Seit 2014 verhandelt der UNHCR über ein Abkommen über Menschenrechtsnormen in Unternehmen. Dieses Abkommen wird seit Beginn der Verhandlungen massiv von der deutschen Bundesregierung blockiert. Aufgrund dieser Blockade nimmt auch die EU bisher nicht offiziell an den Verhandlungen teil. Die EU ist einer der größten Wirtschaftsräume auf dem Globus. Eine Beteiligung an den Verhandlungen zu dem geplanten Abkommen ist von daher im Blick auf die Durchsetzung eines solchen Abkommen von großer Bedeutung.

Um endlich eine Beteiligung der EU an den Verhandlungen durchzusetzen und das Abkommen im Interesse von Arbeitnehmenden und von unternehmensbedingten Umweltbelastungen und -zerstörungen zu beeinflussen, haben sich Parlamentarierinnen und Parlamentarier im Oktober 2017 zu einem internationalen Netzwerk zusammen geschlossen.

Im Oktober 2018 hat dieses internationale Netzwerk, dem auch Abgeordnete der Partei Die Linke, Sozialdemokraten und Grüne angehören, eine Stellungnahme zu der vierten Verhandlungsrunde zu dem UN-Abkommen über Menschenrechtsnormen in Unternehmen, die Mitte Oktober in Genf stattfand, verabschiedet. Im folgenden ist die deutsche Übersetzung dieser Resolution dokumentiert.

Das Globale interparlamentarische Netzwerk unterstützt die Ausarbeitung eines verbindlichen Abkommens für transnationale Unternehmen zum Schutz der Menschenrechte | Brüssel, 11. Oktober 2018

Der Monat Oktober 2017 markierte einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg zur Beendigung der Straffreiheit von Unternehmen: Ein Globales Interparlamentarisches Netzwerk wurde von Parlamentariern aus verschiedenen Parteien und Staaten ins Leben gerufen, um die Ausarbeitung eines “rechtsverbindlichen Abkommens der Vereinten Nationen für Menschenrechtsnormen in transnationalen Unternehmen (TNCs) und andere Wirtschaftsunternehmen” zu unterstützen.

Ein Jahr später versammeln sich Parlamentarier aus der ganzen Welt im Europäischen Parlament in Brüssel, um mit ihrer Stimme die vierte Jahrestagung der UN Open Ended Intergovernmental Working Group (OEIGWG) zu unterstützen, die das Mandat zur Entwicklung dieses verbindlichen Abkommens erhalten hat. Der UN-Menschenrechtsrat (UNHCR) hat sich im Juni 2014 die Ausarbeitung eines verbindlichen Abkommens zum Ziel gesetzt, das erstmals verbindliche und durchsetzbare Richtlinien formuliert, um transnationale Konzerne und andere Wirtschaftsunternehmen für Menschenrechtsverletzungen und Umweltkriminalität verantwortlich machen zu können mit dem Ziel, den Betroffenen ein Anrecht auf Rechtsschutz und Entschädigung zu gewährleisten.

Die nachstehend aufgeführten Unterzeichnenden

verweisen darauf, dass wir dringend über den derzeitigen auf Freiwilligkeit fußenden Rahmen gesellschaftlicher Verantwortung von Unternehmen hinausgehen und ein international rechtsverbindliches Abkommen verabschieden müssen, um die derzeitigen Schlupflöcher zu schließen, die es den Unternehmen ermöglichen, bei Menschenrechtsverletzungen ungestraft davonzukommen und vielen Opfer den Zugang zu Gerichten und Rechtsbehelfen verwehren; wir rufen daher die OEIGWG auf, die Verhandlungen über den neuen Vertrag fortzusetzen, und wir fordern alle Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen und regionale Organisationen auf, sich konstruktiv an diesem Prozess zu beteiligen und dazu beizutragen;

unterstützen die kürzlich angenommene Entschließung des Europäischen Parlaments (EP) zur Mitwirkung der Europäischen Union an einem verbindlichen Rechtsinstrument der Vereinten Nationen für Menschenrechtsnormen in Unternehmen; erinneren daran, dass sieben weitere frühere Entschließungen des Europäischen Parlaments sowie zwei Entschließungen der Interparlamentarischen Versammlung Europa-Lateinamerika einen Aufruf zur Unterstützung des UN-Prozesses für ein verbindliches Abkommen enthalten;

heben die Notwendigkeit hervor, dass ein solches verbindliches Abkommen die unfairen Auswirkungen einer unregulierten Globalisierung ausgleicht, die zu Machtungleichgewichten zwischen Gemeinden und Einzelnen auf der einen Seite und Unternehmen auf der anderen Seite geführt haben, und zwar bezüglich des Zugangs zu Gerichten und des Schutzes von Menschenrechten und Umwelt, insbesondere in den ärmsten Regionen der Welt;

begrüßen den offenen und partizipativen Prozess, der von der OEIGWG angestrebt wird, und der alle konstruktiven Verhandlungsergebnisse berücksichtigt, die während der letzten drei Sitzungen der OEIGWG erzielt wurden;

betonen, dass das künftige Abkommen die Geschlechterperspektive mit einbeziehen muss, da Frauen oft die Hauptleidtragenden von Menschenrechtsverletzungen sind;

verweisen darauf, dass das zukünftige Abkommen den Vorrang von Menschenrechtsverpflichtungen im Falle von von Konflikten mit anderen kollidierenden Verpflichtungen hervorheben und dass es die direkten Verpflichtungen der Unternehmen zur Einhaltung der Menschenrechte anerkennt sollte;

verweisen ferner darauf, dass in dem verbindlichen Abkommen betont werden sollte, dass die Unternehmen strafrechtlich, zivilrechtlich und verwaltungsrechtlich haftbar sind und dass der Vertrag einen Kontrollmechanismus vorsieht, der eine wirksame Überwachung der Einhaltung ermöglicht;

betonen, dass staatliche Unternehmen in den Geltungsbereich des künftigen Abkommens einbezogen werden müssen;

fordern alle Länder und regionalen Organisationen nachdrücklich auf, sich aktiv an diesem UN-Prozess zu beteiligen und auf ein wirksames und rechtsverbindliches internationales Abkommen für Menschenrechtsnormen in Unternehmen hinzuarbeiten, um sicherzustellen, dass die Würde der Menschen, wie sie in den universellen bürgerlichen, politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechten verankert ist, weltweit Vorrang hat und garantiert wird.

Die Unterzeichnenden

Abgeordneter Lilian Galán, Parlament von Uruguay;
Abgeordnete Heike Hänsel, Deutschland, Bundestag, stellvertretende Fraktionsvorsitzende von Die Linke;
Abgeordnete Ana Belén Terrón, Spanien, Congreso de los Diputados, Vizepräsidentin des Ausschusses für Entwicklungszusammenarbeit
Abgeordnete Clara Tirado Museros, Spanien, Comunitat Valenciana, Les Corts Valencianes, Sprecherin des Entwicklungsausschusses
MdEP Jude Kirton Darling, S&D – UK
MdEP Judith Sargentini, Grüne/EFA – Niederlande
MdEP Helmut Scholz, GUE/NGL – Deutschland
MdEP Max Andersson, Grüne/EFA – Schweden
MdEP Anne Marie Mineur, GUE/NGL – Niederlande
MdEP Inmaculada Rodriguez-Piñero, S&D – Spanien
MdEP Molly Scott Cato, Greens/EFA – UK
MdEP Lola Sanchez, GUE/NGL – Spanien
MdEP Heidi Hautala, Grüne/EFA Finnland


Quelle: http://www.guengl.eu/uploads/news-documents/Manifesto_binding_treaty.pdf

Übersetzung: Jürgen Klute

Titelbild: International Union League April 26 Protest at Textiles Opico El Salvador CC-BY 2.0

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