Von Manel Msalmi, Brüssel

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Anlässlich der jüngeren Entwicklungen im Iran fand am 30. Januar 2020 eine Konferenz der arabischen Widerstandsbewegung für die Befreiung von Ahwaz in Kooperation mit der EVP im Europäischen Parlament in Brüssel statt, um die Frage von Ahwaz und auch die der kurdischen Minderheiten zu thematisieren. Einer der Redner war Habib Jabor, der Präsident der ASMLA-Organisation, ein weiterer Saleh Kamrani, ein iranisch-aserbaidschanischer Anwalt und Menschenrechtsaktivist, der 2006 im Ervin-Gefängnis inhaftiert war, weil er iranische Aserbaidschaner verteidigte, was ihn an der Ausübung seines Berufes und an der Wahrnehmung seines Engagements zur Verteidigung von Menschenrechten und Meinungsfreiheit hinderte.

Habib Jabr, Leiter der Bewegung für die Befreiung von Ahwaz, wurde in der Stadt Souss geboren und wuchs dort auch auf. Er erlangte 1970 einen Master-Abschluss in Geschichte und arbeitete zunächst als Lehrer und dann als Schulleiter einer Schule in der Hauptstadt Al-Ahwaz. Dort entwickelte er ein Bewusstseinsbildung für die Bedeutung der Bewahrung der arabischen Identität und Sprache, die die iranische Besatzung zu vernichten versuchte ebenso wie die Kultur und ihren Charakter. Er gründete 1999 mit einer Gruppe von ahwazischen Aktivisten die Arabische Bewegug zur Befreiung von Al-Ahwaz, die als Untergrundorganisation innerhalb des besetzten Al-Ahwaz-Territoriums operierte. 

Im April 2005 wurde die Gruppe zu einem wichtigen Element in der Bewegung, aufgrund der Enthüllung des Besatzungsplans, der auf eine Umsiedlungspolitik abzielte und als Dokument von Abtahi bekannt wurde und von den Sicherheitskräften der Besatzungsmacht vorangetrieben wurde.

Er setzte seinen Kampf mithilfe seiner Verbindungen zu den Führern der Bewegung in Al-Ahwaz fort und trug als Präsident der Bewegung zur Neustrukturierung der Aktivitäten der Bewegung im Ausland bei – er zog 2007 nach Dänemark und erhielt dort Asyl.

Nach Aktivitäten der Bewegung im In- und Ausland, ihren internationalen Konferenzen und verschiedenen Veranstaltungen zur Information über die Situation der Al-Ahwaz versuchte das iranische Regime 2018, ihn in Dänemark zu ermorden. Die dänische Regierung informierte auf einer Pressekonferenz in Kopenhagen über den Attentatsversuch. Er setzte seinen nationalen Kampf unter dem besonderen Schutz der dänischen Sicherheitsbehörden fort. Das iranische Regime drängte die dänische Regierung Anfang Februar 2020 wenige Tage nach der Konferenz des Europäischen Parlaments, ihn unter dem Vorwand der Spionage für Saudi-Arabien zu verhaften.

New Yorker Kongress

Die ASMLA-Bewegung wird von der Regierung der Vereinigten Staaten anerkannt und wurde zur internationalen Konferenz eingeladen, die vom 24. bis 25. September 2019 in New York unter dem Titel “Die Zukunft der iranischen Geographie” in Verbindung mit der 74. Generalversammlung der Vereinten Nationen stattfand.

Neben den Alawaz wurden weitere Gruppen eingeladen, die in Opposition zum iranischen Staat stehen, wie die türkischen Azaris, Kashiqis, Belutschen und Kurden sowie andere Gruppen, die mit dem iranischen Regime imKonflikt sind und die in den USA als iranische zivilgesellschaftliche Organisationen betrachtet werden. 

Prominente internationale Persönlichkeiten wie Mike Pompeo, US-Außenminister, Brian Hook, Joseph Lieberman, Mark Wallace, der deutsche Botschafter in Amerika und der ehemalige New Yorker Bürgermeister Rudi Giuliani waren anwesend.  Diese Konferenz war ein wichtiger Schritt, um den Bestrebungen der Minderheiten in der Region gerecht zu werden und die Menschenrechte und die Menschenwürde zu unterstützen.

Das Überleben von Minderheiten im Iran

An den Rand einer Gesellschaft gedrängt, in der die persische und schiitische Identität im Mittelpunkt steht, sind Kurden, Araber und sogar Belutschen Diskriminierung und Rassismus ausgesetzt.

Die Minderheiten im Iran machen zwischen 40% und 50% einer Bevölkerung von 80 Millionen Menschen aus. Sie sind die Erben einer langen, von Diskriminierung geprägten Geschichte.

Viele sind mit prekären Lebensbedingungen konfrontiert, die durch die erzwungene Schließung ihrer Unternehmen, durch Hindernisse bei der Wohnungssuche, der Beschäftigung und der Bildung gekennzeichnet sind.

Die Diskriminierung gegen sie ist gesetzlich verankert. So sieht Artikel 115 der Verfassung vor, dass nur ein Schiit Zugang zum Präsidenten der Republik hat.

Andere Artikel verwehren ihnen das Recht, ihre Sprache in Schulen, Universitäten und den Medien zu verwenden.

Diese kulturelle Prüfung ist eine Quelle von Spannungen mit der Zentralregierung.  Im April 2018 wurden fast 400 Ahwazis wegen der Teilnahme an Protesten verhaftet, die als Reaktion auf die Ausstrahlung einer Kindersendung im öffentlichen Fernsehen stattfanden, die die arabische Bevölkerung von der Landkarte des Landes ausradiert hatte.

Das Regime begründet die Marginalisierung von Minderheiten mit einem Diskurs, der sie zu “inneren Feinden” erklärt. Mit der gleichen Rhetorik wie in der Außenpolitik wird in der Islamischen Republik eine politische Komplottbildung beschworen.

So sehen die Behörden hinter den letzten Demonstrationen gegen die Regierung eine Verschwörung, die von den Vereinigten Staaten mit Hilfe von Oppositionsgruppen organisiert wird, von denen einige Minderheiten angehören, wie die Kurden im Nordwesten oder die Araber im Süden.

In den offiziellen Medien stellt das Regime die Region Khuzestan oft als Brutstätte des “Terrorismus” dar, als Nährboden feindlicher sunnitischer Extremistengruppen, die Terror finanzieren und fördern.

Während alle Iraner heute von der Wirtschaftskrise hart getroffen werden, sind Minderheiten noch stärker betroffen, da sie seit Jahren benachteiligt werden. 

Dies trifft auf die Belutschen zu, die in der an Afghanistan und Pakistan grenzenden Region Sistan-Balochistan, der ärmsten Provinz des Landes, leben. 

Die meisten von ihnen sind Sunniten, die meisten leben unterhalb der Armutsgrenze.  Dies gilt auch für die kurdischen Regionen, die zu den am wenigsten entwickelten im Iran gehören.  Gleiches gilt für Khuzistan, ein Gebiet, das reich an Öl und Gas ist und dessen Bevölkerung von diesen Ressourcen kaum profitiert.

Auch wenn die politische und wirtschaftliche Ausgrenzung von Minderheitengruppen bis in die Zeit des ehemaligen Monarchen Reza Schah Pahlavi (1878-1944) zurückreicht, so markierte doch die Gründung der Islamischen Republik im Jahr 1979 einen Wendepunkt.

Während das vorherige Regime darauf abzielte, das Land kulturell zu homogenisieren und gleichzeitig in den Westen zu integrieren, behält die Ideologie, die ihm folgt, die persische Zentralität zwar bei, allerdings in einem schiitischen theokratischen Rahmen.

Was die aserbaidschanische Minderheit, die größte des Landes, anbelangt, so identifiziert sich ein großer Teil von ihr, obwohl auch sie unter sprachlicher Diskriminierung leidet, mit der Zentralregierung, insbesondere seit der Wahl von Ali Khamenei.

Seit ihrer Gründung war die Europäische Union immer ein Verfechter der Menschenrechte, der Redefreiheit und eine Verteidigerin gefährdeter Minderheiten. Den Minderheiten die Möglichkeit zu geben, über ihren Kampf und ihr Leid unter dem iranischen Regime zu sprechen, ist ein Beleg dafür, dass die Redefreiheit einer der wichtigsten Werte der Europäischen Union ist.

Titelbild / Fotos: privat

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