Die belgische Arizona-Regierung (der Name leitet sich von den Parteifarben der fünf Koalitionsparteien ab – gebildet wird sie von den flämischen und wallonischen Christdemokraten, den wallonischen Liberalen, den flämischen Sozialdemokraten und den flämischen Nationalisten) muss den föderalen Haushalt Belgiens konsolidieren. Dazu drängt sie u.a. der EU-Stabilitätspakt. Während die flämischen Sozialdemokraten eine höhere steuerliche Belastung hoher Vermögen fordern, um den Haushalt über die Einnahmeseite zu konsolidieren, setzt der belgische Premierminister und Regierungschef Bart De Wever (N-VA) – mit Unterstützung des Vorsitzenden der wallonischen Liberalen (MR), Georges-Louis Bouchez – stärker auf Ausgabenkürzungen. Die treffen natürlich auch die Sozialausgaben. Die strittigsten Kürzungen betreffen die bisher unbefristet gezahlte Unterstützung für Arbeitslose, die ab 2026 auf zwei Jahre zeitlich beschränkt werden soll, und die Erhöhung des Rentenalters von 65 auf 67 Jahre. Gleichzeitig steht die Forderung der NATO im Raum, die Verteidigungsausgaben bis auf fünf Prozent des BIP zu erhöhen.
Der sozialistische belgische Gewerkschaftsbund ABVV (Algemeen Belgisch Vakverbond = Allgemeiner Belgischer Gewerkschaftsbund) hat die Forderungen in seinem Aufruf zur Teilnahme an der Protestaktion am 14. Oktober 2025 die Forderungen an die Regierung so zusammen gefasst:
14. Oktober: Sie spalten, wir vereinen!
Die Zivilgesellschaft bildet eine gemeinsame Front gegen Arizona. Am 14. Oktober schließen sich Gewerkschaften, zivilgesellschaftliche Organisationen, Arbeitnehmer, Pflegekräfte, Lehrer, Künstler und Bürger in Brüssel zusammen, um gegen das Abbauprogramm der Arizona-Koalition zu protestieren.
Diese Regierung walzt unsere kollektiven und grundlegenden Rechte nieder. Soziale Sicherheit, öffentliche Dienstleistungen, das Recht auf Protest, soziale Demokratie, unabhängige Justiz … Nichts ist sicher oder heilig für De Wever und Bouchez. Unterdessen werden Milliarden für Militärdrohnen und Flugzeuge ausgegeben, und die Reichen sehen ihre Gewinne und Vermögen wachsen.
Gegen diese Politik der Ausgrenzung, Kontrolle und Sanktionen lehnt sich die Zivilgesellschaft auf.
Wir lehnen ein Modell ab, das Menschen in unsichere Situationen bringt, Arbeitslose stigmatisiert und die Schwächsten unsichtbar macht.
Wir haben eine andere Vision von Gesellschaft: eine Vision von Solidarität, Gleichheit, Würde und Fürsorge.
Eine Gesellschaft, die in Menschen investiert, nicht in Waffen.
Eine Gesellschaft, in der der ökologische Wandel Hand in Hand mit sozialer Gerechtigkeit geht.
Neben dem ABVV haben auch andere Gewerkschaften, Parteien und zivilgesellschaftliche Organisationen zur Teilnahme aufgerufen gehabt. An der Demonstration am 14. Oktober haben zwischen 80000 (Polizeiangaben) und 140000 (Veranstalterangaben) Menschen teilgenommen. Es war eine der großen Demos in Brüssel. Setzt man die Größe der Demo ins Verhältnis zur Bevölkerungszahl in Belgien (ca. 11 Millionen Einwohner) und Deutschland (ca. 85 Millionen Einwohner) dann müsste eine vergleichbar große Demonstration in Deutschland zwischen etwa 600000 und knapp einer Million Teilnehmer zählen.
Auf Belgieninfo gibt es zwei unterschiedliche detaillierte politische Einordnungen der Demo: einmal von Michael Stabenow „Großer Protestmarsch gegen die Sparpolitik der Arizona-Regierung“ und einmal von Thomas A. Friedrich „Demonstrationen und Streiks in Belgien – die Kehrseite der Medaille“.
Hanna Penzer, die bereits die Fotos für die beiden Beiträge auf Belgieninfo die Fotos beigesteuert hat, dokumentiert die Demonstration hier noch einmal fotografisch.
Fotogalerie
Alle Fotos: Copyright Hanna Penzer (2025)
Titelbild: Copyright Hanna Penzer (2025)
Auch ein Blog verursacht Ausgaben ...
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