Rubrik: Fremdlesen

Eine Leseempfehlung von Jürgen Klute

Lange galten die Niederlande als liberales, weltoffenes und tolerantes Land. Seit den letzten vorgezogenen Parlamentswahlen vom 22. November 2023 hat sich das Land grundlegend verändert. Die Einmannpartei Partei für die Freiheit (PVV) von Geert Wilders erzielet mit 23,5 % deutlich die meisten Stimmen. Das zweitbeste Ergebnis erzielte das Wahlbündnis GroenLinks-PvdA (GL-PvdA) mit 15,8 % der Stimmen.

Zwar wurde Wilders nicht Regierungschef und auch nicht Mitglied der neuen rechtsextremen Regierung der Niederlande. Doch das heißt nicht viel. Als Fraktionsvorsitzender der PVV im niederländischen Parlament kann er die Regierung viel einfacher vor sich hertreiben.

Martin Unfried, der als Politologe an der Universität Maastricht (NL) arbeitet, hat für die taz in einem ausführlichen Artikel die politische Entwicklung von Geert Wilder nachgezeichnet und damit die schleichende, über mehr als zwei Jahrzehnte dauernde Veränderung der niederländischen Gesellschaft bis zu dem Punkt, an dem Wilder eine rechtsextreme Regierung installieren konnte. Während Wilders mit sehr langem Atem den Umbau der niederländischen Gesellschaft Schritt für Schritt vorangetrieben hat, hat die liberale demokratische Mehrheitsgesellschaft entweder weggeschaut oder hilflos zugeschaut. Aber vielleicht ist es noch nicht zu spät, aus dem zu lernen, was Unfried hier gut lesbar an Entwicklungen in den Niederlanden nachgezeichnet hat.

Wie in dem Artikel über Geert Wilders in der niederländischen Ausgabe von Wikipedia nachlesbar ist, hat Wilder selbst über seine Mutter einen Migrationshintergrund und sein Großvater mütterlicherseits musste sich vor den Nazis verstecken, heißt es in dem Artikel. Das Phänomen, dass sich gerade Menschen mit Migrationshintergrund zu einer Partei zusammenschließen, die massiv Hetze betreibt, gibt es eben auch in Deutschland: die AfD und das BSW, deren Führungsebenen überwiegend aus Personen mit Migrationshintergrund besteht, einschlich der Namensgebern, deren Vater aus dem Iran kommt. Das ist ein Phänomen, das bisher in der öffentlichen Debatte wenig Aufmerksamkeit erfahren hat.

Ich füge dieser Leseempfehlung noch zwei weitere Artikel hinzu, die sich mit dem gleichen Thema befassen.

Anlässlich des Todes von Jean-Marie Le Pen (7. Januar 2025) hat Rudolf Balmer für die taz den politischen Werdegang von Le Pen nachgezeichnet:
Frankreichs Hassprediger hochbetagt gestorben. Jahrzehntelang vergiftete er die französische Politik mit faschistischen Reden. Dabei ebnete er dem Rechtspopulismus seiner Tochter Marine den Weg.

Und auch in Österreich steht nun ein harter Ruck nach Rechts zu befürchten. Hans Rauscher hat angesichts dessen in einer Kolumne für den in Wien erscheinenden Der Standard gefragt, was mit den Wählerinnen und Wählern los ist: Was ist eigentlich mit den Wählern? Wählerinnen und Wähler haben die FPÖ zur Nummer eins gemacht. Muss das so bleiben, oder wären sie von anderen Parteien zurückzuholen?

Zum Beitrag geht es hier:

Titelbild:  Jacco van Giessen CC BY-NC-ND 2.0 DEED via FlickR

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