Peter Scherrer im Gespräch mit Peter Hurrelbrink über die politisch-soziale Zukunft Bosnien-Herzegowinas

Von Peter Scherrer

Dr. Peter Hurrelbrink ist Leiter des Büros der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) in Sarajewo. Die FES ist seit 25 Jahren mit einem Büro in der Hauptstadt Bosnien-Herzegowinas vertreten. Die Stiftung begleitet auf vielfältige Weise den Transitionsprozess des Landes.  Seit 2019 lebt Peter Hurrelbrink in Sarajewo. Die deutsche Stiftung arbeitet in ihren Projekten mit politisch Verantwortlichen, Vertretern der Zivilgesellschaft, Vereinen, Verbände, Gewerkschaften, Medien etc. zusammen. Im Gespräch mit Peter Scherrer beschreibt Dr. Hurrelbrink die wirtschaftlich-soziale Lage der Menschen in Bosnien-Herzegowina. Er beschreibt, was es zu tun gilt und äußert sich auch  klar zu dem, was die Europäische Union tun sollte, um dem Land und seinen Menschen eine Perspektive geben.

Wirtschaft und Arbeit in Bosnien-Herzegowina im November 2021

Wirtschaftlich und sozial ist Bosnien-Herzegowina noch immer nicht auf dem Stand vor Kriegsjahren von 1992 bis 1995. Fast 80 % aller Industrieanlagen wurden im Bosnienkrieg zerstört. Ging der wirtschaftliche Wiederaufbau ohnehin nur langsam voran, so brachte die weltweite Finanzkrise 2009 die ökonomische Erholung erneut ins Stocken. Aktuell haben die wirtschaftlichen Einbußen durch die Corona-Pandemie das reale Bruttoinlandsprodukt in 2020 um 5,5 % schrumpfen lassen. Der 3,3 Millionen Einwohner zählende Balkanstaat hat nach ILO Angaben eine Arbeitslosenquote von 16,9 %. Die Jugendarbeitslosigkeit liegt bei 34 %. Eine durch die Internationale Gemeinschaft, insbesondere durch die Europäische Union, mitfinanzierte öffentliche Verwaltung, beschäftigt über ein Viertel aller arbeiteten Menschen. Das komplex administrierte Land (Föderation, Kantone, Bezirke, drei Ministerpräsidenten) leistet sich deutlich über 100 Beschäftigte im Rang eines „Ministers“. Das Durchschnittseinkommen liege bei ca. 500 Euro monatlich. In den Industriebetrieben und im produzierenden Gewerbe liegen die Löhne und Gehälter deutlich darunter. Der monatliche Warenkorb für eine vierköpfige Familie ist mit ca. 1.000 Euro berechnet. Ebenso wie Schattenwirtschaft, so blüht die Korruption. Bei Transparency International liegt Bosnien-Herzegowina auf Platz 111 von 180 gelisteten Staaten.

Viele junge Leute suchen ihr Glück im Ausland. Im ersten Halbjahr 2021 haben schon über 80.000 Menschen ihrer Heimat den Rücken gekehrt. Für die wirtschaftliche Erholung fehlen so oft die jungen, qualifizierten und innovativen Arbeitskräfte. Die Folge ist eine rasch alternde Gesellschaft. Rentner müssen versuchen mit durchschnittlich 200 Euro Altersbezügen zu überleben. Eine enorme Bedeutung spielen die Überweisungen von Verwandten aus dem Ausland. Laut Weltbank trugen die Finanztransfers der Familienmitglieder aus der Diaspora in 2018 mit 11 % zum Bruttoinlandsprodukt bei.

Mit einem Klick auf das folgende Bild kommen Sie zum Interview mit Dr. Peter Hurrelbrink.

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Titelbild: Sarajevo by Goran Has CC BY 2.0 via FlickR

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