Beitrag von Jürgen Klute

Die Lage in Venezuela ist ebenso brisant wie vielschichtig. Eine einfache Schuldzuweisung für die Entstehung der gegenwärtigen Situation ist daher wenig zielführend.

Einerseits ist es den linken Regierungen unter Chavez und Maduro nicht gelungen, eine effiziente und funktionierende alternative Wirtschaft aufzubauen. Zu sehr hat man sich auf den Ölreichtum verlassen.

Andererseits ist offensichtlich, dass die linke Regierung Venezuelas nicht nur wenig internationale Unterstützung erhielt, sondern auch massiv unter Druck gesetzt wurde.

Aus linker Sicht besonders schmerzhaft ist, dass mit Venezuela ein weiteres lateinamerikanisches Land, dass sich auf die Suche nach einer neuen Gesellschaftsordnung gemacht hat, in deren Mittelpunkt die Interessen der Beschäftigten und der Armen stehen, kurz vor dem Scheitern zu stehen scheint. Das die Regierung Donald Trumps und die neue rechte Regierung in Brasilien unter Jair Bolsonara kein Interesse haben, das drohende Scheitern zu verhindern, ist wohl nicht zu bestreiten.

Sich in dieser Situation zu positionieren, ist für die gesellschaftliche Linke nicht einfach. Der linke europäische Think Tank Transform Europe! hat nun eine kurze und prägnante Petition zu den Entwicklungen in Venezuela veröffentlicht. Die Petition verzichtet auf simplifizierende Schuldzuweisungen. Statt dessen ruft sie zu einer Nichteinmischung seitens der USA und der EU auf:

Keine der beiden Seiten im innenpolitischen Konflikt Venezuelas wird ohne weiteres gegen die andere Seite gewinnen können. In solchen Situationen besteht die einzige Lösung in Verhandlungen. Dies geschah in lateinamerikanischen Staaten bereits in der Vergangenheit, als politisch stark polarisierte Gesellschaften nicht mehr in der Lage waren, ihre Gegensätze durch Wahlen beizulegen.

Zum Wohle der venezolanischen Bevölkerung und der gesamten Region und gemäß dem Prinzip der nationalen Selbstbestimmung sollten sich die Europäische Union, die Mehrheit des Europäischen Parlaments sowie die Mitgliedsstaaten nicht in die internen Angelegenheiten Venezuelas einmischen und einseitige Positionen einnehmen. Stattdessen sollten sie Verhandlungen zwischen der venezolanischen Regierung und seinen Gegner_innen unterstützen, die es dem Land ermöglichen, die politische und ökonomische Krise zu überwinden.

Um eine weitere Eskalation der Lage in Venezuela zu verhindern und damit ein größeres Blutvergießen, dürfte diese Forderung derzeit die sinnvollste linke Positionierung im Blick auf Venezuela sein.

Neben den 56 Erstunterzeichnenden – Politiker*innen, Wissenschaftler*innen und Intellektuelle aus verschiedenen europäischen Ländern – können auch weitere Interessierte die “Petition gegen Einmischung in Venezuela” auf der Homepage von Tranform Europe! unterzeichnen.

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