Ein Alptraum geht weiter: Feministin seit sieben Wochen interniert und trotz positiven Gerichtsentscheidungen unter einem Vorwand wieder inhaftiert

Beitrag von Frank Schwalba-Hoth

Diejenigen, die regelmäßig die Nachrichten auf dieser Website lesen, werden sich vielleicht erinnern: K.F., eine marokkanische Feministin, zivilgesellschaftliche Aktivistin, Businesswoman, Consultant, und Journalistin, organisierte im Europäischen Parlament (EP) zwei Konferenzen (Interreligiöse Beziehungen, Medien in Afrika), registrierte ihre NGO “Organisation Internationale des Médias Africains” in Belgien und mietete eine Wohnung am Place Luxembourg, direkt neben dem EP.

Am 29. Mai kehrte sie mit einem gültigen Visum nach Belgien zurück, wurde am Flughafen von Charleroi festgenommen, Mobiltelefon und Papiere beschlagnahmt.

Am 30. Mai wurde sie in das “Centre Caricole” in Steenokkerzeel neben dem Brüsseler Flughafen Zaventem gebracht, dem Internierungslager für illegal eingereiste Personen.

Am 6. Juni ordnete die Siebente Kammer des zuständigen belgischen Gerichts (Conseil du contentieux des étrangers) ihre sofortige Freilassung an. Statt dem Gerichtsurteil nachzukommen, ordnete die belgische Regierung an, der Entscheidung des Gerichts nicht zu folgen sei. Dies ist ein ungewöhnliches Verhalten – in einer westlich geprägten Demokratie, die auf Rechtsstaatlichkeit beruht – ist die Verwaltung, einschließlich der Ministerien, verpflichtet, Gerichtsentscheidungen zu befolgen.

Die belgische Regierung ging in Berufung: dasselbe Gericht änderte nun seine Entschiedung und berief sich dabei auf eine Stellungnahme des belgische Verfassungsschutzes – da der davon ausgehe, dass K.F. eine Gefahr darstelle, könne sie nicht freigelassen werden.

Gegen diese Entscheidung legte K.F. nun ihrerseits Berufung ein und das nächsthöhere Gericht entschied, dass sie rechtswidrig inhaftiert worden sei und sofort freigelassen werden müsse.

Die belgische Regierung legte nun ihrerseits Berufung ein – und verlor: am Montag, dem 9. Juli, wurde entschieden, dass K.F. auf jeden Fall freigelassen werden müsse. Da ihr Pass noch am Flughafen von Charleroi war, wurde sie von der Polizei dorthin gefahren. Anstatt ihre Dokumente ausgehändigt zu bekommen, wurde sie nun wieddsr festgenommen und in ein anderes Internierungslager verbracht.

Nach einer langen Nacht wurde sie dann am kommenedn Morgen freigelassen, allerdings ohne ihren Pass. Sie wurde informiert, dass ihr Anwalt ihn abholen solle. So kehrte sie in ihre Wohnung zurück und schlief zum ersten Mal nach 42 Tagen in Freiheit.

Happy End? Noch nicht. Was nun folgt, scheint in seiner Surrealität einer Novelle von Franz Kafka entsprungen zu sein.

Als sie nämlich am nächsten Tag zur Mittagszeit das Haus verlässt um ins nahegelegenen EP zu gehen, um dort von ihrem Fall zu berichten, da warten bereits zwei Männer in Zivil vor ihrem Gebäude und fragen höflich, aber bestimmt nach ihrem Pass. Es sei der Tag des NATO-Gipfels und da würde die Identiät von Passanten stichprobenhaft kontrolliert. Da K.F. keinen Pass vorzeigen kann, der war ihr ja nicht ausgehändigt worden (sie konnten den beiden Zivilisten nur ihren Führerschein und eine Kopie des Reisepasses zeigen), informieren die beiden Männer die Anwesenden, dass die Identität dieser jungen Frau unklar sei und dass sie darum zur Personenüberprüung in das Kommissariat am Marché au Charbon neben dem Grand Place gebracht werden würde.

Als zwei ihrer Freunde im Kommissariat anfragen, ob sie K.F. sprechen könnten, wurde ihnen mitgeteilt, dass eine solche Person unbekannt sein und sich auch nicht im Gebäude befinden würde.

Die beiden Freunde versuchen K.F. über Mobiltelefon zu erreichen – ohne Erfolg.

K.F. war ganz einfach verschwunden.

Verzweifelt wenden sich die beiden Freunde an die örtliche Polizei neben dem Europäischen Parlament und melden das seltsame Verschwinden. Zwei uniformierte Beamte recherchieren und haben dann eine gute, aber dennoch beängstigende Neuigkeit – K.F. sei nicht entführt, sie sei aber in Gewahrsam genommen worden.

Die beiden Freunde rufen jetzt nochmals im Kommissariat am Marché au Charbon an und erhalten nun die Antwort: ja, eine solche Person sei jetzt zwar bekannt, sie würde aber an einem anderen – nicht mitteilbaren – Ort festgehalten.

Was steckt hinter dieser seltsamen Angelegenheit? Was folgt als nächstes in dieser unendlichen Geschichte der marokkanischen Feministin?

Titelbild: Kaoutar Fal (privat)

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