Interview mit Verena Humer, der Projektleiterin des European Balcony Projects

Europa.blog: Frau Humer, zur Finanzierung des European Balcony Project haben Sie ein Crowdfunding-Projekt gestartet gehabt. Vor ein paar Tagen endete das Crowdfunding-Projekt. Haben Sie das gesetzte Ziel dieses Projektes erreichen können?

Verena Humer: Wir haben auf der Plattform „wemakeit“ unser Projekt auf Italienisch, Französisch, Englisch und Deutsch – das waren alle Sprache, die dort zur Auswahl standen – vorgestellt. Dank der 265 Unterstützer*innen haben wir unser gesetztes Ziel innerhalb von 45 Tagen erreichen können. Wir freuen uns wirklich sehr, dass das so gut geklappt hat und sind den Menschen, die uns aus ganz Europa unterstützt haben, sehr verbunden. Für das Crowdfunding hatten wir uns auch einige Belohnungen, wie ein Dinner mit Robert Menasse oder die aktive Teilnahme an einer Aktion am 10.11.2018, ausgedacht. Diese Belohnungen werden in den nächsten Wochen an die Unterstützer*innen gehen.

Europa.blog: War das Crowdfunding die einzige Finanzierungsquelle, auf die Sie zurückgreifen können? Welche weiteren Quellen haben Sie erschließen können oder in Aussicht? Gibt es z.B. auch finanzielle Unterstützung von öffentlicher Seite?

Verena Humer: Unser Ziel war es mittels Crowdfunding 25.000€ zu bekommen, damit wir die nächsten Monate finanzieren können und noch Zeit haben, um zusätzliche Förderungen anzusuchen. Für eine vollständige Finanzierung des Projekts fehlen uns noch einmal mindestens 25.000€. Wir wollen das Manifest in sehr viele Sprachen übersetzen lassen, eine eigene Website und einen Katalog über die Ausrufung der Europäischen Republik machen und noch einiges mehr. Wir haben bisher noch bei der European Cultural Foundation Amsterdam bei dem Call „Courageous Citizens“ und bei der European Commission bei dem Call „Creative Europe“ eingereicht. Ende Juni sollte entschieden sein, ob wir eine weitere Förderung bekommen.

Europa.blog: Können Unterstützer*innen des Balcony-Projects auch nach Ende des Crowdfunding-Projektes noch einen finanziellen Beitrag zur Realisierung leisten?

Verena Humer: Ja, wir freuen uns über Unterstützung jeder Art! Gerne kann man einerseits unseren Aufruf, am 10.11.2018 um 16 Uhr das Manifest von einem Balkon zu verlesen, an Institutionen oder auch Privatpersonen weiterleiten; andererseits freuen wir uns über Hinweise zu weiteren Förderungen oder auch über Unterstützung in Form von Beiträgen wie Werbung, Übersetzungen und dergleichen. Natürlich kann man uns auf unserer Website auch direkt finanziell unterstützen: https://europeandemocracylab.org/en/#support

Europa.blog: Nach dem positiven Abschluss dieses ersten Schrittes: Was sind die nächsten Schritte zur Realisierung des Balcony-Projects?

Verena Humer: Als nächste Schritte werden wir alle Personen, Theater und Kulturinstitutionen, die sich bisher gemeldet haben in unseren Newsletter aufnehmen, wenn sinnvoll untereinander vernetzen und alle Ideen sammeln. Wir werden zeitnah eine Europa-Karte veröffentlichen, auf der alle Theater und weitere Institutionen aufscheinen, die sich an der Ausrufung der Europäischen Republik beteiligen wollen. Wir hoffen, dass sich in den nächsten 6 Monaten immer mehr Theater- und Kulturschaffende aus ganz Europa an uns wenden, um ihre Teilnahme zu bekunden. Ulrike Guérot, Robert Menasse und Milo Rau werden sich im Juli treffen und das Manifest gemeinsam erarbeiten.

Europa.blog: Frau Humer, Sie wollen an möglichst vielen Orten in Europa gleichzeitig am 10. November 2018 um 17:00 h das Manifest zur symbolischen Gründung einer europäischen Republik verlesen. Dazu brauchen Sie viele Unterstützerinnen vor Ort. Wie können sich Bürger und Bürgerinnen vor Ort beteiligen? Welche Beteiligungsformen sind vorstellbar abgesehen von der Verlesung des Manifest?

Verena Humer: Abgesehen von der Verlesung und Verteilung des Manifests können die Balkone mit Visuals, literarischen Texten, theatralen und musikalischen Aktionen und vielem mehr bespielt werden – der Inszenierungsphantasie sind keine Grenzen gesetzt. Wo keine geeigneten Balkone vorhanden sind, können natürlich auch andere öffentlich gut wahrnehmbare Orte wie Fenster, Dächer, Eingangstreppen, Foyers etc. eingesetzt werden. Die Intervention soll von einer großen medialen Öffentlichkeit wahrgenommen und auf allen Kanälen übertragen werden. Begleitprogramme, Bürgerforen, Diskussionspodien etc. können die Proklamation zwischen 9. und 11.11.2018 rahmen und einbetten. Sie sehen: hier gibt es viel Raum für eigene Initiativen, Ideen und Teilhabe!

Europa.blog: An wen können sich Bürgerinnen und Bürger von vor Ort wenden, wenn Sie sich an dem Projekt beteiligen wollen?

Verena Humer: In möglichst jedem europäischen Land soll es Koordinator*innen für die Balkone vor Ort geben, die in Verbindung mit dem European Democracy Lab stehen – nur gemeinsam lässt sich ein so großes Vorhaben stemmen! Alle, die sich auf die ein oder andere Art beteiligen wollen, können mir gerne rund um die Uhr eine E-Mail schreiben und ich werde diese sobald als möglich beantworten: verena.humer@eudemlab.org

Europa.blog: Mit welchen Formen der Unterstützung von wem können Bereitwillige rechnen bei ihren Aktionen vor Ort?

Verena Humer: Da wir ein kleines, aber sehr engagiertes Team sind, können wir natürlich nicht überall persönlich vor Ort sein. Wir stehen aber, wenn gewünscht, inhaltlich unterstützend zur Seite, wenn man z.B. auf der Suche nach Gesprächspartner*innen für eine Diskussionsrunde ist. Einige Wochen vor der Veranstaltung werden wir auch einen Reader sowie ein Info-Paket auf die Projekt-Website online stellen!

Europa.blog: Die zentrale Schnittstelle des Projektes ist das European Democracy Lab. Wie verstehen Sie die Rolle des European Democracy Lab im Prozess der Realisierung des Projekts und im Zusammenspiel mit den örtlichen Akteuren?

Verena Humer: Das Lab ist sozusagen die Bürokratische Einheit hinter dem Projekt, das nur durch die selbständige Teilhabe vieler verschiedener Orte und Personen glücken kann, steht. Wir stellen das Manifest, Texte zum Thema, Newsletter, Drucksorten wie Flyer und eine Website (die bald entstehen wird) zur Verfügung. Für die Realisierung einer eigenen Verlesung wäre es schön, wenn folgende Punkte erfüllt werden könnten:

  • Möglicher musikalischer Einstieg: Europa-Fanfaren op.130 (Basis: Ode an die Freude / oder Musik in Anlehnung daran) erklingen lassen (wir stellen Noten zur Verfügung) – am besten mit Trompeten
  • Verlesung Manifest, 10.11.2018 um genau 17 Uhr
  • Lokale und regionale Medien-Arbeit
  • Die Veranstaltung auch über soziale Netzwerke bewerben
  • Fotos und Videos von der Aktion machen (gerne auch Texte!)

Europa.blog: Frau Humer, herzlichen Dank für das Gespräch.

Titelfoto: Europa und der Stier, Konrad Niemeyer CC BY-NC-ND 2.0

Verena Humer studierte Germanistik, Cultural und Gender Studies in Wien. Nach mehreren Jahren am Elfriede Jelinek Forschungszentrum, wo sie u.a. das Projekt „Ökonomie und Gender“ leitete, war sie als Dramaturgin und PR-Beraterin für verschiedene KünstlerInnen tätig. Seit 2018 ist sie Projektleiterin des European Balcony Project und freut sich sehr über die Zusammenarbeit mit dem Team des European Democracy Lab unter der Leitung von Ulrike Guérot.

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