Beitrag von Vesna Caminades
Liebe Leserinnen, liebe Leser!
Wir leben seit fast einem Jahr in einem Alptraum zwischen Masken, Beschränkungen, Ängsten und Rebellionsgefühlen – eben dem Covid 19 Zeitalter. Es gibt Menschen, die haben ihre Arbeit oder ihr Unternehmen verloren und viele wissen nicht mehr, wie sie bis ans Ende des Monats gelangen sollen. In solch schwierigen Zeiten erwarten wir uns schwerwiegende Entscheidungen, die hoffentlich unsere Gesundheit schützen, unsere Lebensgrundlage wieder ins richtige Lot bringen; Entscheidungen, die wortwörtlich „Leben retten können“.
Tatsächlich wurde vor einigen Tagen im Europäischen Parlament darüber debattiert und abgestimmt, ob ein veganes Schnitzel weiterhin als Schnitzel vermarktet werden darf oder nicht. Wir können uns glücklich schätzen: vegane Burger bleiben weiterhin Burger und müssen nicht als „vegane Flachkugeln“ verkauft werden.
Wow! So ein Erfolg…!
Kann es das wirklich sein? Gibt es nichts Dringenderes? Bitte verstehen Sie mich nicht falsch. Ich bin ja selbst Veganerin und für mich ist es wichtig, gewisse Fertigprodukte im Regal zu finden.
Es geht meines Erachtens um zwei Punkte: 1) dass man bestimmte vegane Lebensmittel im Angebot findet und 2) dass sie nach dem Produkt bezeichnet werden dürfen, welches sie im Grunde „ersetzen“.
Das Angebot ist sehr stark von uns Konsumenten bestimmt. Je mehr wir etwas nachfragen, desto eher entschließt sich die Industrie etwas herzustellen und auf den Markt zu bringen. Andrerseits, wenn ein Produkt nicht auf den Markt kommt bzw. im Supermarkt angeboten und auch beworben wird, dann kann man gar nicht ahnen, dass man es kaufen könnte. Die Überlegung wird etwas kompliziert. Ich habe oft den Eindruck, dass Kaufhäuser zwar die eine oder andere Alternative für Veganer und Vegetarier anbieten, doch sie entsprechend bewerben, kommt nahezu dem Brechen eines Tabus nahe. Ich habe mir oft gedacht, warum kann ein Supermarkt nicht einfach ein veganes Regal vorsehen oder in deren Zeitschriften (jedes Kaufhaus hat bald seine eigene) ein Kapitel jeweils den Produkten, die nicht tierischen Ursprungs sind, widmen? Warum nicht? Warum? Denn dann müssten sie wahrscheinlich früher oder später auf die peinliche Situation eingehen, erklären zu müssen, was vegan bzw. „cruelty free“ bedeutet. Und da müsste man halt eben die ganze Wahrheit darstellen. Peinlich eben. Wer will schon im eigenen Magazin Fotos von Kühen, Schweinen oder Hühnern bringen, die mit Elektroschock bewusstlos gemacht werden (sollten), an einem Hax aufgehängt baumeln, denen der Hals aufgeschlitzt wird, damit das Blut rausrinnt und die vorher natürlich stundenlang zusammen gepfercht ohne Futter und ohne Wasser durch die Weltgeschichte herumgekarrt worden sind? Nein, besser nicht, das würde zu viele „normale“ Kunden abschrecken.
Normale? Wer ist denn der normale Kunde hier? Genau das ist der Punkt, Vegetarier und Veganer wollen eben dieselben Einkaufgelegenheiten haben, wie die übrigen Kunden und Kundinnen. Jeder Kunde ist somit als normal und würdig zu behandeln. Unser Geld ist genau so viel wert wie das Geld der Verbraucher von Waren tierischen Ursprungs. Und wir stellen zunehmend einen beträchtlichen Marktanteil dar – das ist natürlich aus Marketingsicht überlegenswert. Ob die Ersatzprodukte dann überhaupt schmecken oder nicht, das sei dahingestellt. Ich habe bisher so einiges an Fertigwaren ausprobiert und manchmal denke ich mir – hat das überhaupt jemand gekostet, bevor es auf den Markt gebracht wurde? Eine weitere Überlegung, ich versuche so gut wie möglich Sojaprodukte zu vermeiden – aus ethischen Gründen. Ich bilde mir ein, dass ich so vielleicht dazu beitrage, ein paar Bäume des Regenwaldes im Amazonas zu bewahren.
Da bleibt aber noch der zweite Punkt, von dem wir eigentlich ausgegangen sind. Die Möglichkeit, die pflanzlichen Alternativen nach jenen Waren zu benennen, die sie eigentlich ersetzen: Burger, Wurst, Schnitzel, Gyros, Kebab, Streichkäse, Joghurt, Milch, Sahne, etc. Nun ich denke, es ist vielleicht eine Orientierungshilfe, wenn jemand „neu“ in diesem Lebensstil ist oder wenn ein Alles-Verzehrender etwas Neues ausprobieren möchte. Ich habe auch schon die Bemerkung kassieren müssen, dass „wir Veganer Hypokriten sind, weil wir den ursprünglichen Namen beibehalten, also praktisch doch nicht ganz darauf verzichten wollen“. Na ja, was soll’s, wir ernähren uns halt vom Namen … Ganz ehrlich gesagt, wie die Bezeichnung schließlich auch lautet, für mich persönlich ist das absolut kein Unterschied, sofern das Produkt Tieren Leiden erspart. Dabei ist es mir ein ganz großes Anliegen einen Aspekt zu unterstreichen, bei dem ich leider erst in einem zweiten Moment die Augen geöffnet habe. „Vegan“ ist nicht gleichbedeutend mit „cruelty free“. Es gibt nämlich Reinigungsprodukte oder Körperpflegemittel etc. die zwar vegan sind, sie werden aber weiterhin an Tieren getestet. Wenn Sie Tieren wirklich Angst und Schmerzen ersparen wollen, dann achten Sie bitte auf die Angaben auf dem Etikett und falls nötig – nehmen Sie beim Einkaufen immer eine gute Brille mit. Denn leider sind diese Angaben meistens „zufällig“ sehr platzsparend und mickrig klein angeführt.
Nun, wir sind ja von der guten Nachricht ausgegangen, dass unser veganes Würstl weiterhin ein solches bleiben darf. Es hat vor dieser Abstimmung einen wilden Lobbykampf gegeben, denn die konventionelle Fleischindustrie hat natürlich absolut kein Interesse daran, dass Ersatzprodukte Marktanteile dazugewinnen.
Genau, das nenne ich Erfolg: die Fleischindustrie muss endlich befürchten, Verbraucher abzugeben. Aus diesem Grunde ist mir mein Grundgedanke, dem ich auch diese Rubrik verdanke (verzeihen Sie bitte das Wortspiel) – I wanna know what’s behind / Ich will wissen, was dahinter steckt – so wichtig: denn erst wenn wir akzeptieren, hinter die Kulissen zu schauen, wie die Produkte tierischen Ursprungs entstehen, erst dann können wir reinen Gewissens entscheiden: will ich wie bisher weitermachen, will ich ein paar Dinge ändern oder will ich eine grundlegende Entscheidung treffen und einen neuen Lebensstil wagen?
Das ist ganz wichtig, dass wir nicht wie ein Strauß, den Kopf in den Sand stecken. Die Tiere leiden nämlich weiterhin, aber nicht nur sie. Warum? Ein kleines Beispiel zur Verdeutlichung (Quelle: Wikipedia, abgerufen am 27.10.2020):
Tiermehl (auch Tierkörpermehl oder Kadavermehl) ist ein Produkt der Tierkörperverwertung. Die Verwendung als Futtermittel für Nutztiere ist seit 2001 EU-weit verboten. Allerdings darf in teilweiser Aufhebung dieses Verbotes seit Juni 2013 aus Kadavern nicht wiederkäuender Tiere gewonnenes Tiermehl (etwa von Schweinen oder Hühnern) wieder an Speisefische und andere auf Aquafarmen gezüchtete Tiere verfüttert werden. Tiermehl wird ferner in energetischer Nutzung verbrannt, als Futtermittel für Heimtiere sowie Pelz- und Zootiere verwandt und darf unter Auflagen als Dünger in der Landwirtschaft genutzt werden.
In einer Tierkörperbeseitigungsanlage werden die Kadaver von verendeten und erkrankten Tieren, Schlachtabfälle und tierische Nebenprodukte mittels mechanischer und chemischer Aufarbeitung zu Tiermehl und anderen Produkten verarbeitet. Die biologische Wertigkeit des Tiermehlproteins ist abhängig von den Mengenverhältnissen der Ausgangsmaterialien, insbesondere von dem Anteil an Fleisch bzw. kollagen- und keratinreichen Körperbestandteilen sowie Blut.
Das als Reaktion auf die Rinderkrankheit BSE verhängte Tiermehlverbot ist nach zwölf Jahren am 1. Juni 2013 ausgelaufen. Damit ist laut EU-Kommission Tiermehl aus nicht-wiederkäuenden Tieren wie Schweinen oder Hühnern wieder als Futtermittel für Fische und andere auf Aquafarmen gezüchtete Tiere zulässig.
(…)
Vertrauenswürdige Quelle? Wer weiß – doch wie Konfuzius einst meinte „In jeder Lüge steckt ein Quäntchen Wahrheit“ – na ja, wenn dem so ist, dann Mahlzeit! – IAMA
Links zum Nachdenken
Wer Fragen oder Anregungen zu diesem Thema an Vesna Caminades hat, kann sich unter dieser E-Mail-Adresse an sie wenden: iama4iwannaknow |et| gmail.com oder Mobile Phone +32488617321.
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Ich bin der Meinung, das Problem erledigt sich mit einer Gemeinwohl Ökonomie quasi von allein.
Und danke dass du als Teil der Lösung deine Perspektive schilderst. Das hilft mir in Diskussionen.
Mir geht es ähnlich, im Supermarkt. Man fühlt sich im Stich gelassen, verarscht.
Produkte die weniger Schaden anrichten sind schwer zu erkennen. Hersteller werben mit Schlagwörtern und Etiketten die etwas suggerieren sollen, was sie nie und nimmer erfüllen können.
Tieren leid zufügen, dabei unmengen an Futtermitteln verbrauchen, Methan, Lachgas & CO2 Emissionen verursachen, das wird in naher Zukunft, auch politisch, nicht mehr geduldet werden. Das schadet dem Gemeinwohl. Global!
Auch die Schlachtbetriebe und andere Produktionsketten, die einen Sklavenlohn zahlen, mit sehr dubiosen Verträgen, das schadet dem Gemeinwohl und wird so oder so langfristig unterbunden werden. Die Tage des “Raubtierkapitalismus” sind gezählt, davon bin ich sehr stark überzeugt und rechne in den nächsten Jahren mit einem gesellschaftlichen Wandel.
Derzeit bin ich noch Vegetarier, Ei, Milch und in seltenen Fällen kaufe ich auch mal ein Stück Käse. Ich könnte physisch darauf verzichten. Meine Psyche ist noch nicht so weit. Es fällt auch mir noch schwer, das zu unterlassen. Warum weiss ich noch nicht.
Wer sich gesund & vegan ernährt, ohne Orthorexie, der ist IMHO in dieser Beziehung anderen Menschen voraus und überlegen. Es ist ehrlich und logisch konsequent, im Bezug auf sich selbst und seiner Umwelt, seiner Mitmenschen und allem was lebt, auf das zu verzichten, was offensichtlich mehr Schaden anrichtet, als es nutzt.
In sofern, Menschen müssen sich nicht dafür rechtfertigen das logisch Richtige zu tun.
Du hast meiner Meinung alles Recht der Welt, dich zu beschweren, darauf aufmerksam zu machen was verkehrt läuft.