Rob Hopkins
Rob Hopkins ist einer der Gründer der Transition-Town-Bewegung. Er ist einer der bedeutendsten Aktivisten und Theoretiker der Bewegung. In diesem Interview erläutert er um was es bei der Transition-Town-Bewegung geht und welche Bedeutung sie für das Ruhrgebiet im Rahmen der grünen Dekade von 2017 bis 2027 haben könnte.
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Interview von Jürgen Klute
(For English version click here)
Europa.blog: Zunächst ein paar Fragen zum Hintergrund der Transition Town Bewegung. Es ist eine relativ junge Bewegung. Wann genau ist sie entstanden?
Rob Hopkins: Die Transition Bewegung (Transition Town: Stadt im Übergangsprozess) entstand ursprünglich im Jahr 2006 in meiner Stadt Totnes, zunächst nur als eine Reihe von Vorträgen und Veranstaltungen. Im September 2006 hatten wir eine Eröffnungsveranstaltung, auf der wir „Die offizielle Entfesselung der Transition Town Totnes“ ausriefen. Teilnehmende an jener Veranstaltung aus anderen Städten und Gemeinden gingen danach nach Hause und starteten dort ebenfalls solche Prozesse. Dann wuchs und wuchs und wuchs die Bewegung.
Europa.blog: Was war der entscheidende Impuls für den Start von Transition Town?
Rob Hopkins: Den ursprünglichen Anstoß gaben Sorgen über den Klimawandel und über den „Peak Oil“, die Vorstellung, dass die Welt dicht am Höhepunkt der Erdölgewinnung war. Unser Eindruck war, dass diese beiden Aspekte gemeinsam betrachtet werden müssen, und wenn man das macht, so haben wir argumentiert, bedeutet das, dass wir das Zeitalter der fossilen Brennstoffe hinter uns lassen müssen. Aber das, was die Bewegung zu etwas Schönem macht, ist, so denke ich, das Argument, dass die Zukunft jenseits fossiler Brennstoffe großartig sein kann, dass sie sehr viel besser sein könnte als das Heute, dass die Zukunft zu etwas wird, das Sehnsucht weckt, uns in ihre Richtung aufzumachen, dass die Zukunft keine unwillkommene Abkehr von etwas Unersetzlichem ist.
Europa.blog: Wer sind die Menschen hinter Transition Town?
Rob Hopkins: Die Menschen hinter Transition Town sind an jedem Ort andere. Es ist ein selbst organisierender Ansatz. Folglich sind die Menschen, die einen Transition Town Prozess beginnen, die Menschen, die einen Schritt nach vorne machen und anbieten es zu tun. Sie kommen aus allen Lebensbereichen, aber alle sind motiviert durch das Verlangen, sich den Ort, an dem sie leben, in einer ganz neuen Weise auszumalen und ihn umzugestalten.
Europa.blog: Was sind die Ziele von Transition Town?
Rob Hopkins: Die Transition Bewegung zielt auf den Aufbau widerstandsfähiger Gemeinschaften. Innerhalb des Transition-Netzwerks beschreiben wir es als „eine Bewegung von Gemeinschaften, die die Welt neu denken und erneuern“. Das Netzwerk möchte Räume in unserem öffentlichen Leben schaffen, an denen wir zusammenkommen können, um über die Zukunft nachzudenken, und wie wir sie gerne hätten. Das Netzwerk schafft Räume, wo wir mit anderen Menschen träumen und dann beschließen können, diese Träume zu verwirklichen. Das Netzwerk zielt ebenso darauf, wieder lokale Wirtschaftsstrukturen aufzubauen rund um das Konzept der Resilienz (Resilienz: Widerstandsfähigkeit), aufzubauen, und dass so neue Infrastrukturen rund um Lebensmittel, Energie, Bildung und so weiter erschafft. Transition-Gruppen bauen in vielen Orten gemeinschaftliche Energieunternehmen auf, oder gemeinsame Bauernhöfe. Sie werden selbst Projektentwickler und vieles mehr. Als wir anfingen, dachten wir, es ginge um einen ökologischen Prozess. Jetzt verstehe ich das, was wir machen, vielmehr als einen kulturellen Prozess – wie schaffen wir eine Kultur, die uns am besten dazu befähigt, vernetzt, motiviert und inspiriert die Chancen zu nutzen, die diese herausfordernden Zeiten uns präsentieren?
Europa.blog: Welche Strategie verfolgt die Transition Town Bewegung?
Rob Hopkins: Transition arbeitet so, dass Menschen auf eine Weise in Projekte eingebunden werden, dass sie sich unterstützt und befähigt fühlen, mutige und erstaunliche Dinge zu machen. Ein wesentlicher Bestandteil der Transition-Strategie ist zu erkennen, dass wir den Aufbau von Resilienz in unserer lokalen Wirtschaft ebenso auch den Aufbau von Resilienz in unseren Gruppen brauchen. Wie können wir das Burnout-Risiko minimieren? Wie können wir uns gegenseitig unterstützen? Wie können wir Treffen organisieren, die arbeitsfähig sind und die gute Entscheidungen herbeiführen? Wir sagen, dass es ebenso bedeutsam ist – wenn nicht sogar bedeutsamer – wie wir Dinge tun und nicht nur was wir tun.
Europa.blog: In welchen Ländern und Kontinenten ist die Bewegung inzwischen aktiv?
Rob Hopkins: Mittlerweile gibt es Transition-Gruppen in über 50 Ländern und in Tausenden von Gemeinschaften. Ich liebe die selbstorganisierende Art und Weise, in der sie entstehen. Es ist nicht wie ein Coca-Cola-Franchise. Ich liebe es, wenn Transition-Prozesse in den brasilianischen Favelas, in Dörfern in Südafrika oder in der belgischen Stadtplanung entstehen. Es ist sehr viel schöner, wenn man das Entstehen nicht kontrolliert. Mittlerweile gibt es in 40 Länder einen eigenen Transition-„Hub“, eine Organisation auf nationaler Ebene, die die Bewegung in diesen Ländern unterstützt.
Europa.blog: Welches sind die Länder mit den bedeutendsten Transition Town Bewegungen?
Rob Hopkins: Das ist sehr schwer zu sagen. Erstens, ich habe nicht alle 50 Länder besucht, in denen es aktive Transition Initiativen gibt. Tatsächlich war ich wahrscheinlich nicht einmal in der Hälfte davon gewesen! Es gibt also viele Dinge, die passieren, von denen ich aber noch nie etwas gehört habe. Ich denke, es passiert viel in Belgien, in Brasilien, in Teilen des Vereinigten Königreichs. Ich war gerade in Schweden. Dort gibt es einige hervorragende Projekte. Und dann gab es vor kurzem die asiatische „Transition Network Conference“, mit Menschen, die aus Japan, Hongkong, Südkorea und vielen anderen Orten zusammenkamen. Es ist unmöglich zu sagen, welcher Ort am bedeutendsten ist, teils, weil ich es nicht weiß, und es könnte die anderen Orten entmutigen.
Europa.blog: Sind Transition Initiativen nur in großen Städten zu finden oder gibt es sie auch in kleinen bis mittelgroßen Städten und in ländlichen Gebieten?
Rob Hopkins: Transition Initiativen kann man auf allen Ebenen finden. In Städten, tendieren sie dazu, auf Nachbarschaftsebene zu arbeiten. So gibt es zum Beispiel in London mehr als 50 Gruppen, aber sie haben nie versucht, auf der Ebene der ganzen Stadt zu arbeiten! Es gibt Initiativen in Dörfern, Kleinstädten, Großstädten, ländlichen Gebieten. Es gibt ebenso Initiativen in Organisationen und auch an Universitäten. Ich werde oft gefragt, was die optimale Größe ist. Ich antworte, dass verschiedene Dinge auf verschiedenen Ebenen besser funktionieren. Einige Dinge, wie lokale Währungen funktionieren besser im großen Maßstab, während andere Dinge einen kleineren Maßstab brauchen. Also mit anderen Worten, die Größe oder die Dichte des Ortes, in dem man lebt, sollte wirklich keine Entschuldigung dafür sein, keine Transition Initiative zu organisieren!
Europa.blog: In welchen konkreten Bereichen ist Transition Town aktiv?
Rob Hopkins: Wenn ich die Frage richtig verstanden habe, würde ich sagen, dass Transition-Gruppen in folgenden Bereichen tätig sind:
- Die Nahrungsmittelproduktion wieder näher an die Verbraucher heranzubringen: also urbane Landwirtschaft, Gemeinschaftsgärten, Gemeinschaftshöfe, neue Infrastrukturen zur Lebensmittel-Verarbeitung, Strategien zur Unterstützung der lokalen Lebensmittel-Wirtschaft und so weiter;
- Umbau der Energieversorgung: Erstellen von Gemeinschaft-Energieunternehmen, Gemeinschaftsinvestitionen in diese Unternehmen, Menschen bei der Reduzierung des Energieverbrauchs zu unterstützen;
- Entwicklung neuer Wirtschaftsformen: Unterstützung neuer Unternehmer, Aktivierung von internen Gemeinschaftsinvestitionen, Schaffung von lokalen Währungen, Evaluierung lokaler Ökonomien und für Transformation als Form der wirtschaftlichen Entwicklung einzutreten;
- Achtsamkeit und Unterstützung: Zusammenarbeit mit Organisationen, die im sozialen und psychologischen Bereich arbeiten, sicherstellen dass Mitglieder der Transition-Bewegung Moderations- und Gruppenprozess-Kompetenzen entwickeln, um sich vor Burnout schützen und um klar kommunizieren zu können.
- Kunst und Kultur: viele Transition-Gruppen bringen bringen künstlerische Ansätze in ihr Engagement ein, Organisation von Straßenfesten oder anderen leuchtenden, farbenfrohen und fesselnden Mitmachaktionen, die Menschen erlauben zu erleben, wie eine transformatorische Zukunft sein könnte
- Lokale Bedürfnisse: Transition-Gruppen suchen danach, wie sie Bedürfnisse auf neue Art und Weise am besten erfüllen können. Zum Beispiel: wie kann man Wohnungen anbieten, die lokalen Bedürfnissen besser entsprechen als das, was konventionelle Wohnungsunternehmen bauen.
- Es gibt noch viele andere Bereiche, aber diese Auflistung vermag hoffentlich einen Vorgeschmack zu vermitteln.
Europa.blog: In deinen Vorträgen hast du wiederholt betont, dass es nicht nur Freiwillige sein dürfen, die einen solchen Transition-Prozess organisieren. Weshalb ist dir dieser Punkt so wichtig?
Rob Hopkins: Ich habe den Eindruck, dass Menschen, die im Bereich Permakultur, im Umweltbereich, in Gemeinschaft-Projekten engagiert sind, eine Kultur pflegen, in der niemand jemals für etwas bezahlt werden soll. Hier wird gesagt dass, wenn wir Geld einführen, alles seinen moralischen Kompass verliert und gefährdet wird. Ich denke, dass diese Kultur sehr gefährlich ist. Viele Menschen können sich nicht in Transition-Projekten engagieren, weil sie so hart arbeiten, nur um ein Dach über dem Kopf zu haben. Viele Menschen haben einen Job, den sie hassen und würden gerne ihr Leben so verändern, das es stärker ihren Werten entspricht. Also, für mich gibt es zwei Möglichkeiten, wie wir Projekte betrachten können, die wir starten. Denken wir, dass Projekte auch auf Dauer nur von Freiwilligen durchgeführt werden, oder können wir uns vorstellen, diese Projekte auf eine andere Weise zu organisieren, so dass auch Erwerbsarbeit geschaffen wird? Mit anderen Worten: wie können wir unternehmerisch denken? Mir ist allerdings wichtig zu betonen, dass ich nicht sage, dass wir auf Freiwillige verzichten sollten … klar wir brauchen sie auch und sie bleiben die zentralen treibenden Kräfte für die Transformation noch für eine ganze Zeit, damit die Transformation Wirklichkeit wird. Aber ich denke, dass wir dieses neue Denken ebenfalls einführen müssen.
Europa.blog: Wo sollte oder könnte das Geld herkommen, um die, die sich an der Bewegung beteiligen, zu bezahlen und wie sollte es verteilt werden?
Rob Hopkins: Ich denke, zum Teil kann Geld kann als Zuschüsse generiert werden, aber wir sollten auch nach innovativen Modellen Ausschau halten und Unternehmen aufbauen, die Umsätze zu generieren. Wir sollten auch versuchen, die Gemeinschaft einzuladen, in Ideen und Projekte zu investieren. Das hat an vielen Orten erfolgreich funktioniert.
Europa.blog: Wiederholt hast du in Vorträgen auf die lokale oder komplementäre Währung in Bristol hingewiesen. Wie lange gibt es dieses Projekt bereits und was kann man mit dieser lokalen Währung kaufen, wer akzeptiert sie und wie kann man praktisch damit bezahlen (bar, elektronisch)?
Rob Hopkins: Das Bristol Pfund gibt es seit dem Jahr 2012 und wird jetzt in Hunderten von Geschäften und Unternehmen in der Stadt akzeptiert. Über £ 5 Millionen sind im Umlauf. Es gibt gedruckte Scheine und es gibt auch ein Handy-basiertes Zahlsystem. Dank einer guten Beziehung zum Stadtrat können mit dem Bristol Pfund gewerbliche Grundsteuern, Kommunale Steuern, Zug und Bus-Tickets und auch Energie-Rechnungen bezahlt werden. Es war ein hervorragendes Instrument, Debatten über lokale Wirtschaft anzustoßen, und ist ein großartiges Projekt für die Identität Bristols. Es hat auch den Stadtrat dazu gebracht, darauf zu achten, öffentliche Gelder so auszugeben, dass die lokale Wirtschaft besser unterstützt wird.
Europa.blog: In Deutschland ist es zum Beispiel aus gesetzlichen Gründen schwierig, eine solche Art lokaler Währung einzuführen. Wie ist das in Bristol geregelt worden? Oder gibt es andere Regeln in Großbritannien, die die Einführung von lokalen Währungen zulassen?
Rob Hopkins: Die Bank von England veröffentlichte eine detaillierte rechtliche Stellungnahme, in der sie ihr Verständnis einer lokalen Währung dargelegt hat. Auf den Punkt gebracht hat das Bristol Pound den gleichen rechtlichen Status wie Wertmarken oder Gutscheine.
Europa.blog: Worin liegt die Bedeutung einer lokalen oder komplementären Währung aus deiner Sicht?
Rob Hopkins: Ich denke, sie sind ein Werkzeug, eines von vielen, das es ermöglicht, Geld vor Ort zu binden, um auf lokaler Ebene innerhalb der örtlichen Wirtschaft zu zirkulieren. Lokale Währungen sind auch eine schöne Art, einen Ort zu feiern, seine Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Sie werfen auch die Frage auf, wer Geld drucken darf, und sie geben den Menschen ein tiefes Gefühl des Stolzes auf ihren Ort. Sie sind ein Instrument, das viel mediale Aufmerksamkeit erzeugt, viele Diskussionen, und die den Spaß beim Einkaufen vermehrt!
Europa.blog: Mitte September 2017 hast du die alte deutsche Bergbauregion besucht, das Ruhrgebiet. Du warst eingeladen von der Transition-Initiative Essen, dem Verein WissenSchaffenWandeln und der deutschen Transition Town Bewegung, die zusammen eine Konferenz in Essen veranstaltet hat. Zusätzlich lud dich eine Gruppe von Aktivisten und Künstlern rund um das „Atelier Das Gelbe Haus“ in Recklinghausen. Drei Tage lang hast du dir einen Teil der Region angeschaut, einige Projekte besucht und viele Eindrücke gesammelt. Auf deinem Blog (Text in Englisch) hast du deine Eindrücke beschrieben. Es ist eine Region mit etwas mehr als 5 Millionen Einwohnern und 53 einzelnen Städte mit eigenen lokalen Parlamenten und Verwaltungen – ein sehr schwieriges politisches Umfeld mit vielen sozialen und ökologischen Problemen. Glaubst du, die Transition Town Bewegung kann zu einer notwendigen Transformation dieser Region, zu einer besseren Zukunft beitragen?
Rob Hopkins: Natürlich. Die Idee einer wirtschaftlichen Entwicklung, die darauf abzielt, so viel Geld wie möglich vor Ort zu halten, und so viele lokale Wirtschaftszyklen wie möglich zu erreichen, hat vieles zu bieten. Ein Prozess zur Identifizierung lokaler Bedarfe und eine Analyse wohin das Geld derzeit geht, wäre auch ein großartiger Startpunkt. Die Schaffung einer Regionalbank oder die Gründung neuer Gemeinschaftsunternehmen sind ebenfalls ein guter Start. Momentan fließt aus den Gemeinden, die in einer vergleichbaren Lage wie das Ruhrgebiet sind, so viel Geld, wie aus einem löcherigen Eimer. Mit jedem Cent des Geldes, der abwandert, gehen potenzielle lokale Geschäfte verloren, lokale Jobs und Gründe für einen ortsansässigen Jugendlichen vor Ort zu bleiben. Eine Fokussierung auf das Stopfen dieser Löcher ist von entscheidender Bedeutung. Ich würde vorschlagen, den Blick auf Ungersheim im Elsass in Frankreich zu richten – auch eine ehemalige Bergbaustadt, (allerdings viel viel kleiner als das Ruhrgebiet, nämlich nur ca. 2000 Einwohner – Anm. d. Red.). Aber sie hat die Transformation mit großer Begeisterung angenommen und schaffte Erstaunliches: Eine Reduktion der Kohlenstoffemissionen von 600 Tonnen pro Jahr, €120.000 an öffentlichen Gelder wurden eingespart und gleichzeitig 100 Arbeitsplätze geschaffen.
Europa.blog: Wenn du hier im Ruhrgebiet lebtest, wie würdest du einen Übergangsprozess beginnen? Was sind die wichtigsten Punkte aus deiner Sicht, die von Aktivisten vor Ort berücksichtigt werden sollten?
Rob Hopkins: Ich denke, es steht mir nicht zu Ratschläge zu geben. Ich lebe nicht in dieser Region und ich kenne sie nicht gut genug. Wichtig ist es, Räume zu schaffen, in denen Menschen zusammen kommen und diskutieren, was passieren könnte. Ich würde mit einem Prozess starten, der Menschen einlädt zu fragen „Was wäre wenn?“ Was wäre, wenn die Region zu einem international bewunderten Labor der Phantasie würde? Wie könnte man beginnen? Was könnte einer der ersten Schritte sein, und was einige seiner wichtigsten Elemente? Zu versuchen die Unterstützung der lokalen Regierung zu bekommen, ist sehr nützlich, aber wenn man sie nicht hat, dann sollte man sich dadurch nicht aufhalten lassen. Viele Projekte beginnen mit einer hochkarätigen Veranstaltung, vielleicht eine Vorführung eines Films wie „Tomorrow“, ein französischer Film, der vor kurzem herauskam.
Europa.blog: Als du die Region besucht hast, hast du da einige konkrete Ideen für mögliche Projekte gehabt?
Rob Hopkins: Ich dachte, die 10 Jahre, die bis zur Internationalen Gartenausstellung (IGA) verbleiben, bieten viele Möglichkeiten. Es wäre großartig, wenn die IGA eine wirkliche soziale Transformation leisten könnte, ein Umdenken darüber, wie Nahrungsmittel produziert werden. Menschen mit guten Gärtnerei-Fähigkeiten im Umfeld der Städte könnten vielleicht die Menschen in den Städten dabei unterstützen, die etwas anbauen wollen. Wenn es das Ziel ist, die IGA und ihre Wirkungen im Bewusstsein dessen zu gestalten, dass es nötig ist, unsere kollektiven CO2-Fußabdruck gegenüber heute zu halbieren, dass Importe teurer sein werden und dass die Wahrscheinlichkeit von Klima- und Wetterextremen steigt, wie anders müsste die IGA dann gestaltet werden? Planungen, die so weitermachen wollen wie bisher sind sinnlos und gefährlich.
Ich könnte mir vorstellen, dass der Streifen Land, den wir unter der Brücke (an der Halde Hoheward, siehe nebenstehendes Foto; Anm. d.R.) gesehen haben, das auch ein Fahrradweg eingerichtet bekommen sollte, ein faszinierendes Verwilderungs-Experiment werden könnte. Man kann es in 10 Blöcke teilen und jedes Jahr einen Block weniger beschneiden. Nach 10 Jahren hätte man ein überzeugendes Beispiel dafür, wie eine Verwilderung funktioniert, und wie schnell Natur Diversität und Überfluss zurückbringen kann. Viele würden das sicher sehr inspirierend finden. In Essen hat das Projekt der Umwelthauptstadt (Essen Grüne Hauptstadt Europas 2017; Anm.d.R.) einige wichtige Grundlagen geschaffen. Es ist wichtig, dass diese weiter ausgebaut werden, dass sie eher als ein Anfang gesehen werden, statt als ein Endpunkt.
Europa.blog: Wer sollte an einem solchen (hoffentlich) erfolgreichen Prozess beteiligt sein?
Rob Hopkins: Menschen mit Energie und Zeit, die ihre Rolle darin sehen, die Grundlagen für dieses Projekt zu legen. Lade besonders Personen ein, von denen du meinst, dass sie wichtig sind für Veranstaltungen. Frag dich auch: „Wer ist nicht hier, sollte aber sein?“ Menschen mit Zeit, Kompetenz, Vertrauen und Verbindungen bilden einen guten Ausgangspunkt. Ich würde auch vorschlagen, dass ihr ein 2-Tages-Einführungstraining zur Transition-Bewegung durchführt. Es wird viele Erkenntnisse hervorbringen und zum Erfolg beitragen.
Europa.blog: Wie viel Zeit muss man für einen solchen Transformationsprozess kalkulieren, bevor er erste positive Ergebnisse zeigt? Was sind die Schlüsselelemente für einen erfolgreichen Transformationsprozess?
Rob Hopkins: Es hängt ganz von den Projekten, die du machst! Ein Lebensmittel-Projekt kann erstaunliche Ergebnisse schon in ein paar Wochen zeigen. Einige große Projekte können Jahre dauern. Aber ich denke, dass man in 3 oder 4 Jahren genug erreichen kann, damit Menschen sehen können, dass Dinge sich ganz konkret ändern.
Herzlichen Dank für das Interview!
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