Beitrag von Vesna Caminades

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

Eigentlich wollte ich diesen Beitrag über ein Brauchtum schreiben. Jawohl, über das berüchtigte Yulin Dog Meat Festival. Die Organisatoren haben es zur Tradition erhoben, nachdem weltweit Protest dagegen laut wurde. Was ist dieses makabre „Hundefleischvolksfest“ wie wir es hier in unseren Breitengraden nennen würden? Hier Wiki dazu:

„Das Hundefleisch-Festival findet seit 2009 jährlich vom 21. bis zum 30. Juni im chinesischen Yulin im Autonomen Gebiet Guangxi der Zhuang anlässlich der Sommersonnenwende statt. Als Hauptattraktion wird das Fleisch von rund 10.000 eigens für das Festival geschlachteten Hunden und auch einigen Katzen verspeist. Das Fleisch wird auf dem Fest unter anderem mit Litschis und Likör serviert.“

Das klingt also nach etwas sehr Urigem und Sehenswertem, etwas was man in einem Reiseführer wiederfinden könnte. Leider geht es dabei sehr grausam zu. Dieser Artikel von Rove berichtet über die Ausgabe 2021:

„rove.me will dieses Ereignis nicht fördern, sondern das Bewusstsein für dieses Phänomen schärfen. Das Silencing wird es nicht stoppen. Nur öffentlicher Druck und Empörung wird. (…) Obwohl das Festival im Jahr 2009 begann, wird das Essen von Hundefleisch als eine alte chinesische Tradition angesehen. Chinesische Praktizierende der Volksmedizin dachten, dass Hundefleisch die beste Lösung gegen Sommerhitze ist, obwohl es keine physiologischen oder medizinischen Beweise gibt, um es zu unterstützen. Während des 10-tägigen Festivals werden Hunde (und auch Katzen) in Metallkäfigen und Holzkisten ausgestellt. (…) Dank internationalem Druck ist die Zahl der Hunde, die während des Yulin Dog Meat Festival geschlachtet wurden, erheblich zurückgegangen, und es besteht die Hoffnung, dass das Festival vollständig verboten wird.“

Es gibt auch zahlreiche Videos im Netz dazu, die wohl die wenigsten imstande und willens sind, anzuschauen. Ja, denn niemand sieht gerne Hunde zu Dutzenden in kleinen Gitterkisten zusammengepfercht bei brütender Hitze kilometerweit herum transportiert. Ohne Wasser und ohne Futter. Panik im Blick. Hunde, die anschließend zusehen müssen, wie ihresgleichen herausgezerrt werden, um vor ihnen am lebendigen Leib gehäutet zu werden, geschlagen, verbrannt, immer lebendig. Denn so wird das Fleisch köstlich. Und weltberühmt, um Touristen anzuziehen. Hunde und Katzen, die als Streuner eingefangen werden. Hunde und Katzen, die aber auch Eigentümern gestohlen wurden, denn einige Hunde tragen beim Häuten – am lebendigen Leib – noch das Halsband. Und das geht zehn Tage lang so weiter – ununterbrochen. Öffentlich – halb öffentlich – geduldet und versteckt. Aber es geht weiter. Alle Jahre wieder. Und jedes Jahr erscheinen so ungefähr ein Monat vor dem traurigen „D-Day“ – dem 21. Juni – Anzeigen im Internet, wo Advocacy-Gruppen berichten, dass irgendwo in China an einem Gesetz gearbeitet wird, um diesen Brutalitäten den Garaus zu machen. So wie hier. Aber, wie per Magie, wiederholt sich alles endlos. Endlos wie die Angst, der Schmerz und das schreckliche Schicksal dieser Tiere.

Auch heuer wird dieses furchtbare Ritual wiederholt und auch heuer werden wieder Zig-Tausende Hunde und Katzen auf brutalste Art und Weise gezüchtet, gestohlen, transportiert, manipuliert, gefoltert und umgebracht.

Eigentlich könnte dieser Satz auch in einem meiner anderen Beiträge sehr gut hineinpassen. Irgendwo wo es um Lammfleisch geht, welches wir so sehr zu Ostern lieben, oder wo es sich um Kalbsleder dreht, welches wir so gerne unter unserem Gesäß im Auto spüren.

Wie meinte einst Paul Mc Cartney übrigens? „Wenn Schlachthäuser Glaswände hätten, wäre jeder ein Vegetarier.“ (Paul McCartney)

Ja, entsetzliche Handlungen, die sich in der ganzen Welt wiederholen. Dann ist wieder ein Jahr lang nichts zu hören, und all die armen Hunde und Katzen sind in Vergessenheit geraten. Die wenigsten wissen aber, dass dies nicht nur in Yulin zehn Tage lang passiert, nein, das ist in Asien leider üblich, auch sonst unterm Jahr.

Warum ist aber dieses Festival vor zehn Jahren entstanden? Hatte das chinesische Volk ein Manko an Tradition? Schwierig zu glauben. Hatten sie zu viele Hunde und Katzen? Das kann schon eher stimmen. Hatte dieses kleine Dorf Yulin nicht genügend wirtschaftliche Einnahmen? Klingt bereits logischer. Haben sie nach einer Methode gesucht, um Touristen vor allem aus dem Westen anzuziehen? Ja, das ist die traurige Wahrheit. Leider sind Besucher aus dem Ausland gierig nach Sensation und bald sind die Sehenswürdigkeiten, die wir im üblichen Dumont-Reiseführer finden, nicht mehr aufregend genug. Der Tourist braucht Adrenalin, Erfahrungen, an die man sich das ganze Leben erinnern kann, Souvenirs, die den eigenen kulturellen Horizont erweitern… Und was könnte da unvergesslicher sein, als dass ein Hund vor einem am lebendigen Leib gehäutet und verbrannt wird? Damit durch das Leiden und die Panik, das Fleisch noch bekömmlicher wird? Welch einmalige Sensation! Für den Touristen vielleicht, aber nicht für die Millionen Tiere, die wegen Geldgier so elendiglich zu Grunde gehen müssen.

Ja, es stimmt, eigentlich wollte ich den heutigen Artikel nur über das Yulin Dog Meat Festival schreiben, damit diese Tieropfer nicht in Vergessenheit geraten. Und Ihnen berichten, dass endlich alles verboten ist, dass es kein Hundefleischvolksfest mehr gibt. Aber leider nein, es wird in genau einer Woche beginnen. Schande über uns, wenn wir uns abwenden und einfach so tun, als gäbe es das alles nicht.

Doch was hat dieses Festival und all die anderen Hundevolksfeste in ganz Asien mit anderen „Bräuchen“ im Westen gemeinsam? Nun, ich würde sagen, die Hitze. Wie bitte?

Klar doch. Nehmen wir das große spanische Fest „El toro jubilo“. Hier ein Video für all diejenigen unter Ihnen, die dieses Highlight aus Medinaceli in Spanien nicht kennen.  Was kann es Aufregenderes geben, als einen Stier, der bei Nacht mit flammenden Hörnern durch das Dorf düst? Nur, dass der Stier damit nicht wirklich einverstanden ist. Wie Ksta (Kölner Stadtanzeiger) 2016 schreibt „Dem Tier bleibe nach dem Anzünden nichts anderes übrig, als vor Schmerzen loszurennen, legte Peta dar. Die Stiere laufen anschließend gegen alles, was ihnen in den Weg kommt, um das Feuer zu löschen.“ Was wird aus dem Tier? Dies kann oft mehrere Stunden dauern, in denen das Tier furchtbare Angst und höllische Schmerzen erleidet, bis es qualvoll stirbt. Siehe hier!

Hier gibt es übrigens eine Petition von PETA, um dagegen zu protestieren. Ich habe eben gerade unterschrieben. In diesem kurzen, aber aussagekräftigen Artikel darüber wird klar gesagt, was jeder von uns dagegen unternehmen kann – sofern wir effektiv dagegen sind: Den Besuch von Städten wie Medinaceli meiden. Denn welcher Mensch möchte schon gerne sein Urlaubsgeld in einer Stadt lassen, die sich am Leid unschuldiger Stiere ergötzt? Ich will hinzufügen, vermeiden ist eine Sache, doch über solche Dinge muss man reden, damit es bekannt wird und hoffentlich möglichst viele Menschen abschreckt, damit dieser brutale Lauf nicht mehr ausgetragen werden kann.

Aber gehen wir einen Schritt weiter. Wo gibt es sonst noch Brauchtum, das wir lieben, wo es den Tieren durch Wärme oder eher unerträgliche Hitze an den Kragen geht? Genau, Sie haben es erraten! Wenn wir unseren geliebten Hummer oder die kleinen köstlichen Schnecken verzehren wollen. Anscheinend müssen sie am besten lebendig in kochendes Wasser, damit sie zum Schluss möglichst köstlich zugerichtet werden können. Ich finde nicht die richtigen Worte, um auszudrücken, wie widerwärtig ich das alles finde! Hier ein Tutorial für Anfänger: Hummer auf ein Schneidebrett legen und mit dem Griff eines Messers einen Schlag auf den Kopf des Hummers geben, um ihn zu betäuben. Anschließend mit dem Kopf nach unten in den Topf geben und abgedeckt erneut zum Kochen bringen. Dann den Deckel vom Topf nehmen und für ca. 4 Min. köcheln lassen.

Vor allem die Betäubung muss wohl bei allen Hobbyköchen perfekt auf den ersten AnHIEB funktionieren, nehme ich an. Und sonst? Nun, der Hummer muss soundso kopfüber ins siedende Wasser, denn das ist wohl die „menschlichste“ Art, ihn zu töten – man erspart ihm somit das Leiden! Der Mensch versucht in manchen Fällen die Misshandlung und Brutalität an Tieren so menschlich wie möglich zu gestalten, damit die Tiere ja nicht draufkommen, dass sie gleich schrecklich leiden müssen. Und vielleicht kann man sich bei der Gelegenheit noch fragen: empfindet denn ein Hummer oder eine Schnecke überhaupt Schmerzen? Na, eh nicht … Oder?

So, nach einigen Überlegungen, fällt mir da noch ein Beweis menschlicher Wärme gegenüber Tieren ein. Eine Handlung, die leider zu oft vorkommt – manchmal unüberlegt und manchmal trifft es Kinder. Oh du Schreck! Was ist das? Nun ja, wenn wir ganz kurz aus dem Auto müssen und unsere Liebsten, nur für ein paar Minuten dort lassen (oder manchmal vergessen). Das Problem dabei ist, dass sich die Temperatur im Wagen exponentiell entwickelt, und was wir draußen spüren, ist bereits für den Insassen unerträglich. Und wenn es für uns zu heiß wird, dann ist unser Vierpfotenfreund mit aller Wahrscheinlichkeit bereits in Ohnmacht oder verendet. Hier einige Erklärungen von „The Handyman“, wie die Hitze sich im Auto entwickelt. Und hier ein Artikel von Focus dazu. Klarerweise besteht die Frage immer, darf die Scheibe eingebrochen werden oder nicht? Ich möchte mal provokativ sagen, bei einem Kind ist das unsere Pflicht und niemand kann uns etwas sagen. Bei einem Tier kann schon ein Zögern kommen: und wenn ich dann den Schaden zahlen muss? Und wenn der Besitzer auftaucht? Und wenn… Und inzwischen ist der Hund erstickt – Problem gelöst? Scheibe einschlagen oder nicht – das bleibt jedem von uns überlassen. Sollten Sie sich in einer solchen Situation befinden, dann rufen Sie aber möglichst Hilfe, um auch Zeugen zu haben.

Das sind also nur einige Beispiele von Tierquälerei, die mit Hitze zusammenhängt. Was mich dabei besonders interessiert, ist die Frage: wie können Menschen soweit kommen? Was bringt eine Person dazu, so unsensibel zu sein, so brutal, so grenzenlos pervers, all das einem hilflosen Tier anzutun? Das ist ein so weitreichendes Thema, das ich mir vorgenommen habe, einmal darüber genauer nachzuforschen. Doch beim Stöbern im Internet bin ich auf diesen Artikel von RTL.de 2020 gestoßen „Warum quälen Menschen Tiere“?

„Immer wieder gibt es Fälle, bei denen Menschen Tiere quälen, die ihnen zumal noch deutlich unterlegen sind. Wie im Video, in dem zu sehen ist, dass Jugendliche eine Baby-Robbe mit Steinen quälen. Warum tun Menschen das? Wir haben die Systemische Beraterin Ruth Marquardt gefragt. Das Tier funktioniert in diesem Augenblick wie ein Blitzableiter.  Nicht selten nehmen Täter auch Alkohol oder andere Drogen zu sich oder sie leben an Tieren ihre sadistischen Phantasien aus.“

Besonders erschreckend finde ich, wenn es sich um Kinder handelt, die ein Tier brutalisieren. VierPfoten spricht in diesem Artikel vom Zusammenhang zwischen häuslicher Gewalt und Misshandlung von Tieren. Das muss klarerweise keine Entschuldigung sein, aber wenn ein Kind bereits selbst so viel Schlimmes mitmachen muss, wen wundert es dann, wenn es früher oder später emotional explodiert?

„Tierquälerei und Gewalt in der Familie müssen in einem Zusammenhang gesehen werden, da die Taten oft miteinander verbunden sind. Gewalt an Tieren kann auf Gewalttaten an Menschen (meist Familienmitglieder) hinweisen.“

Und hier noch:

„Wo Tiere missbraucht werden, sind Menschen in Gefahr. Wo Menschen missbraucht werden, sind Tiere in Gefahr.“

Besonders beeindruckend finde ich aber diesen Artikel hier aus Die Presse 2012:

„Die Polizeibehörden vernachlässigen bisher die Aufklärung von Gewaltverbrechen gegen Tiere: ein fatales Versäumnis!“ (…) „So wird in Österreich munter drauflos gequält, regelmäßig werden Pferde auf Weiden mit Eisenstangen oder Lanzen schwer verletzt, Katzen die Pfoten abgeschnitten, sie werden verbrannt und ertränkt, mit Drillingshaken versehene Hundeköder werden ausgelegt etc. Die Liste der nahezu täglichen, unsäglichen Grausamkeiten gegen Tiere ließe sich endlos fortsetzen.“ Nur als Anmerkung: hier spricht man von Österreich, leider findet man diesen Gräuel in sehr vielen anderen Ländern auch.

Dieser Artikel von Focus 2014 versucht, die Ursachen für Tierquälerei zu erkunden: Sadismus, manchmal mit sexuellem Hintergrund, aus Überforderung, Tiere als Blitzableiter, um nur einige Gründe zu nennen.

„Es ist nicht nur die Lust am Quälen, die manche Menschen dazu bringt, Giftköder für Hunde auszulegen, Katzen in Drahtschlingen langsam zu erdrosseln und Stuten mit Messern zu verletzen. Psychologen unterscheiden fünf Tätertypen.“

In diesem Beitrag von Tierwelt.ch 2018 geht es um die Frage, wie Kinder zu Tierquälern werden. Das ist Thema, das mit besonders am Herzen liegt, denn ich bin überzeugt, dass die große Hoffnung gegen Tiermisshandlung Kinder und Jugendliche sind, die dahingehend sensibilisiert werden, Tiere zu respektieren.

„Grundsätzlich ist die Biophilie, also die Liebe zu allem Lebendigen angeboren, ein Urinstinkt, sodass jeder Mensch erst einmal eine Affinität zu Tieren hat. Kleinstkinder sollen sich sogar für nichts mehr interessieren als für Tiere. In welche Richtung sich diese Neigung entwickelt, hängt von ihrer Umwelt, ihren persönlichen Erlebnissen und ihren Vorbildern ab, sprich im Normalfall von den Eltern. Schrecken diese beispielsweise vor jedem Hund zurück, wird der Nachwuchs mit hoher Wahrscheinlichkeit auch eine Angst entwickeln.“

Es gibt im Internet Videos jeder Art, die Kinder und Jugendliche bei schlimmsten Tiermisshandlungen zeigen. Verzeihen Sie mir, ich will aber diese Videos hier nicht hinzufügen. Dafür möchte ich lieber auf diese Seite von PETA hinweisen, wo die Möglichkeit besteht, auf anonyme Art und Weise Tierquälerei zu melden:

Wird es jemals eine Welt ohne Tiermisshandlung geben? Das ist leider nicht eines der „sustainable development goals“ oder eine der weitreichenden Absichten der Europäischen Kommission. Also bleibt nichts anderes übrig, als ständig wieder darauf hinzuweisen und zu hoffen, dass ja viele Menschen durch Lesen und Reden über Missstände informiert werden. Besonders wichtig ist es, Kinder und Jugendliche mit dem Wert großzuziehen, Tiere zu respektieren. Bitte reden Sie darüber mit Freunden und Familie – es ist noch ein langer Weg vor uns!

Und zur Abwechslung möchte ich mit einigen Zitaten abschließen … eines gefällt Ihnen sicher! (Quelle) Vielen Dank – IAMA

„Weh dem Menschen, wenn nur ein einziges Tier im Weltgericht sitzt.“ (Christian Morgenstern)
„Man hat nicht ein Herz für Menschen und eines für Tiere. Man hat ein einziges Herz oder gar keins.“ (Alphonse de Lamartine)
„Mensch, erhebe dich nicht über die Tiere: Sie sind sündlos, du aber mit deiner Erhabenheit befleckst die Erde.“ (Fjodor Michailowitsch Dostojewski)
„Die Tiere empfinden wie der Mensch Freude und Schmerz, Glück und Unglück.“ (Charles Darwin)
„Solange Menschen denken, dass Tiere nicht fühlen, müssen Tiere fühlen, dass Menschen nicht denken.“ (Unbekannt)
„Wer grausam gegen Tiere ist, kann kein guter Mensch sein.“ (Arthur Schopenhauer)

Titelbild: White Hummer by DFSB-DE CC BY-NC 2.0 via FlickR

Wer Fragen oder Anregungen zu diesem Thema an Vesna Caminades hat, kann sich unter dieser E-Mail-Adresse an sie wenden: iama4iwannaknow |et| gmail.com oder Mobile Phone +32488617321.

Zu den weiteren Artikeln von Vesna Caminades zum Thema Tierschutz und Tierrechte bitte hier klicken!

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