Von Frederik D. Tunnat

Falls es noch eines letzten Beweises bedurft hätte, dass wir in einer kranken Gesellschaft, in einem kranken Land leben, so ist dieser machtvoll erbracht: Eine Richterin! lässt einen Vergewaltiger mit einer Bewährungsstrafe davon kommen. Was besonders empört ist ihre Begründung: der Täter sei noch sehr jung (25), habe unter der Trennung von seiner Freundin gelitten, und sei Beamter. Würde er härter bestraft, verlöre er seinen Beamtenstatus! „Das wäre eine sehr große Härte“!

Das Urteil nebst seiner krankhaften Begründung muss man sich langsam auf der Zunge  zergehen lassen. Ein junger Mann, nach dem Gesetz seit sieben Jahren volljährig, was bedeutet auch voll strafmündig, erhält einen richterlichen Bonus für die Tatsache, dass er im zarten Alter von 25 eine Frau vergewaltigt hat. Fraglich, wie hoch der Bonus für einen 18 Jährigen bei dieser Richterin ausfallen würde, bzw. der Malus für einen Rentner?

Die kürzlich erfolgte Trennung durch seine Freundin gereicht dem Gericht und besagter Richterin als strafmildernder Tatbestand, frei nach dem Motto, der junge Mann war derart frustriert, von seiner Freundin in die Wüste geschickt worden zu sein, dass es legitim ist, sich die nächstbeste Frau zu schnappen und sie zu vergewaltigen, quasi zum Stressabbau. Wenn das nicht krank ist, dann verstehe ich den Wortsinn nicht mehr!

Das richterliche Sahnehäubchen jedoch, den Status als Beamter, der bei angemessener Anwendung unserer Strafgesetze futsch gewesen wäre, als Argument gegen Gerechtigkeit für die Vergewaltigte und als Argument für den Vergewaltiger heranzuziehen, ist nicht nur äußerst krank, sondern brandgefährlich. Es zeigt, dass ein Beamter von einem anderen Beamten bevorzugt behandelt wird. Ich frage mich, wie die Begründung ausgefallen wäre, der Vergewaltiger wäre ein junger Angestellter gewesen. Hätte man dem die ganze Härte des Gesetzes zumuten können, da dem schließlich keine aberwitzig hohe Pension als ultimative Bestätigung dafür winkt, trotz einer Vergewaltigung ins Beamtenparadies einreiten zu dürfen?

Wir haben es bei besagtem Skandal-Urteil, das hoffentlich sowohl von der zuständigen Staatsanwaltschaft angefochten, wie von der richterlichen Disziplinarkammer aufgearbeitet wird, nicht bloß, wie die weiblich-feministische Gemeinde zu recht urteilt, mit „Rape Culture“ zu tun, sondern mit einer zutiefst verstörenden Umkehrung des Schuldprinzips, vom Täter hin zum Opfer.

Während der letzten Wochen mussten wir alle, die Medien konsumieren und sich in den sozialen Medien tummeln, angewidert und voller Abscheu Zeugen des Gerichtsprozesses in Frankreich werden, in dem sage und schreibe mehr als 50 Männer, einschließlich des Haupttäters und Ehemanns des Opfers, über Jahre eine Frau in betäubtem Zustand vergewaltigten und dieses unmenschliche Verhalten auch noch zur eigenen Erbauung auf Videos bannten.

Auch besagter junger deutsche Beamte nutzte die Tatsache, dass sein Opfer nach ausgiebigem Alkoholgenuss einschlief, um sich an ihr zu vergehen. Dabei hatte die stark umnebelte Frau, als er sie zu küssen versuchte, unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass sie dies und damit keinerlei körperliche Zärtlichkeit wünsche. Danach abzuwarten, bis das hilflose, vom Alkohol betäubte Opfer sich gegen die Vergewaltigung nicht wehren konnte, ist abscheulich und zeugt von massiver krimineller Energie.

Ein solches Verhalten auch nur teilweise zu entschuldigen, sowie Einkommen und Versorgung als Gründe für eine unangemessen milde Verurteilung anzuführen ist schlicht und ergreifend unangemessen, nicht gesetzeskonform und moralisch verwerflich. Wo bitteschön bleibt in dieser Urteilsbemessung das Vergewaltigungsopfer und deren Zukunft? Die junge Frau musste sich nach der Tat in Therapie begeben, leidet an posttraumatischen Beschwerden und wird ihr restliches Leben unter der Tat und ihren Folgen zu leiden haben. Wie kann dies von einer Richterin, einer Geschlechtsgenossin, völlig unberücksichtigt bleiben, unter den Tisch gekehrt werden?

Angesichts persönlicher Erfahrungen mit jungen Strafgefangenen und Straftätern, kenne ich einige dementsprechende Lebensläufe und „Karrieren“. Ich behaupte, beim näheren Nachsehen, bei der Aufarbeitung der Vergangenheit des beamteten Vergewaltigers, wäre man früher oder später auf gewisse Verhaltensweisen oder begonnene, nicht zu Ende gebrachte Anlässe von übergriffigem Verhalten gegenüber Frauen gestoßen. Eine Vergewaltigung fällt nicht mal so eben vom Himmel. Ein Mann, der sich selbst derart wenig unter Kontrolle und im Griff hat, trotz Alkohol und wehmütigem Gemütszustand, nach einer unmissverständlichen Zurückweisung durch die Frau, seine Allmacht-Phantasien, nichts anderes verbirgt sich hinter dem Tatbestand der Vergewaltigung, dennoch zuzulassen, und, entgegen dem eigenen wie gesellschaftlichem Moralkodex umzusetzen, ist in vollem Umfang verantwortlich und damit strafmündig.

Ganz im Gegenteil wird die unangemessene Milde der Richterin einen Mann, der um die wenigen Anlässe Bescheid weiß, die ihn seinen Beamtenstatus kosten können, und der nun amtlich bestätigt mit auf den Weg bekommt: trotz Vergewaltigung belassen wir dich im Amt, wird früher oder später erneut auffällig werden. Fraglich, ob er beim nächsten Mal nicht systematischer und brutaler vorgeht, sich sein Opfer zielgerichteter aussucht und eventuell seine Macht als Beamter nutzt, um eine junge Frau zum Sex zu zwingen, um ihr im Gegenzug einen Antrag auf dies und das zu bewilligen. Die Chancen, dass ein Mensch, den das Gesetz derart bevorteilt, erneut straffällig wird, ist nach meinen Erfahrungen relativ hoch.

Ich kenne aus persönlicher Anschauung den Lebenslauf eines jungen Mörders, der als Jugendlicher straffällig wurde, folglich laut Jugendstrafrecht verurteilt in einem Reformknast unter aberwitzigem finanziellem und personellem Aufwand resozialisiert wurde. Er hatte im Affekt die eigene Großmutter getötet. Trotz des von den Strafvollzugsbehörden für ihn ausgerollten roten Teppichs und enorm großer Anstrengungen, ihn zurück auf den rechten Pfad zu führen, wurde der junge Mann noch während der Dauer des Jugendstrafrechts erneut straffällig und verurteilt. Seine weitere Karriere setzt sich aus einer Reihe sich steigernder Gewaltverbrechen zusammen, bis hin zur Vergewaltigung einer Strafvollzugsbeamtin. Auch diesen jungen Mann hätte unsere Richterin garantiert mit einer Bewährungsstrafe davon kommen lassen – denn man muss schließlich an das Gute im Menschen glauben.

Ein anderes, weniger drastisches Beispiel handelt innerhalb meiner Familie. Mein Sohn wurde im Alter von 16 von einem Mitschüler aus nichtigem Grund krankenhausreif geschlagen. Natürlich setzte das gesamte Täter-Schutzprogramm ein. Die Schulleitung wollte dem Jugendlichen seine Zukunft nicht verbauen. Er wurde eine Woche vom Unterricht ausgeschlossen, durfte dann weiter dieselbe Klasse wie mein Sohn besuchen. Den damit verbundenen Stress hatte mein Sohn zu ertragen. Die Schulpsychologen waren schnell mit Entlastungen zur Hand. Der Jugendliche leide darunter, dass er gemeinsam mit seinen Eltern die Ex-DDR nach der Wende habe verlassen müssen. Nun müsse er ohne Freunde und vertraute Umgebung im Westen leben, weil sein Vater dort einen gut bezahlten Job gefunden hat. Das genügte den Psychologen als entlastendes Material.

Natürlich wünschten die Eltern nebst ihrem Sohn ein persönliches Gespräch. Obwohl das offiziell unter der Flagge lief: unser Sohn möchte sich entschuldigen, ging es, als die Familie zu Besuch war, tatsächlich darum, unsere Anzeige bei der Polizei zurückzuziehen, um dem armen Jungen nicht seine ganze Zukunft zu verbauen. Ich war durchaus gewillt, mit mir reden zu lassen. Doch die einstudierte, von den Eltern erzwungene Entschuldigung kam derart unaufrichtig über die Lippen des Jungen, dass ich sie nicht akzeptieren konnte. Natürlich dauerten mich seine Eltern. Also suchte ich das Gespräch mit der Polizei. Der zuständige Beamte erläuterte mir das Prozedere einer Anzeige. Er wies mich darauf hin, dass es aus Sicht der Polizei wichtig sei, die Anzeige aufrecht zu erhalten. Eine Bestrafung oder gar eine Verurteilung würde es nicht geben. Das Ganze käme zu den Akten. Nach ein paar Jahren, ich meine es waren fünf, würde die Akte vernichtet, sofern keine neue Straftat hinzu komme. Falls der Junge jedoch erneut auffällig würde, wäre eine vorhandene Akte ein wichtiges Element für jeden Richter, im Wiederholungsfall eine angemessene Strafe zu verhängen.

Ich traf mich erneut mit dem Schläger und seinen Eltern und erläuterte, weshalb ich die Anzeige nicht zurückziehen würde. Ich erläuterte, dass es für den Fall, dass er nicht wieder gewalttätig hervor trete oder auf andere Weise eine Straftat begehe, nach fünf Jahren die Akte gelöscht werde und ihm somit kein direkter Schaden daraus erwachse. Ich versuchte außerdem durch gezielte Fragen herauszufinden, ob der Junge seine Tat tatsächlich bereue. Seine Antworten waren eindeutig: er war sich im Grunde genommen keiner Schuld bewusst. Mein Sohn habe ihm nicht, wie gewünscht den Vortritt in den Schulbus gelassen, da habe er ihm zeigen müssen, was Sache ist. Also beließ ich es bei der Anzeige.

Noch bevor fünf Jahre verstrichen waren, kam besagter junger Mann zwei weitere Male mit der Polizei in Konflikt. Ich habe den Vorgang nicht weiter verfolgt, bin aber nicht sicher, ob die damaligen Richter weniger nachsichtig waren, als heutige. Meinen Sohn musste ich, da er von dem Jungen heimlich terrorisiert wurde, auf eine andere Schule geben, ein Tatbestand, den die Schulleitung als Argument angebracht hatte, der dem Schläger nicht zuzumuten sei. Meinem Sohn als Opfer hingegen sehr wohl.

Diese Form der Täter-Opfer Umkehr ist es, was sich als Krankheit, wie das Münchner Vergewaltigungs-Urteil bestätigt, in und durch unser Rechtssystem wie in die Gesellschaft gefressen hat. Mal ist es der Beamten-Status, der einem Vergewaltiger als Entlastung zu Gute gehalten wird, mal der Flüchtlingsstatus junger, gruppenvergewaltigender Einwanderer. Stets wiegt das Recht der Täter schwerer, als das Leid der Opfer. Letztere haben still vor sich hin zu leiden, während wir als Gesellschaft und Staat Tätern eine nach der anderen Möglichkeit geben, auf den rechten Pfad zurück zu finden.

Erstaunlicherweise fand in Frankreich, in besagtem monströsen Vergewaltigungsprozess erstmals eine Umkehr des Täter-Opfer Systems statt: das Opfer ließ sich nicht mit der ihr „großzügig“ zugestandenen Vertraulichkeit hinter den Mauern des Gerichts abspeisen – eine Vertraulichkeit, die stets den Tätern in die Hände spielt, nie dem Opfer. Die hunderte Male vergewaltigte Frau bestand darauf, die gefilmten Vergewaltigungen der Öffentlichkeit zu zeigen. Die übliche an den Tag gelegte Scham der Opfer verfing damit nicht. Dementsprechend nicht nur das Urteil der Öffentlichkeit, sondern auch das der Richter: angemessene Strafen für die menschlichen Monster, die „Helden“ der Rape Culture.

Ich bin überzeugt, Derartiges werden wir bei uns in Deutschland nicht zu sehen und zu spüren bekommen. Hier gilt noch immer: im Grunde genommen hat das Opfer selbst Schuld. Quasi eine Unverschämtheit, nach erfolgter Vergewaltigung, statt dem Täter dafür zu danken, vor Gericht zu ziehen. Gut dass es so tolerante Richterinnen, wie die in München gibt, die gemeinsame Sache mit Vergewaltigern machen. Fragt sich, wie das Urteil ausgefallen wäre, hätte die Richterin die unschöne Erfahrung einer Vergewaltigung selbst gemacht. So jedoch kann sie im Stillen, im Richterzimmer bei sich selbst denken: selbst schuld. Was lässt die junge Frau den Mann auch freiwillig in ihre Wohnung. Da ist doch zwangsläufig eine Vergewaltigung fällig. Das einem armen, jungen Beamten anzukreiden geht doch nun wirklich nicht, in unserer woke-toleranten Gesellschaft.

Deutschland: nicht nur Land der freien unlimitierten Fahrt auf der Autobahn, sondern das Land mit dem Freifahrtschein für Vergewaltiger, speziell Staatsdiener. Das haben wir nun amtlich vom Gericht bestätigt bekommen. Dem Opfer wird so viel Verständnis für ihren Vergewaltiger sicher hilfreich sein. Eventuell verfolgte die Richterin mit ihrem Urteil gar einen übergeordneten moralischen Zweck? Nun kann das Opfer beweisen, dass es eine gute Christin ist. Als solche hätte sie ihrem Vergewaltiger nicht nur zu vergeben, sondern müsste ihn auffordern, sie erneut zu vergewaltigen, um sinnbildlich die zweite Backe hinzuhalten, wie jede aufrechte Christin das  tun würde. Das würde der Rape Culture Deutschlands zwei neue Helden bescheren: den jungen vergewaltigenden Beamten und die um dessen Pension besorgte Richterin. Ein Schelm, der deshalb glaubt, Deutschland und seine Gesellschaft seien krank.

Titelbild: 

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