Von Frederik D. Tunnat

Ist es nicht absurd, dass Superreiche Milliarden bunkern können, während der Rest der Gesellschaft in stetig wachsende soziale Unsicherheit, der Staat in immer beängstigendere Steuernot gedrängt wird?

Die Vermögenssteuer, 28 Jahre ausgesetzt, muss ihr Comeback erleben!

Nachdem die neue Grundsteuer eingeführt ist, fällt das entscheidende Argument der bisherigen Diskussion, sowie der vorgeschobene Grund für jede Bundesregierung, gleich welch parteipolitischer Zusammensetzung, fort, weiter ein absolut notwendiges Gesetz länger auszusetzen, und so dem Staat dringend benötigte Steuereinnahmen vorzuenthalten.

1997 wurde die Vermögenssteuer von der CDU/CSU/Liberale Regierung ausgesetzt, weil Kanzler Kohl zu faul war, das Gesetz den Anforderungen des Verfassungsgerichts anzupassen. Da dies mit 28 jähriger Verspätung inzwischen durch die Neuberechnung der Immobilienwerte geschehen ist, existiert keinerlei sachlich gerechtfertigter Grund mehr, die ausgesetzte Steuer nicht umgehend wieder einzuführen – speziell vor dem aktuellen Hintergrund der Notwendigkeit eines dringend erforderlichen höheren Steueraufkommens.

Deutschland, 2025: Jahrzehntelang konnten sich die Wohlhabenden geschickt vor der Vermögenssteuer drücken, mit regierungsamtlichem Segen sozusagen. Das Bundesverfassungsgericht stoppte sie 1997 wegen veralteter Bewertungsmaßstäbe, trug so aber indirekt zur Explosion der sozialen Ungleichheit in Deutschland bei. Doch nun sorgt die Grundsteuerreform dafür, dass die Richter kein Schlupfloch mehr finden dürften. Die geforderte  Bewertungsgrundlage für Immobilien ist gelegt – der Weg für das Ende der Aussetzung der Vermögenssteuer ist damit bundesverfassungsgerichtlich frei.

Wer die aktuellen steuerlichen Verrenkungen von SPD/CDU/CSU beobachtet, mit ausschließlichem Fokus auf dem Bürgergeld, muss sich mehr als nur die Augen reiben, ob der Ignoranz, ein nur ausgesetztes, also nicht einmal komplett neu einzuführendes Gesetz wieder in Kraft zu setzen!

Die vorgeschlagenen, längst diskutierten Modelle der Vermögenssteuer sind:

  • Freibeträge von 1 bis 2 Millionen Euro für Singles
  • 2 bis 4 Millionen für Ehepaare
  • genug, um nicht den kleinen Mittelstand oder Familien zu vernichten
  • je Kind großzügige zusätzliche Freibeträge von einer Million Euro

Der vorgesehene Steuersatz von 1 Prozent auf das verbliebene, fair bewertete Nettovermögen entspricht gigantischen 120 Milliarden Euro jährlich. Bei 1,5 % wären es bereits 180 Milliarden Euro; bei 2 % gar 240 Milliarden Euro. Welch lächerlich geringer Steuersatz – welch ungeheure steuerliche Hebelwirkung!

Geld, das seit 28 Jahren steuerschonend in den Taschen der Superreichen landet, könnte so endlich wieder dem Allgemeinwohl zufließen.

Schauen wir auf die nackten Fakten: Deutschlands Gesamtvermögen liegt bei rund 14 Billionen Euro. Zieht man die hohen Freibeträge und Befreiungen für Betriebsvermögen ab, bleibt ein steuerpflichtiges Vermögen von etwa 12 Billionen Euro übrig. 1 Prozent davon sind schlappe 120 Milliarden Euro; 2% wären 240 Milliarden Euro.

Allein diese bescheidene Summe an Vermögenssteuer entspricht ca. 30% des Bundeshaushalts von 2024. Ein steuerliches Aufkommen, das nicht nur dringend benötigt wird, sondern eine Zahl die zeigt, wie ungemein groß der Reichtum hierzulande tatsächlich ist. Ich frage mich, welches ernsthafte Argument Parteien oder die Bundesregierung dagegen noch vorbringen können?

Betriebsvermögen wird im aktualisierten Vermögenssteuergesetz clever geschützt, damit keine Arbeitsplätze gefährdet werden. Darüber hinaus aber muss Schluss sein mit trickreicher Steueroase, hartnäckigen steuerlichen Ausnahmen und übermäßig schützenden Freibeträgen für multinationale Konzerne. Hier und heute geht es mit der Wiedereinführung der Vermögenssteuer um Gerechtigkeit, eine Rücknahme der dadurch unbeabsichtigt ausgelösten skandalösen Umverteilung von unten nach oben, die Deutschland seit 28 Jahren immer negativer prägt.

Die Politik Deutschlands steht vor ihrer historischen Gerechtigkeitsfrage wie einem nur kurzem Kraftakt: doch scheinbar ist gegenwärtig keine Partei mutig genug, das überfällige Thema anzupacken. Dabei ist die Botschaft so einfach wie unumstößlich: Wer sich über 28 Jahre staatlich sanktioniert erheblich bereichern konnte, sollte endlich wieder – wie bis vor 28 Jahren – seinen fairen Anteil zu unserem Gemeinwesen beisteuern: zur Bewältigung der aktuell gewaltigen Krisen, wie zur Sicherung des Sozialstaats, sowie zur dringend erforderlichen Zukunftssicherung unserer Demokratie und Gesellschaft.

Die Zeit fauler Kompromisse ist vorbei! Die Vermögenssteuer muss wieder erhoben werden!

Deutschlands recycelte Vermögenssteuer wäre der ultimativ erforderliche Befreiungsschlag für die Mehrheit unserer Bevölkerung, jene, die noch daran glauben, dass soziale und steuerliche Gerechtigkeit mehr ist als ein frommer Wunsch.

Titelbild:  Romain CC BY-SA 2.0 DEED via FlickR

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