Im März 2024, rechtzeitig vor den Europawahlen am 9. Juni, wurde das Manifest „Ein widerstandsfähiges und ressourcenbewusstes Europa: Suffizienz im Zentrum der Zukunft der EU“ veröffentlicht. Mittlerweile unterstützen über 90 europäischen Organisationen aus Zivilgesellschaft, Wissenschaft, Städten und Kommunen, Unternehmen und öffentlichen Dienstleistern an das Manifest. Erst kürzlich schloss sich laut einer Pressemitteilung vom 17. September 2024 die 1967 nach belgischem Recht gegründet katholische NGO CIDSE dem Kreis der Unterstützer:innen des Manifests an. Die Abkürzung CIDSE steht für den historischen Namen der Organisation, der ursprünglich aus dem Französischen stammt: „Coopération Internationale pour le Développement et la Solidarité“ – „Internationale Zusammenarbeit für Entwicklung und Solidarität“. Heute ist CIDSE ein Verband internationaler Organisationen für soziale Gerechtigkeit, der sich dafür einsetzt, Armut und Ungleichheiten zu beenden, systemische Ungerechtigkeit, Ungleichheit und Naturzerstörung zu bekämpfen und gerechte und ökologisch nachhaltige Alternativen zu fördern.

Der Text des Manifest liegt nur in einer englischsprachigen Fassung vor. Zentraler Begriff des Manifest ist Suffizienz. Suffizienz bedeutet „genug, ausreichend, genügsam“. Gemeint ist mit dem Begriff, dass für ein menschenwürdiges Leben kein unbegrenztes Wachstum erforderlich ist. Statt auf eine ständiges Mehr zu setzen, zielt Suffizienz darauf, sich auf das zu beschränken, was für ein würdiges Leben nötig ist. Wenn sich jede und jeder darauf beschränkt, dann stehen ausreichend Ressourcen für ein menschenwürdiges Leben für alle Menschen zur Verfügung, ohne dass die Menschheit die natürlichen Ressourcen zerstörerisch ausplündern muss.

„Es ist an der Zeit“, so heißt es in der Pressemitteilung von CIDSE, „Suffizienz in ganz Europa zu etablieren. Wir fordern, dass Suffizienz ein zentraler Bestandteil der strategischen Agenda der EU wird. Die Europäische Kommission sollte im ersten Jahr der nächsten Amtszeit eine EU-Suffizienzstrategie vorschlagen, als Teil des neuen Schwerpunkts auf Sicherheit, Wettbewerbsfähigkeit und gerechten Übergang.“

In dem Dokument werden die Entscheidungsträger der EU aufgefordert, Suffizienz zu einem zentralen Element der EU-Strategie zu machen. Um der wachsenden Nachfrage nach Energie, Ressourcen und Materialien in der EU wirksam zu begegnen, sollte die neue Europäische Kommission eine Suffizienzstrategie vorschlagen, die darauf abzielt, Suffizienz in den Rechtsrahmen 2040 sowie in alle relevanten Politikbereiche zu integrieren. Dies, so die Autoren des Manifest, werde die Widerstandsfähigkeit des Kontinents gegenüber allen Arten von Risiken verbessern, Kosten senken, die Erreichung unserer Klima- und Energieziele erleichtern, die Lebensqualität aller Europäer verbessern und zu einer nachhaltigeren Gesellschaft beitragen. Bisher war Suffizienz kein Bestandteil der europäischen Politikgestaltung – obwohl Forschung, lokale Behörden und Bürger dies zunehmend forderten, heißt es weiter in der Stellungnahme von CIDSE.

Wenn die europäischen Institutionen diesen Hebel mit einem hohen Wirkungsgrad voll und ganz nutzen, werde es möglich sein, politische Maßnahmen und strukturelle Veränderungen auf dem gesamten Kontinent und auf allen Regierungsebenen zu mobilisieren. Wir fordern daher couragiert und klar dazu auf, strukturell und systematisch auf die zahlreichen Krisen zu reagieren, mit denen Europa konfrontiert ist, betonen die Initiator:innen.

Das vollständige Manifest steht u.a. hier als PDF zum Download zur Verfügung.

Titelbild: self sufficiency by Ian Jacobs CC BY-NC 2.0 DEED via FlickR

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