Die Europawahl fand am 9. Juni 2024 statt. Mit dem Ende der Legislaturperiode des Parlaments endet auch die Amtszeit der EU-Kommission. Nach der Wahl des Europäischen Parlaments muss eine neue Kommission gebildet werden. Nachdem jeder EU-Mitgliedstaat einen Kandidaten vorgeschlagen hat, prüft das Europäische Parlament die Kandidaten in Anhörungen in den zuständigen Ausschüssen. Anschließend stimmen die Ausschüsse zunächst über die Kandidaten ab und nehmen sie entweder an oder lehnen sie ab. Im Falle einer Ablehnung muss der betreffende Mitgliedstaat einen neuen Kandidaten vorschlagen. Schließlich muss das gesamte Europäische Parlament die Liste der vorgeschlagenen Kandidaten genehmigen. Diese Woche, am 17. September 2024, stellte die bereits gewählte Präsidentin der EU-Kommission, Ursula van der Leyen (EVP) aus Deutschland, das neue Team der Kommissare öffentlich vor.
Bernd Lange, ein deutsches Mitglied des Europäischen Parlaments, gab eine erste Einschätzung des neuen Teams der EU-Kommissare ab. Er ist Vorsitzender des Ausschusses für internationalen Handel (INTA) und Vorsitzender der Konferenz der Ausschussvorsitzenden. Bernd Lange gehört der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands und der Progressiven Allianz der Sozialisten und Demokraten im Europäischen Parlament (S&D) an. Er wurde erstmals 1994 ins Europäische Parlament gewählt. Europblog veröffentlicht im Folgenden seinen Kommentar.

Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, hat heute die Nominierungen für die Kommissare und die Verteilung der Geschäftsbereiche vorgestellt. Das Europäische Parlament wird nun die Kandidaten in den Fachausschüssen befragen und muss dem neuen Kollegium als Ganzes zustimmen.

Die Hängepartie der letzten Wochen und Tage hat nun zumindest vorerst ein Ende. Die Art und Weise, wie die heutige Präsentation erfolgte, war jedoch nicht sehr respektvoll. Anstatt ihr potenzielles Team dem Europäischen Parlament erstmals auf der Konferenz der Präsidenten vorzustellen, wie ursprünglich geplant, hat sie uns nur allgemeine Informationen gegeben und sich dafür entschieden, unmittelbar danach eine ausführlichere Pressekonferenz abzuhalten. So sollte es nicht gemacht werden.

Wir haben jetzt endlich eine Liste der potenziellen Kandidaten und der entsprechenden Ressorts. Um jedoch weitere Schritte unternehmen zu können, müssen die sogenannten „Mission Letters“ für die einzelnen potenziellen Kommissare, in denen ihre Aufgaben und Anforderungen detailliert beschrieben sind, rechtzeitig vorliegen. Nur dann können wir die Anhörungen gründlich vorbereiten. Es ist sehr wichtig, dass diese bald stattfinden.

Wer glaubt, die Zustimmung des Europäischen Parlaments sei eine Selbstverständlichkeit, der irrt. Niemand bekommt einen Blankoscheck. Wir werden die Kandidaten in den Anhörungen einer gründlichen fachlichen Prüfung unterziehen. Dieses „Ausquetschen“ hat in der Vergangenheit bereits zum Austausch von Kandidaten geführt.

Zumal wir im Rahmen der Reform der Geschäftsordnung auch die Regeln für die Anhörungen überarbeitet haben. Die Anhörungen sind jetzt ein noch schärferes Instrument. Sie dauern jetzt zum Beispiel länger, die Frage- und Antwortrunden sind effizienter und es kann bei Bedarf auch zusätzliche Anhörungen geben. Als Vorsitzender der Konferenz der Ausschussvorsitzenden werde ich bei der Organisation der Anhörungen natürlich besonders darauf achten.

Auch wenn es gut wäre, wenn die neue Kommission ihre Arbeit so bald wie möglich aufnehmen könnte, werden wir uns nicht hetzen lassen. Das Europäische Parlament war nicht für die Verzögerungen im Nominierungsprozess verantwortlich und wird sich die Zeit nehmen, die für die parlamentarische Prüfung erforderlich ist. Wir werden keine Abstriche machen oder irgendwelche Abkürzungen nehmen.

Ich bin sehr froh, dass vier der sechs geschäftsführenden Vizepräsidenten Frauen sind. Auch die regionale Ausgewogenheit beeindruckt mich. Ich finde es aber schade, dass es wieder nicht möglich sein wird, eine paritätische Besetzung der Kommission zu erreichen.

Was die neue Ressortverteilung angeht, ist mir noch nicht klar, wie mit den Überschneidungen umgegangen werden soll. Das muss noch genauer untersucht werden. Wie würde sich beispielsweise die Arbeit des Kommissars für Handel zur Arbeit des Exekutiv-Vizepräsidenten für Wohlstand und Industriestrategie verhalten?

Was das Handelsressort betrifft, so freue ich mich, dass Handel und wirtschaftliche Sicherheit in den Händen eines einzigen Kommissars liegen werden. Dies sollte sicherstellen, dass unsere Handelspolitik weiterhin nuanciert ist und wir unseren Markt nur in äußerst begrenzten Fällen schützen. Die Standardposition sollte darin bestehen, dass wir eine offene strategische Autonomie anstreben. Natürlich freue ich mich auch, dass Šefčovič für dieses spezielle Ressort nominiert wurde. Er ist aufgrund seiner Rolle bei den Brexit-Verhandlungen kein Unbekannter im Bereich Handel und verfügt über viel Erfahrung, auch im Umgang mit dem Europäischen Parlament. Ich freue mich auch über die Nominierung von Síkela für internationale Partnerschaften. Wir können nur dann eine wirksame Handelspolitik verfolgen, wenn wir auch die Bedürfnisse unserer Partner, einschließlich der Entwicklungsländer, berücksichtigen. Wir brauchen beispielsweise eine enge Zusammenarbeit zwischen unserer Handelspolitik und Global Gateway.

Titelbild: European Parliament Strasbourg by European Union 2021-Source: EP CC BY 4.0 via FlickR

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