Die EU-Copyright-Richtlinie, die einen Großteil der EU-Urheberrechtsharmonisierung regeln soll, fand Mittwoch Abend nach langen Verhandlungen eine Einigung im sogenannten Trilog zwischen Parlament, Rat und Kommission.

Die rechtliche Erfassung der Digitalisierung unserer Gesellschaften ist ein schwieriges Unterfangen. Denn hier treffen eben neue Technologie auf ein Denken, das noch stark verhaftet ist in den Zeiten vor dem Internet.

Das zeigt sich auch an der langwierigen und heftigen Debatte um die EU-Copyright-Richtlinie. Im Mai 2018 hatte das Europäische Parlament eine Version der Richtlinie abgelehnt, in der so genannte Upload-Filter und vorgesehen waren und Regelungen zum Urheberrechtsschutz, der vor allem Auswirkungen auf das Verlinken von Texten hätte.

Darauf hin begann eine erneute langwierige Verhandlung zwischen dem Europäischen Parlament, dem EU-Rat und der EU-Kommission, ein so genannte Trilog, um zu einem Kompromiss zu kommen. Anfang dieser Woche hieß es, dass die Trilog-Verhandlungen nun zu einem Abschluss gekommen seinen. Der Berichterstatter des Europäischen Parlaments, der deutsche CDU-MdEP Axel Voss, so heißt es jetzt, hat sich mit seinen wirtschaftsfreundlichen Vorstellungen im Trilog gegen die massive Kritik von Netzaktivisten durchsetzen können.

Die VG Wort (Verwertungsgemeinschaft Wort), die die finanziellen Interessen von Autor*innen in der Bundesrepublik vertritt, begrüßte dieses Ergebnis in einer Pressemeldung von 14. Februar 2019 ausdrücklich.

Ob es bei dieser wirtschaftsfreundlichen aber von Netzaktivisten und Star-Ups heftig kritisierten Kompromisslösung bleiben wird, das wird die endgültige Abstimmung im Europäischen Parlament zeigen, die im März oder April d.J. stattfinden soll. Für die Kritiker bleibt nur die Hoffnung, dass sich erneut eine Mehrheit des Europäischen Parlaments gegen diese Richtlinie ausspricht.

Die österreichische sozialdemokratische MdEP Evelyn Regner hat bereits getwittert, dass die österreichischen Sozialdemokraten für ein offenes Internet stehen und die Copyright-Richtlinie ablehnen werden.

Da stellt sich die Frage, wo die deutschen Sozialdemokraten stehen.

Die zur Grünen-Fraktion gehörende deutsche „Piratin“ Julia Reda, eine der profiliertesten Fachpolitiker*innen zu diesem Thema im Europäischen Parlament, hat sich stets gegen die jetzt in der Kompromisslösung enthaltenen Regelungen ausgesprochen. Es ist davon auszugehen, dass die grüne Fraktion im EP ihr weitgehend folgen wird.

Auch die linke Delegation im Europäischen Parlament hat nimmt eine ablehnende Haltung zu der Copyright-Richtlinie ein. Die linke MdEP Martina Michels, Unterhändlerin der Stellungnahme zur Urheberrechtsrichtlinie im EP-Kulturausschuss (CULT) kommentiert das Ergebnis:

“Wenn das Parlament nun auch grünes Licht erteilt, werden die Zensurmaschinen im Internet bald Realität für alle Internetnutzer*innen in der EU. Kurzzeitig sah es so aus, als ob sich die Mitgliedstaaten nicht einigen und Bertelsmann und andere Verbände der Musikindustrie den derzeitigen Kompromiss angreifen würden, weil ihnen die absurden Einigungen wiederum nicht weit genug gingen und Ausnahmen für Start-ups und kleine Unternehmen schon zu viel der Innovation waren. Doch auch wenn die Großlobbyisten nicht in den Verhandlungsrunden sitzen, scheint ihr Druck so enorm, dass sie ihre Wünsche durchsetzen konnten und am Ende die Verantwortung bei den Europaabgeordneten liegt, diesem Wahnsinn ein Ende zu bereiten.

Obwohl schon jetzt Upload-Filter die Meinungsfreiheit durch overblocking einzuschränken drohen[*], wollen viele Konservative, dass diese absurde Maschinerie verpflichtend wird und unsere gewohnte Internetkommunikation dadurch verödet.

Das absurdeste daran ist jedoch, dass in Deutschland im Koalitionsvertrag der regierenden Parteien Upload-Filter als unverhältnismäßig abgelehnt werden, Abgeordnete aus Deutschland in Brüssel aber verbittert dafür kämpfen und die eigenen Abmachungen missachten. So organisiert man Demokratieverdrossenheit und Vertrauensverlust in die Politik insgesamt.

Nun sind die Abgeordneten des Europaparlaments noch einmal am Zug, dem erzielten Ergebnis Einhalt zu gebieten und die denkbar unsinnigste Harmonisierung des Urheberrechts in der EU zu stoppen. Wir unterstützen deshalb Wikimedia, Bibliotheken, aber auch Kreative und vor allem Nutzerinnen und Nutzer, die auch nicht sehen, dass Urheber*innen sie auf diese Weise zu einem gesicherten Einkommen gelangen lassen. Unsere Abgeordneten werden, wie im September 2018, gegen Artikel 13 (und 11) stimmen und wir werden weiterhin die SaveTheInternet-Kampagne mittragen, auch wenn tausende Mails in einer Nacht das Arbeiten nicht gerade vereinfachen. Doch immerhin haben schon fast fünf Millionen Menschen unterschrieben und auch das gehört in die öffentliche Debatte.”

[*]Der bekannteste Fall in Deutschland war die ausgebremste Kampagne von Pinkstinks, deren eigener Kampagnensong im Zitat durch RTL natürlich nicht von solch einem Filter als Zitat, sondern als Urheberrechtsverletzung ‚erkannt‘ wurde.

Titelbild: Data-Center | Foto: CommScope CC BY-NC-ND 2.0

Link zum Thema

Eine kurze und verständliche Darstellung des Konfliktes, um den es im wesentlichen bei der EU-Copyright-Richtlinie geht, bietet der Wiener Standard in den beiden Artikeln “Was das neue EU-Urheberrecht für die Nutzer bedeutet” und “EU-Urheberrecht: Einigung auf Uploadfilter und Leistungsschutzrecht” vom 14.02.2019.

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