Der Konflikt um die EU-Urheberrechtslinie spitze sich derzeit zu. Im Mittelpunkt der Debatte stehen die Artikel 11 und 13 der Richtlinie. Aber auch andere Aspekte der Richtlinie sind nicht unumstritten. Die Europaabgeordnete Martina Michels (Die Linke) erläutert in dem folgenden Interview noch einmal, um was die Debatte geht, wie sich Die Linke im Europäischen Parlament aus welchen Gründen wie in der Debatte positioniert hat und wie Alternativen aussehen könnten.

Derzeit sieht es so aus, dass es doch bei dem ursprünglichen Abstimmungstermin im Europäischen Parlament bleibt. Nur wenn das Parlament dem vorliegenden Kompromiss mit dem Europäischen Rat zustimmt, tritt die Richtlinie auch in Kraft. Stimmt das Parlament nicht zu, dann muss die Richtlinie neu verhandelt werden oder sie kommt schlicht nicht zustande.

Für den 23. März sind europaweite Demonstrationen vor allem gegen die Artikel 11 und 13 der EU-Urheberrichtlinie geplant.

Interview von Jürgen Klute

Europa.blog: Wie steht Die Linke (plus GUE/NGL insgesamt) im EP zur EU-Urheberrechtsrichtlinie?

Martina Michels: Wir haben von Beginn an begrüßt, dass – vor allem die Ausnahmen vom Urheberrecht – in der Bildung, der Wissenschaft und beim Kulturerbe – (derzeit Art. 3 – 5) harmonisiert werden und auch, dass Fragen der miesen Bezahlung von Kreativen in einem fairen Ausgleich mit Rechten von Nutzerinnen und Nutzern von Sharing- und Videoplattformen, die im Übrigen auch sehr kreativ sein können, angegangen werden. Dass uns dabei das in Deutschland und Spanien gescheiterte Leistungsschutzrecht der Presseverleger erneut ins Haus steht, war schon die erste Überraschung, die Ende 2015 greifbar wurde. Mit der verbindlichen Einführung von automatischer Erkennungssoftware als Mittel der Wahl, um Urheberrechtsverletzungen schon beim Upload zu unterbinden – den sogenannten Uploadfiltern – kam dann ebenfalls ein Vorschlag von Seiten der Kommission auf den Tisch, der das Herz der Musik- und Filmindustrie höherschlagen ließ, aber zurecht Daten- und Grundrechtsaktivistinnen auf den Plan rief. Viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, und ein von der Kommission zurückgehaltenes Gutachten finden diesen Lösungsvorschlag zum Schließen der Einkommenslücken fatal und warnen vor der Einführung einer Zensur- und Überwachungsstruktur, die auch noch gesetzlich in die Verantwortung privater Hände gelegt werden soll. Dies ist keine Lösung des eigentlichen politischen Konflikts, der sich mit neuen Bezahl- und Lizensierungsmodellen lösen ließe, sondern eine Kanone auf die freie Kommunikation im Netz.

Derzeit genießen wir weitgehend die Freiheit zu berichten, zu parodieren, zu zitieren, Material im Remix zu bearbeiten. Trotzdem können zugleich Urheberrechtsverletzungen im Netz zur Anzeige zu gebracht und juristisch zu verfolgt werden. Doch das Narrativ vom „gesetzlosen Netz“ scheint mit den, auf die Art. 11 und 13 reduzierten Debatten bei den Befürwortern der Richtlinie wieder große Beliebtheit erlangt zu haben.

Europa.blog: Die SPD-Spitzenkandidatin Katarina Barley hat der EU-Richtlinie zugestimmt, weil sie es für dringend nötig hält, dass das Urheberrecht auf EU-Ebene an das Internet angepasst wird. Wenn Die Linke der Richtlinie nicht zustimmt, dann hat sie in diesem Punkt offensichtlich eine völlig andere Einschätzung der Richtlinie als die SPD-Spitzenkandidatin und deutsche Justizministerin. Was schätzt Die Linke anders ein als die SPD-Spitzenkandidatin?

Martina Michels: Vieles, was wir bei dem Stand der Urheberrechtsrichtlinie anders sehen als die deutsche Justizministerin, zumindest in ihrem Handeln, habe ich schon beantwortet. Absurderweise kam auch der Koalitionsvertrag der CDU/CSU und SPD-Regierung in Deutschland zum Ergebnis, dass Uploadfilter nicht die angemessene Lösung für ein modernes Urheberrecht und damit geeignet sind, um die Einkommen der Kreativen zu sichern. Insofern ist die Haltung Deutschlands auf Europäischer Ebene und deren Vertretung durch die Justizmisnisterin Barley doppelt absurd. In der Journalisten- und Politikerblase – namens twitter – hat Katarina Barley denn auch noch verkündet, dass sie alles getan hätte, um die Zustimmung Deutschlands im Rat aufzuhalten. Das ist schon eine Tragödie in mehreren Akten, was die Bundesregierung hier vorführt. Vielleicht geht die Angst um, dass große Presseverleger im Wahlkampf ihre Konsequenzen ziehen, wenn ihr Art. 11 nicht verteidigt wird. Doch mit den derzeitigen Pirouetten gegen den eigenen Koalitionsvertrag zu stimmen, kann man vor der Öffentlichkeit auch nicht geheim halten. Noch greift ja nicht der Artikel 13 und Liveübertragungen von Demonstrationen gegen Art. 11 und 13 haben die große Chance nicht wegen Hintergrundgeräuschen wie Musik auf einem Truck oder einem Klingelton vom Handy, plötzlich als Urheberrechtsverletzung verkannt und geblockt zu werden.

Europa.blog: Die Verteidiger der Richtlinie behaupten, die EU-Richtlinie schütze die Interessen von Autor*innen, Künstler*innen und Kreativen. Kannst du kurz erläutern, weshalb die Interessen dieser Akteuere aus linker Sicht nicht durch die Richtlinie geschützt werden?

Martina Michels: Die Rechte der Kreativen werden vorrangig in den Artikel 14 – 16 behandelt. Dort geht es um das UrheberVERTRAGSrecht, also um eine Stärkung der Handlungsmacht der Kreativen wenn sie Verträge/Mitgliedschaften mit Rechtverwertern und Verwertungsgesellschaften, wie in Deutschland mit der GEMA oder der VG Wort abschließen, die in ihrem Auftrag Gemeinschaftsverträge mit Medien aushandeln. Hier liegen auch die Schlüssel für mehr Transparenz und bessere Auskunftspflichten, z. B. was haben die Rechteverwerter eigentlich zur Verbreitung meiner Werke im letzten Jahr getan. Der Trilog (= Kompromissverhandlungen zwischen dem Europäischen Parlament, dem EU-Rat und der EU-Kommission) hat hier interessanterweise eine schwächere Fassung gebracht, als die Parlamentsposition vom vergangenen September. Also dort, wo es um die Verhandlungsmacht der Kreativen geht, ist eher Verzagtheit und Zurückhaltung im Trilog am Werke gewesen. Vieles wurde wieder in die Verantwortung der Mitgliedsstaaten verlagert oder in Tarifverträge, denen leider oft die vielen Kreativen gar nicht unterliegen, sondern real eher die Beschäftigten einer Verwertungsgesellschaft, die – wenn man so will – auch von den Leistungen der Kreativen leben. Das führt das Geschrei der Befürworter der Richtlinie: „Wir tun das doch alles für die Kreativen!“ etwas ad absurdum.

Ähnlich verhält es sich beim Paragraph 11. Da gibt es keine verbindliche Festlegung, dass Journalistinnen und Journalisten von diesem Leistungsschutzrecht partizipieren, im Gegenteil. Miese total-buy-out-Verträge wurden nicht einmal verboten und werden wohl nach Einführung des Art. 11 noch mehr um sich greifen und damit viele Autorinnen und Bildjournalisten noch schlechter stellen als bisher.

Hätte man hier ein Zeichen für faire Vergütung setzen wollen, hätte man diese Vertragspraxis ausdrücklich unterbunden. Dies kritisieren auch der Europäische und Internationale Journalistenverband und lehnen das Ergebnis ab, genau weil für die Journalist*innen gar nichts geregelt ist. Der Deutsche Journalistenverband war übrigens bis vor einem Jahr auch gegen die Reform, schwenkte dann aber kurz vor der Abstimmung im September auf eine Zustimmung ein. Er sollte sich besser an den erneuten Kritiken der Kolleginnen und Kollegen weltweit orientieren.

Europa.blog: Wem und weshalb nütz die aktuelle Fassung der EU-Richtlinie aus deiner Sicht am meisten?

Martina Michels: Das ist noch nicht ganz ausgemacht, ob die Presseverleger wie Springer, Funke, Burda, die hinter dem Art. 11 stehen, davon wirklich partizipieren. In Spanien hatte Google-news einfach zeitweilig dicht gemacht nach Einführung des Leistungsschutzrechtes. Die Umsatzeinbrüche der Tageszeitungen waren enorm. Das sind also keine Lösungen. In Deutschland flossen Millionen an Anwaltskosten, um das Leistungsschutzrecht durchzusetzen. Google bekam dann abschließend sogar eine Gratis-Lizenz. Aber nicht alle News-Portale heißen Google und können sich solche Prozesse leisten. Das Ganze dient doch ganz offensichtlich der Marktbereinigung und es ist für kleine und innovative Unternehmen und Einzelkämpferinnen ein Horror, denn wie sollen die für Snippets (also Überschriften und Anmoderationen von Presseartikeln) täglich Lizenzen erwerben, wo sie doch eigentlich mit ihren Besprechungen und Erwähnungen oder Auflistungen dafür werben.

Auch beim Artikel 13 bin ich mir nicht ganz sicher, wem das nützen soll. Da stehen die Musik- und Filmindustrie und Verwertungsgesellschaften dahinter, die ihre Positionen beim Lizenzverkauf einfach stärken wollen, weil sie damit ihre Gewinne machen und ja vermittelt könnte dies auch Kreativen zugutekommen, nur ist dies im Art. 13 gar nicht geregelt. Mit den verpflichtenden Uploadfiltern würde eventuell das Netz so nachhaltig in seiner Kommunikationsstruktur zerstört, dass die Referenzen auf urheberrechtlich geschützte Werke in Form von Parodien, Remixen und Zitaten letztlich auch ausfallen. Ich denke, mit diesem absurden Weg werden nicht mehr Einnahmen generiert.

Europa.blog: Was müsste aus linker Sicht an der Richtlinie konkret geändert werden, damit sie Autor*inne, Künstler*innen und Kreativen im Blick auf das Internet einen effektiven Interessenschutz bietet? Oder reicht es, die umstrittenen Artikel einfach zu streichen? Wäre die Richtlinie dann aus linker Sicht akzeptabel?

Martina Michels: Derzeit würde ich aus pragmatischen Gründen dafür plädieren, die Artikel einfach zu streichen, dann ist ein wenig gewonnen. Grundsätzlich würde ich es jedoch begrüßen, wenn hier alle Akteure noch einmal in einen fairen Dialog treten, sich die Zeit nehmen und Lösungen in der nächsten Legislatur erarbeiten. Auch derzeit lassen sich Urheberrechtsverletzungen anzeigen und verfolgen. Das Narrativ vom rechtsfreien Internet ist einfach Unsinn, das übereilte Handeln immer verkehrt. Man sollte immer auch bedenken, ich habe ja oft die Rechte der Nutzerinnen und Nutzer stark gemacht, dass wir dabei auch von institutionellen Nutzerinnen und Nutzern sprechen, wie den sogenannten GLAM-Institutionen (Galleries, Libraries, Archives, Museums) und da wäre viel Weitergehendes möglich gewesen, das mit dem Zugang aller zu Wissen und Kultur zu tun hat, einer grundlegenden Frage linker Kulturpolitik.

Europa.blog: Es wird zwar viel über Artikel 11 und 13 der EU-Richtlinie geredet. Aber die genauen Inhalte und Wirkungen sind kaum bekannt. Kannst du noch einmal die Kritik der Linken an diesen beiden Artikeln auf den Punkt bringen? Was ist aus linker Sicht das Kritikwürdige an diesen Artikeln?

Martina Michels: Art. 11 löst nicht das Zeitungssterben und den schlecht bezahlten Journalismus, sondern will Einkünfte von den Plattformen zu Presseverlegern umverteilen. Dafür würden wir eher vorschlagen: Besteuert Google&Co richtig, dann entscheidet die ganze Gesellschaft, ob wir damit Kreative besser fördern. Ich möchte eigentlich nicht, dass Springer, Funke und Burda das allein entscheiden.

Art. 13 führt eine Zensurinfrastruktur ein und legt sie auch noch überdies in private Hände. Kein Kreativer, keine Künstlerin wird dadurch einen Cent mehr erhalten. Das Problem ist erkannt, aber falsch und gefährlich gelöst. Da ist Widerstand dringend!

Europa.blog: Was wären die voraussichtlichen langfristigen Wirkungen er EU-Richtlinie?

Martina Michels: Beim Artikel 11 würde ich absurde Rechtsstreits wie in Deutschland erwarten, eine Verunsicherung vieler kleiner Newsportale und eventuell das Ende von Google-news. Letztlich würde die Pluralität von News und Informationen im Netz leiden. Dass dann alle wieder gedruckte Tageszeitungen abonnieren, halte ich allerdings für Unsinn. Überdies haben die Presseverleger in den vergangenen Jahren ihre Printsparten selbst geschrumpft und damit z. T. auf den kulturellen Wandel reagiert.

Beim Artikel 13 ist unklar, ob die uns bekannte Netzkommunikation, die auch Nutzerinnen und Nutzer zum Teil zu Kreativen macht, schleichend zerstört wird. Solche Fälle, wie das Blockieren der Pinkstinks-Kampagne gegen Germanys Next Top Model würden zunehmen. Das bedeutet, es gehen wichtige kritische Stimmen im Netz verloren, Meinungsfreiheit, und auch Kreativität werden beschnitten.

Europa.blog: Es gibt auf internationaler Ebene längst Internet bezogenen Urheberrechtsregelungen, nämlich die Creative Commons Lizenzen. Waren die eigentlich Gegenstand der Diskussionen zur EU-Urheberrechtsrichtlinie? Weshalb sind solche längst in der Praxis erprobte und verankerte Regelungen in der EU-Richtlinie nicht (stärker) zum Zuge gekommen?

Martina Michels: Konkrete Lizenzdebatten haben möglicherweise im Rechtsausschuss eine größere Rolle gespielt. Offene Lizenzen, Erweiterte Kollektivlizensierung, wie es zum Teil die Medien brauchen, all dies sind wichtige Ansätze, bei denen allerdings auch viel Fachkenntnisse vonnöten sind, um hier die besten Lösungen zu erstreiten.

Europa.blog Letzte Frage: Wie schätzt du die Wirkungen der bisherigen Proteste gegen die EU-Richtlinie ein? Werden sie zur Ablehnung der Richtlinie im Europäischen Parlament reichen?

Martina Michels: Also wünschen würde ich mir das schon, dass die Proteste dazu führen, dass viele Abgeordnete erkennen, dass man hier vielleicht noch einmal auf Anfang gehen sollte und eine sachbetonte Neuverhandlung allen, den Kreativen, den Rechteverwertern, der Industrie und den Nutzern gut tun würde. Derzeit wird man ja das Gefühl nicht los, dass sich die Chefetagen von Facebook, Google und Youtube, wenn auch offiziell gegen die Vorschläge, gemütlich im Sessel sitzen und Popcorn kauen. Sie scheinen, obwohl sie doch gerade eingehegt werden sollten, die Gewinner der Scheinlösungen zu sein.

Ich kann alle nur ermuntern zum europaweiten Aktionstag am 23.3.2019 zu gehen und die Abgeordneten des Europaparlaments aufzufordern gegen Art. 11 und 13 zu stimmen. Auf https://savetheinternet.info/ sind alle Demoorte zu finden auch die Petition gegen die EU-Urheberechtsrichtlinie, die derzeit schon fast 5 Millionen Menschen unterschrieben haben. So eine Abstimmung wie bei ACTA 2012, das dann letztlich auch vom Parlament abgelehnt wurde, und u.a. auch mit dem Urheberrecht zu tun hatte, würde der europäischen demokratischen Debatte um die besten Lösungen wirklich nützen. Ich werde in Erfurt oder Berlin an diesem Tag sein und auch mit demonstrieren.

Titelbild: 26.08.2018, Wien Stephansplatz. Aktionstag #SaveYourInternet, Kundgebung von epicenter.works gegen Uploadfilter und Leistungsschutzrecht. | Foto: Karola Riegler CC BY 2.0

Links zum Thema

Artikel 11 und 13 im Wortlaut [EN]

Update vom 24.03.2019

Im folgenden sind die beiden am meisten umstrittenen Artikel 11 und 13 (angepasste Zählung: Artikel 15 und 17) der EU-Urheberrichtlinie in der aktuellen Kompromissfassung in deutscher Sprach wiedergegeben. In dieser Version werden sie am Dienstag, den 26. März 2019, im Europäischen Parlament zur Abstimmung stehen.

Zur vollständigen deutschsprachigen Version der Richtlinie bitte hier klicken!


TITEL IV

MAẞNAHMEN ZUR SCHAFFUNG EINES FUNKTIONSFÄHIGEN MARKTES FÜR DEN URHEBERRECHTSSCHUTZ

KAPITEL 1

Rechte an Veröffentlichungen

Artikel 15
Schutz von Presseveröffentlichungen im Hinblick auf die Online-Nutzung

(1) Die Mitgliedstaaten legen Bestimmungen fest, mit denen Presseverlage mit Sitz in einem Mitgliedstaat die in Artikel 2 und Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie 2001/29/EG genannten Rechte für die Online-Nutzung ihrer Presseveröffentlichungen durch Anbieter von Diensten der Informationsgesellschaft erhalten.

Die in Unterabsatz 1 vorgesehenen Rechte gelten nicht für die private oder nicht- kommerzielle Nutzung von Presseveröffentlichungen durch einzelne Nutzer.

Der nach Unterabsatz 1 gewährte Schutz gilt nicht für das Setzen von Hyperlinks.

Die in Unterabsatz 1 vorgesehenen Rechte gelten nicht für die Nutzung einzelner Wörter oder sehr kurzer Auszüge aus einer Presseveröffentlichung.

(2) Die in Absatz 1 vorgesehenen Rechte lassen die im Unionsrecht festgelegten Rechte von Urhebern und sonstigen Rechteinhabern an den in einer Presseveröffentlichung enthaltenen Werken und sonstigen Schutzgegenständen unberührt und beeinträchtigen diese Rechte in keiner Weise. Die in Absatz 1 vorgesehenen Rechte dürfen nicht zum Nachteil dieser Urheber und sonstigen Rechteinhaber geltend gemacht werden und dürfen diesen insbesondere nicht das Recht nehmen, ihre Werke und sonstigen Schutzgegenstände unabhängig von der Presseveröffentlichung zu verwerten, in der sie enthalten sind.

Ist ein Werk oder ein sonstiger Schutzgegenstand auf der Grundlage einer nicht ausschließlichen Lizenz in einer Presseveröffentlichung enthalten, so dürfen die in Absatz 1 vorgesehenen Rechte nicht zu dem Zweck geltend gemacht werden, die Nutzung durch andere berechtigte Nutzer zu untersagen. Die in Absatz 1 vorgesehenen Rechte dürfen nicht zu dem Zweck geltend gemacht werden, die Nutzung von Werken oder sonstigen Schutzgegenständen, deren Schutzdauer abgelaufen ist, zu untersagen.

(3) Die Artikel 5 bis 8 der Richtlinie 2001/29/EG, die Richtlinie 2012/28/EU und die Richtlinie (EU) 2017/1564 des Europäischen Parlaments und des Rates19 finden sinngemäß auf die in Absatz 1 des vorliegenden Artikels vorgesehenen Rechte Anwendung.

(4) Die in Absatz 1 vorgesehenen Rechte erlöschen zwei Jahre nach der Veröffentlichung der Presseveröffentlichung. Die Berechnung dieser Zeitspanne erfolgt ab dem 1. Januar des auf den Tag der Veröffentlichung der Presseveröffentlichung folgenden Jahres.

Absatz 1 findet keine Anwendung auf Presseveröffentlichungen, deren erstmalige Veröffentlichung vor dem … [Datum des Inkrafttretens dieser Richtlinie] erfolgt.

(5) Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass Urheber der in einer Presseveröffentlichung enthaltenen Werke einen angemessenen Anteil der Einnahmen erhalten, die die Presseverlage aus der Nutzung ihrer Presseveröffentlichungen durch Anbieter von Diensten der Informationsgesellschaft erhalten.

KAPITEL 2
Bestimmte Nutzungen geschützter Inhalte durch Online-Dienste

Artikel 17

Nutzung geschützter Inhalte durch Diensteanbieter für das Teilen von Online-Inhalten

(1) Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass ein Diensteanbieter für das Teilen von Online- Inhalten eine Handlung der öffentlichen Wiedergabe oder eine Handlung der öffentlichen Zugänglichmachung für die Zwecke dieser Richtlinie vornimmt, wenn er der Öffentlichkeit Zugang zu von seinen Nutzern hochgeladenen urheberrechtlich geschützten Werken oder sonstigen Schutzgegenständen verschafft.

Ein Diensteanbieter für das Teilen von Online-Inhalten muss deshalb die Erlaubnis von den in Artikel 3 Absatz 1 und 2 der Richtlinie 2001/29/EG genannten Rechteinhabern einholen, etwa durch den Abschluss einer Lizenzvereinbarung, damit er Werke oder sonstige Schutzgegenstände öffentlich wiedergeben oder öffentlich zugänglich machen darf.

(2) Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass eine von einem Diensteanbieter für das Teilen von Online-Inhalten – zum Beispiel durch Abschluss einer Lizenzvereinbarung – eingeholte Erlaubnis auch für Handlungen gilt, die von Nutzern von Diensten ausgeführt werden und die in den Geltungsbereich des Artikels 3 der Richtlinie 2001/29/EG fallen, sofern diese Nutzer nicht auf der Grundlage einer gewerblichen Tätigkeit handeln oder mit ihrer Tätigkeit keine erheblichen Einnahmen erzielen.

(3) Nimmt ein Diensteanbieter für das Teilen von Online-Inhalten eine Handlung der öffentlichen Wiedergabe oder der öffentlichen Zugänglichmachung unter den in diesem Artikel festgelegten Bedingungen vor, so findet die Beschränkung der Verantwortlichkeit nach Artikel 14 Absatz 1 der Richtlinie 2000/31/EG auf die in diesem Artikel beschriebenen Situationen keine Anwendung.

Unterabsatz 1 des vorliegenden Absatzes lässt die mögliche Anwendung von Artikel 14 Absatz 1 der Richtlinie 2000/31/EG auf die Anbieter derartiger Dienste für Zwecke außerhalb des Geltungsbereichs dieser Richtlinie unberührt.

(4) Wird die Erlaubnis nicht erteilt, so ist der Diensteanbieter für das Teilen von Online-Inhalten für nicht erlaubte Handlungen der öffentlichen Wiedergabe, einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung, urheberrechtlich geschützter Werke oder sonstiger Schutzgegenstände verantwortlich, es sei denn, der Anbieter dieser Dienste erbringt den Nachweis, dass er

a)  alle Anstrengungen unternommen hat, um die Erlaubnis einzuholen; und

b)  nach Maßgabe hoher branchenüblicher Standards für die berufliche Sorgfalt alle

Anstrengungen unternommen hat, um sicherzustellen, dass bestimmte Werke und sonstige Schutzgegenstände, zu denen die Rechteinhaber den Anbietern dieser Dienste einschlägige und notwendige Informationen bereitgestellt haben, nicht verfügbar sind; und in jedem Fall

c) nach Erhalt eines hinreichend begründeten Hinweises von den Rechteinhabern unverzüglich gehandelt hat, um den Zugang zu den entsprechenden Werken oder sonstigen Schutzgegenständen zu sperren bzw. die entsprechenden Werke oder sonstigen Schutzgegenstände von seinen Internetseiten zu entfernen , und alle Anstrengungen unternommen hat, um gemäß Buchstabe b das künftige Hochladen dieser Werke oder sonstigen Schutzgegenstände zu verhindern.

(5) Bei der Feststellung, ob der Diensteanbieter den in Absatz 4 festgelegten Verpflichtungen nachgekommen ist, wird im Lichte des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit unter anderem Folgendes berücksichtigt:

a) die Art, das Publikum und der Umfang der Dienste sowie die Art der von den Nutzern des Dienstes hochgeladenen Werke oder sonstigen Schutzgegenstände; und

b) die Verfügbarkeit geeigneter und wirksamer Mittel und die Kosten, die den Anbietern dieser Dienste hierfür entstehen.

(6) Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass die Geltung der in Absatz 4 festgelegten Verantwortung für neue Diensteanbieter für das Teilen von Online-Inhalten, deren Dienste der Öffentlichkeit in der Union seit weniger als drei Jahren zur Verfügung stehen und deren Jahresumsatz, berechnet nach der Empfehlung der Kommission 2003/361/EG20,
10 Millionen EUR nicht übersteigt, darauf beschränkt ist, Absatz 4 Buchstabe a einzuhalten und nach Erhalt eines hinreichend begründeten Hinweises von den Rechteinhabern unverzüglich zu handeln, um den Zugang zu den entsprechenden Werken und sonstigen Schutzgegenständen zu sperren bzw. die entsprechenden Werke und sonstigen Schutzgegenstände von ihren Internetseiten zu entfernen.

Übersteigt – berechnet auf der Grundlage des vorausgegangenen Kalenderjahrs – die durchschnittliche monatliche Anzahl unterschiedlicher Besucher der Internetseiten derartiger Diensteanbieter 5 Millionen, so müssen die Anbieter derartiger Dienste außerdem den Nachweis erbringen, dass sie alle Anstrengungen unternommen haben, um das künftige Hochladen der gemeldeten Werke und sonstigen Schutzgegenstände, zu denen die Rechteinhaber einschlägige und notwendige Informationen bereitgestellt haben, zu verhindern.

(7) Die Zusammenarbeit zwischen den Diensteanbietern für das Teilen von Online- Inhalten und den Rechteinhabern darf nicht bewirken, dass von Nutzern hochgeladene Werke oder sonstige Schutzgegenstände, bei denen kein Verstoß gegen das Urheberrecht oder verwandte Schutzrechte vorliegt, nicht verfügbar sind, und zwar auch dann, wenn die Nutzung eines Werkes oder sonstigen Schutzgegenstandes im Rahmen einer Ausnahme oder Beschränkung erlaubt ist.

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass sich alle Nutzer, die nutzergenerierte Inhalte auf Diensten für das Teilen von Online-Inhalten hochladen oder auf Diensten für das Teilen von Online-Inhalten zugänglich machen, in jedem Mitgliedstaat auf die jede der folgenden Ausnahmen oder Beschränkungen stützen können:

a)  Zitate, Kritik und Rezensionen;

b)  Nutzung zum Zwecke von Karikaturen, Parodien oder Pastiches.

(8) Die Anwendung dieses Artikels darf nicht zu einer Pflicht zur allgemeinen Überwachung führen.

Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass Diensteanbieter für das Teilen von Online-Inhalten den Rechteinhabern auf deren Ersuchen angemessene Informationen über die Funktionsweise ihrer Verfahren im Hinblick auf die Zusammenarbeit nach Absatz 4 und – im Fall von Lizenzvereinbarungen zwischen den Anbietern dieser Dienste und den Rechteinhabern – Informationen über die Nutzung der unter diese Vereinbarungen fallenden Inhalte bereitstellen.

(9) Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass Diensteanbieter für das Teilen von Online- Inhalten den Nutzern ihrer Dienste im Fall von Streitigkeiten über die Sperrung des Zugangs zu den von diesen hochgeladenen Werken oder sonstigen Schutzgegenständen bzw. über die Entfernung der von diesen hochgeladenen Werke oder sonstigen Schutzgegenstände wirksame und zügige Beschwerde- und Rechtsbehelfsverfahren zur Verfügung stellen.

Verlangen Rechteinhaber die Sperrung des Zugangs zu ihren Werken oder sonstigen Schutzgegenständen oder die Entfernung dieser Werke oder sonstigen Schutzgegenstände, so begründen sie ihr Ersuchen in angemessener Weise. Im Rahmen des in Unterabsatz 1 vorgesehenen Verfahrens eingereichte Beschwerden sind unverzüglich zu bearbeiten, und Entscheidungen über die Sperrung des Zugangs zu hochgeladenen Inhalten bzw. über die Entfernung hochgeladener Inhalte sind einer von Menschen durchgeführten Überprüfung zu unterziehen. Die Mitgliedstaaten gewährleisten zudem, dass zur Beilegung von Streitigkeiten außergerichtliche Rechtsbehelfsverfahren zur Verfügung stehen. Unbeschadet der Rechte der Nutzer auf wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf müssen derartige Verfahren die unparteiische Beilegung von Streitigkeiten ermöglichen und dürfen den Nutzern den Rechtsschutz nach nationalem Recht nicht vorenthalten. Insbesondere müssen die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass die Nutzer Zugang zu einem Gericht oder einem anderen einschlägigen Organ der Rechtspflege haben, um die Inanspruchnahme einer Ausnahme oder Beschränkung für das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte geltend machen zu können.

Diese Richtlinie beeinträchtigt in keiner Weise die berechtigte Nutzung, etwa die Nutzung im Rahmen der im Unionsrecht festgelegten Ausnahmen oder Beschränkungen, und darf weder zur Identifizierung einzelner Nutzer führen noch als Rechtsgrundlage für die Verarbeitung personenbezogener Daten dienen, außer dies erfolgt im Einklang mit der Richtlinie 2002/58/EG und der Verordnung (EU) 2016/679.

Die Diensteanbieter für das Teilen von Online-Inhalten informieren ihre Nutzer in ihren Geschäftsbedingungen, dass sie Werke und sonstige Schutzgegenstände im Rahmen der im Unionsrecht festgelegten Ausnahmen und Beschränkungen für das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte nutzen können.

(10) Ab dem … [Datum des Inkrafttretens dieser Richtlinie] veranstaltet die Kommission in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten Dialoge zwischen den Interessenträgern, in deren Rahmen bewährte Verfahren für die Zusammenarbeit zwischen den Diensteanbietern für das Teilen von Online-Inhalten und Rechteinhabern erörtert werden. Die Kommission gibt in Absprache mit den Diensteanbietern für das Teilen von Online- Inhalten, Rechteinhabern, Nutzerorganisationen und anderen einschlägigen Interessenträgern und unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Dialoge zwischen den Interessenträgern Leitlinien zur Anwendung dieses Artikels heraus, insbesondere im Hinblick auf die Zusammenarbeit nach Absatz 4. Bei der Erörterung bewährter Verfahren wird unter anderem die notwendige Ausgewogenheit zwischen den Grundrechten und die Inanspruchnahme von Ausnahmen und Beschränkungen besonders berücksichtigt. Für die Zwecke des Dialogs zwischen den Interessenträgern haben die Nutzerorganisationen Zugang zu angemessenen, von den Diensteanbietern für das Teilen von Online-Inhalten bereitgestellten Informationen über die Funktionsweise ihrer Verfahren im Hinblick auf Absatz 4.

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