Von Frederik D. Tunnat
Der Frankfurter Rundschau ist diese Meldung immerhin eine Veröffentlichung wert, während die Information anderen Medienkonzernen wie Springer, Spiegel und Co. nicht mal die Veröffentlichung wert scheint: „Die Zahlen sind besorgniserregend. Immer mehr ältere Menschen bekommen eine Rente, die auf oder unter dem Niveau der Grundsicherung im Alter liegt“.
In wenigen Wochen jährt sich die Etablierung der Hartz Gesetzgebung, wie die von der SPD und den Grünen unter Kanzler Gerhard Schröder und Vizekanzler Joschka Fischer ab 2002 verabschiedeten Änderungen der Sozial- und Rentengesetzgebung salopp genannt werden.
Außer der massiven Reduzierung der Arbeitslosenhilfe auf damaliges Sozialhilfeniveau, umfassten die als REFORM bezeichneten Gesetze auch die massive Reduzierung der gesetzlichen Renten. Die Berechnungsgrundlage wurde drastisch verändert. Beitragszeiten neu definiert bzw. gestrichen. Die Neuberechnung meiner Rentenansprüche im Jahr 2008 reduzierte diese von einem auf den anderen Tag um 30%, einschließlich der eingeführten Doppelbesteuerung um über 40%, gegenüber den durch Rentenauskunft zuvor schriftlich dokumentierten Zahlen. Nimmt man ähnliche Prozentsätze für die heutigen Armutsrentner an, läge ein Großteil – ohne die Hartz Änderungen – deutlich über der Grundsicherung! Dazu bitte bedenken: wir stehen erst am Beginn der Armutsentwicklung für deutsche Rentner.
Mit dem nun mehr und mehr zu Tage tretenden niederschmetternden Ergebnissen für die betroffenen Rentner: rund 7,9 Millionen Menschen in Deutschland erhalten eine monatliche Rente von weniger als 950 Euro, d.h. unterhalb des ohnehin willkürlich angesetzten, unzureichenden Grundsicherungsbetrags von 950 Euro. Damit liegen 2024 42,1% aller Altersrenten auf oder unter dem Niveau der Grundsicherung!
Im Vergleich zum Jahr 2022 bedeutet das einen Anstieg um 9,5%, anders ausgedrückt: Es gibt 2024, also nur zwei Jahre später fast 800.000 Rentner mehr, deren Rente auf oder unter dem Niveau der Grundsicherung liegt. 2022 waren es 7,2 Millionen, was 38,8 Prozent aller Altersrenten entsprach, aktuell sind es bereits 7,9 Millionen, mit stark steigender Tendenz.
Denn wir sehen erst die Spitze des Eisbergs! Die derzeitigen Rentner können noch auf langjährige Beitragszeiten zurückblicken, in denen sie volle Rentenbeiträge abführten. Dass allein zwischen 5 bis 20 Jahre unter Hartz Gesetzen ausreichen, die Situation deutscher Rentner dermaßen dramatisch ausufern zu lassen, ist ein gewaltiger sozialer Skandal. Dass man ausgerechnet einer Anfrage eines AfD-Politikers (René Springer) bedurfte, um besagte Daten von der Bundesregierung zu erhalten ist ein kleiner Nebenskandal. Denn es beweist das bewusste Wegsehen der Mehrheit unserer aktuellen Politiker, unabhängig ihrer Parteizugehörigkeit.
Von den insgesamt 7,9 Millionen Menschen, deren Rente unter dem Grundsicherungsniveau liegt, sind nach Regierungsangaben 1,5 Millionen Ausländer. Damit erhalten 73,5 Prozent der ausländischen Rentner weniger als 950 Euro Rente. Bei den deutschen Rentnern liegt der Anteil bei 38,2 Prozent.
Die wenigen Zahlen belegen den sozialpolitischen Irrsinn, den SPD und Grüne, mit tatkräftiger Zustimmung von CDU/CSU und Liberalen mit besagter Hartz Gesetzgebung losgetreten haben. Wenn die derzeitige Rentnergeneration mit weitgehend „intakter“ Erwerbsbiografie bereits zu einem derart hohen Anteil auf zusätzliche Sozialleistungen durch die Steuerzahler – die zum überwiegenden Teil Arbeitnehmer sind – angewiesen sind, wie soll sich die soziale Lage der kommenden Rentnergeneration darstellen, die vielfach – dank Hartz IV – im Niedriglohnsektor und Leiharbeit tätig war, sowie längere Zeiten von Arbeitslosigkeit aufweist, Zeiten, für die keinerlei rentenrelevante Berücksichtigung mehr erfolgt, wie bei Arbeitslosenhilfeempfängern früher, so ist unschwer zu kalkulieren, dass es in weiteren 20 Jahren die absolute Mehrheit der gesetzlichen Rentner sein wird, die Renten deutlich unterhalb der Grundsicherung beziehen werden. Was das für das steuerfinanzierte Sozial- und Rentenbudget bedeutet, ist schlichtweg gar nicht leistbar, solange nicht die bisher bewusst zu Gunsten Vermögender nicht eingezogene Erbschafts- und Vermögenssteuern wieder eingezogen werden.
Die zitierten Zahlen beweisen deutlich, dass sich zu geringe Einkommen fatal auf die späteren Altersbezüge auswirken. Ausländer, die seit drei Generationen helfen, das deutsche Wirtschafts- und Sozialsystem am Laufen zu halten, wurden stets deutlich schlechter entlohnt – ähnlich den Frauen – als Deutsche, was die obigen Zahlen beeindruckend drastisch belegen: 73,5% der ausländischen Rentner kommen nicht auf eine Rente auf Grundsicherungsniveau! Das ein zweiter, nicht minder heftiger Rentenskandal.
Die Daten und Zahlen hinsichtlich der gesetzlichen Rentner sollten selbst Betonköpfen in FDP wie CDU/CSU deutlich vor Augen führen, wie kontraproduktiv und falsch es ist, weiter an den Sozialleistungen und am Rentensystem herumzudoktern, während gleichzeitig auf erhebliche Steuern zur Gegenfinanzierung durch die Vermögenden der Republik bewusst verzichtet wird. Last but not least müssen endlich, mit der Verzögerung von 20 Jahren, die Einschnitte bei den gesetzlichen Renten auf die Beamtenpensionen übertragen werden. Nur so wird etwas soziale Gerechtigkeit hergestellt. Pensionen würden dann statt heute zwischen 3000 bis 4000 Euro bei 2000 bis 300 Euro liegen; immer noch mehr als doppelt soviel wie bei gesetzlichen Rentnern.
Die Schere der sozialen Ungerechtigkeit ist nicht nur zwischen Arm und Reich, sondern auch drastisch zwischen Rentnern und Pensionären auseinander gegangen. Um den sozialen Frieden wieder herzustellen, besteht hier seitens der Bundesregierung ebenso großer Handlungsbedarf, wie bei der Wiedereinführung angemessener Steuern für Vermögende.
Statt sich über Bürgergeld und vermeintliche Arbeitsunwilligkeit zu echauffieren, sollten selbst Konservative erkennen, dass wir uns, um des sozialen Friedens und des Fortbestands unserer demokratischen Ordnung nicht länger die praktizierte steuerliche Ungleichbehandlung leisten können. Der unmissverständliche Auftrag für jedwede neue Bundesregierung kann nur lauten: Wiedereinführung einer fairen Erbschafts- und Vermögenssteuer, Ende mit weiteren Kürzungen im Sozialbereich, sowie den Wiederaufbau einer verteidigungsfähigen Bundeswehr, die ihren Verfassungsauftrag, unser Land effektiv schützen zu können, auch tatsächlich nachkommen kann. Wer all diese Minimalanforderungen ignoriert, wird Deutschland nicht nur weiter spalten, sondern mittelfristig als Staat ganz oder teilweise abschaffen. Die vorliegenden Zahlen und Daten – nicht nur die wenigen zitierten zur Rente – sprechen eine deutliche Sprache.
Titelbild: Tim Reckmann CC BY 2.0 DEED via FlickR
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