Daher will ich ihr auch helfen. Es gibt für die kleine Shaya hier einen Spendenaufruf . Mal schauen, wie es sich diesmal entwickeln wird. Die OP ist für unsere Verhältnisse nicht einmal so teuer, EUR 300, aber wenn man Spenden sucht, ist das eine enorme Summe. Aber irgendwie geht es. Wie Giota meint „die Kleine verdient eine Chance auf ein gutes Leben“ – Danke IAMA

Titelbild: privat

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