Salih Muslim und Suleman Alhmod schilderten auf einer Pressekonferenz im Press Club Brussels Europe am 14. Februar 2018 die aktuelle Situation nach dem Angriff der türkischen Armee auf die Region Afrin in Nordsyrien. Vor gut drei Wochen hat die türkische Armee den völkerrechtswidrigen Angriff gestartet.

In der Region leben derzeit etwa 2,2 Millionen Menschen. Viele von ihnen sind Flüchtlinge aus anderen Teilen Syriens, die im kurdisch dominierten Nordsyrien Schutz vor dem IS und vor dem seit 6 Jahren andauernden Bürgerkrieg suchen. Rojava, wie die Region auf kurdisch heißt, ist seit der Vertreibung des IS aus der Region die bisher sicherste und friedlichste Region im bürgerkriegserschütterten Syrien.

Durch den türkischen Angriff sind bisher rund 200 Zivilisten getötet worden, darunter viele Frauen und Kinder. Hunderte von Zivilisten wurden verletzt.

Die türkische Armee kooperiert offensichtlich mit Resten des militärisch weitgehend geschlagenen IS. Wie zuvor schon der IS während seiner Schreckensherrsch eine Reihe antiker Baudenkmäler in Syrien und im Irak zestörte, hat die türkische Armee im Zuge des Angriffs auf Afrin nun einen rund 3.000 Jahre alten Tempel in Tell Ain Dara zerstört.

Die Lage in Afrin ist schwierig, sagte Salih Muslim, aber die Bevölkerung teile was man habe und wehre sich mit allen Kräften gegen den türkischen Überfall. Bisher sei es gelungen, die türkischen Angreifer aus der Stadt Afrin herauszuhalten und den Angriff abzubremsen.

Zu den Zielen der Türkei sagte er, dass sie einerseits den kurdischen Versuch, eine demokratische, autonome, multiethnische und multisprachliche politische Struktur in Nordsyrien aufzubauen, verhindern wolle. Die türkische Regierung sieht seine solche neue politische Struktur als Gefährdung des eigenen politischen Systems an. Zum anderen ziele die türkische Politik auch darauf, Nordsyrien unter Kontrolle zu bekommen, um dorthin ethnische Minderheiten und Flüchtlinge aus der Türkei umzusiedeln.

Bei der Durchsetzung ihrer Ziele greife die Türkei auch auf Erpessung als Mittel zurück, indem sie etwa damit drohe, große Zahlen von Flüchtlingen nach Griechenland bzw. in die EU aus der Türkei ausreisen zu lassen. Aber auch der Konflikt mit dem EU-Mitgliedsland Zypern um die Erdgasvorräte im Mittelmehr sei als Erpressungsversuch zu verstehen.

Von der EU und auch von ihren Mitgliedsstaaten wie auch von der NATO erwartet Salih Müslim ein klareres Auftreten gegenüber der Türkei. Offiziell gäbe es noch die Beitrittsverhandlungen. Und eigentlich dürfe ein NATO-Mitglied seine Waffen nur zur Landesverteidigung einsetzen, nicht aber für einen Angriffskrieg, wie er jetzt in Afrin geschehe unter anderem mit deutschen Waffen. Hier hätte die EU Ansatzpunkte um die Türkei dazu zu bringen, den Angriff zu beenden und sich aus Nordsyrien zurückzuziehen. Wer jetzt schweige zu dem Angriff auf Afrin unterstütze und stärke die Türkei, so Salih Muslim.


Das kurdische Institut in Brüssel hat die Pressekonferenz als Video aufgezeichnet. Das Video steht hier zum Anschauen bereit:

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Salih Muslim, ehemaliger Co-Vorsitzende der PYD (Democratic Union Party) und jetziges Mitglied der Abteilung diplomatische Beziehung der TEV-DEM (Democratic Society Movement, dem Leitungsgremium der North Syria Federation) und

Riyad Derar (Suleman Alhmod), Co-Präsident der Democratic Syrian Council

Weitere Informationen zur Lage Afrin

Die aktuellen Entwicklkungen in Afrin und Informationen dazu aus nordsyrischer Sicht können auf den beiden folgenden Webseiten verfolgt werden.

Auf dem Webportal  „Information Center of Afrin Resistance“ stehen neben Fotostrecken und Landkarten regelmäßig aktualisierte Informationen in Englisch, Französisch und Spanisch zur Verfügung

In ähnlicher Weise stellen die Syrian Democratic Forces (SDF) Informationen in Englisch und Arabisch auf einem eigenen Webportal zur Verfügung.

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