Von Jürgen Klute
Jahrelang nahm die Berliner Bundesregierung beim Umwelt- und Klimaschutz eine Bremserrolle ein – auf bundesdeutscher Ebene sowie auf EU-Ebene. Die Ampelregierung scheint das tatsächlich ändern zu wollen. Das von Wirtschafts- und Klimaminister Robert Harbeck vorgelegte Programm zum klimafreundlichen Umbau der bundesdeutschen Wirtschaft geht sicher noch nicht weit genug und es fehlt noch an sozialpolitischer Abfederung. Aber grundsätzlich nimmt es richtige und dringend nötige Weichenstellungen vor.
In einem Spiegel-Interview hat sich vor wenigen Tagen der IG-Metall-Vorsitzende Jörg Hofmann zu den Plänen von Minister Harbeck geäußert. Für Gewerkschaften sind Energie- und Verkehrswende eine schwierige Angelegenheit. Sie vertreten die Interessen der Beschäftigten. Sowohl die Energie- als auch die Verkehrswende erfordert massive Umstrukturierungen in den entsprechenden Wirtschaftszweigen. Und die haben weitreichende Auswirkungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Um so bemerkenswerter ist das Interview, dass Markus Dettmer mit Jörg Hofmann geführt hat, das hinter der Paywall des SPIEGEL liegt („Deutschland darf nicht zur Bad Bank alter Technologie werden“, DER SPIEGEL, 13.01.2022).
Hofmann, davon ist auszugehen, hat das Interview mit dem IG Metall Vorstand abgestimmt. Der Vorstand steht damit – zumindest mehrheitlich – hinter den Aussagen von Hofmann. Die IG Metall setzt damit einen Weg fort, den sie bereits 2016 mit ihrer Unterstützung erneuen EU-Abgasnormen eingeschlagen (vgl dazu: Neue Abgasnormen als Chance nutzen). Das heißt zwar nicht, dass alle Mitglieder der IG Metall dem zustimmen, aber dennoch ist mit den Aussagen von Hofmann die klimapolitisch Grundrichtung der IG Metall aufgezeigt – immerhin ist sie die größte und einflussreichste Industriegewerkschaft der Bundesrepublik und aktiv in den Branchen, die von Energie- und Verkehrswende am stärksten betroffen sind.
In der Vergangenheit waren die großen Industriegewerkschaften oft Bremser einer wirksamen Umweltpolitik und haben nicht selten einen Gegensatz von Sozialem und Ökologie behauptet. Von dieser Position hat die IG Metall sich emanzipiert. Das spricht allerdings auch dafür, dass sich die entsprechenden Wirtschaftszweige, in denen die IG Metall vertreten ist, auf eine klimapolitische Neuausrichtung einstellen.
Die wichtigsten Punkte, die Hofmann benennt sind die folgenden:
- Hofmann begrüßt das klimapolitische Programm von Wirtschafts- und Klimaminister Robert Harbeck als notwenigen Modernisierungsimpuls für die bundesrepublikanische Wirtschaft, die ohne diesen Anstoß für Hofmann zu einer „Bad Bank alter Technologien“ würde.
- Hofmann spricht sich ohne jede Relativierung gegen eine Renaissance der Atomenergie aus.
- Selbstverständlich verliert Hofmann nicht die Ängste und Bedarfe der Beschäftigten aus den Augen. Er fordert ebenso klar, dass der Umbau der Wirtschaft mit arbeitsmarktpolitischen Instrumenten begleitet und sozial abgefederte wird, um den Beschäftigten in den alten Industrien einen Zugang zu neuen auskömmlichen Arbeitsplätzen zu ermöglichen und zu sichern. Und erfordert die Beteiligung von Gewerkschaften und Beschäftigten am Umbauprozess.
Im letzten Jahr hat die Klimabewegung das Gespräch mit den Gewerkschaften gesucht gesucht gehabt (vgl.: Fridays for Future und Verdi: Gemeinsame Kampagne, taz, 02.02.2021). Offensichtlich waren die Bemühungen der Klimabewegung, die Gewerkschaften von der Notwendigkeit einer ambitionierten Klimapolitik zu überzeugen, erfolgreich. Dafür spricht dieses Interview, das aus meiner Sicht ein klimapolitischer Meilenstein ist.
Titelbild: IG-Metall by holgi CC BY-NC 2.0 via FlickR
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