Europäische Bürgerinitiative will 1 Million Unterschriften sammeln, um die Patente auf COVID19-Arzneimittel aufzuheben

[Englisch version below]

Eine breite Koalition aus Gewerkschaften des Gesundheitspersonals, NGOs, Aktivistengruppen, Studentenverbänden und Gesundheitsexperten startete am 30. November eine Europäische Bürgerinitiative (hier geht’s zur Liste der OrganisatorInnen und UnterstützerInnen der EBI). Sie zielt darauf, die Europäische Kommission davon zu überzeugen alles zu tun, um sicherzustellen, dass geistige Eigentumsrechte, wie z.B. Patente, die Verfügbarkeit von Behandlungen und Impfstoffen gegen COVID-19 nicht einschränken.

Eine Europäische Bürgerinitiative ermöglicht europäischen BürgerInnen Gesetzesvorschläge einzubringen, wenn es gelingt, innerhalb eines Jahres eine Million Unterschriften zu sammeln.

Zivilgesellschaftliche Gruppen, Experten für öffentliche Gesundheit und führenden Persönlichkeiten auf globaler Ebene haben die Besorgnis geäußert, dass neu entwickelte Impfstoffe und Behandlungen aufgrund finanzieller und logistischer Hindernisse nur für einen kleinen Teil der Bevölkerung verfügbar sein könnten. Mit dieser Europäischen Bürgerinitiative, die im Erfolgsfall die EU-Kommission verpflichtet, sich mit dem Anliegen zu befassen, wird diesen Stimmen eine weitere gewichtige hinzugefügt.

Die OrganisatorInnen erklären, dass die Pharmaunternehmen verpflichtet werden sollten, die Ergebnisse ihrer Forschung mit anderen Institutionen zu teilen, um die Herstellung von Medikamenten weltweit zu beschleunigen und die Kosten deutlich zu senken, wie dies von Indien und Südafrika bei der Welthandelsorganisation vorgeschlagen wurde. Sie fordern weiterhin, dass entsprechende Verhandlungen in völliger Transparenz stattfinden.

“Es ist irreführend, wenn Pharmaunternehmen behaupten, dass sie den Impfstoff zu einem niedrigen Preis anbieten, oder wenn Regierungen erklären, dass er für die BürgerInnen kostenlos sein wird”, betont Anne Delespaul, Sprecherin der Initiative und belgische Ärztin, “als ob wir nicht alles bezahlen würden. Die Forschung und Entwicklung wurde jedoch weitgehend mit öffentlichen Geldern durch die Europäischen Union finanziert. Gleichwohl bekommen wir keine öffentliche Kontrolle über den Preis, die Effektivität und die Produktionskosten. Letztlich zahlen BürgerInnen, SteuerzahlerInnen, Sozialversicherungs- und Gesundheitssysteme zweimal: Einmal für die Entwicklung über öffentliche Gelder und ein zweites Mal über die Verkaufserlöse von Big Pharma.

Es gibt keinen Grund, warum Gesellschaften inmitten einer Pandemie und Wirtschaftskrise zu den Gewinnen der Aktionäre beitragen sollten. Unsere Gesundheitssysteme sind bereits überlastet”.

Das Startdatum, der 30. November, ist kein zufällig gewähltes Datum. Anne Delespaul erklärt dazu: “Dies ist der Vorabend des Welt-Aids-Tages, an dem wir den Menschen, die mit HIV leben und davon betroffen sind, unsere Unterstützung zeigen. Millionen von Menschen starben, weil sie sich keine Behandlung und keine Schutzmaßnahmen leisten konnten. Nach einem jahrzehntelangen Kampf wurden die Pharmaunternehmen endlich gezwungen, ihre Patente aufzugeben. Aber die Welt kann es sich einfach nicht leisten, erneut so lange zu warten”.

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English Version

European Citizens’ Initiative wants to collect 1 million signature to lift the patents on COVID19 pharmaceuticals

A broad coalition of health worker trade unions, NGOs, activist groups, students associations and health experts launched on November 30th a European Citizens’ Initiative (please find here the list of organisers and supporters). Their objective is to convince the European Commission to put all measures in place to make sure that intellectual property rights, such as patents, do not limit the availability of treatments and vaccines against COVID-19.

A European Citizens’ Initiative allows European citizens to introduce legislative proposals if they collect 1 million signatures in 1 year. This binding initiative adds another voice to the concern expressed by civil society groups, public health experts and world leaders that newly developed vaccines and treatments might only be available for a small part of the population due to financial and logistical barriers.

The organisers state that pharmaceutical companies should be obliged to share the results of their research with other institutions to speed up the production of doses globally, and to lower the cost significantly, as has been proposed by India and South Africa at the World Trade Organisation. They also demand that the negotiations take place in full transparency.

“It is misleading when pharmaceutical companies state that they are offering the vaccine at a low price, or when governments say it will be free of charge for citizens”, reacts Anne Delespaul, spokesperson of the initiative and Belgian doctor, “As if we are not paying it all. However, The research and development was largely funded with public money by the European Union. But we are not getting any public control on the actual price, effectiveness and production costs. This way citizens, tax payers, social security and health systems pay twice : once for the development via public funding and a second time for the revenues of Big Pharma.

There is no reason why, in the midst of a pandemic and economic crisis, societies should contribute to shareholders profits. Our health systems are already overburdened.”

The launching date, November 30th, is not a coincidence. Anne Delespaul: “This is the eve of World Aids Day, when we show support for people living with and affected by HIV. Millions of people died because they couldn’t afford treatment and protection. After a decades-long battle, pharmaceutical companies were forced to drop their patents. But the world simply can’t afford to wait this long.”

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Titelbild: The Business of COVID19 | Foto: Topu Saha CC BY-SA 2.0 via FlickR

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