Auch wenn der Erste Weltkrieg im Geschichtsunterricht unserer Schulen meist nicht denselben Stellenwert einnimmt wie der Nationalsozialismus und der darauffolgende Krieg, so ist er für die europäische Geschichte von ebenso großer Bedeutung. Er hat uns gezeigt, wie schnell einzelne Ereignisse die gesamte politische Ordnung ins Wanken bringen können.

Yannick Moebus von der politischen Empfehlungsplattform The Buzzard gibt einen kurzen Überblick darüber, wodurch der erste Weltkrieg ausgelöst wurde und welche Folgen er hatte.

Dieser Text ist ein Gast-Beitrag aus der aktuellen Debattenschau von The Buzzard zur Frage: 100 Jahre Erster Weltkrieg: Müssen wir Angst haben, dass sich die Geschichte wiederholt?

Gast-Beitrag von Yannick Moebus, The Buzzard

Was war der Auslöser des Ersten Weltkriegs?

Am 28. Juni 1914 wurden der österreichisch-ungarische Thronfolger Franz Ferdinand und seine Frau in Sarajevo vom serbischen Nationalisten Gavrilo Princip ermordet. Sarajevo war damals ebenso wie ganz Bosnien Teil des österreichisch-ungarischen Reiches (auch K.u.K.-Monarchie). Die Annexion Bosniens von 1908 wurde von Bosniern und Serben allerdings als Besatzung angesehen. Mit der Ermordung des Thronfolgers sollte eine Unabhängigkeit Bosniens erreicht werden.

Eine Woche nach dem Anschlag stellte Deutschland Österreich-Ungarn einen Blankoscheck aus, indem es der K.u.K.-Monarchie Bündnistreue und militärische Unterstützung auf dem Balkan garantierte. Auf der anderen Seite sprach Russland seine Unterstützung für Serbien aus. Bezüglich der Zusammenarbeit zur Aufklärung des Anschlags finden Wien und Serbien keine Lösung. Internationale Vermittlungsversuche werden von österreichisch-ungarischer Seite ausgeschlagen. Daraufhin erklärt Österreich-Ungarn am 28. Juli 1914 Serbien den Krieg.

Die Mobilmachung russischer Truppen am 30. Juli 1914 führte zu einer Kriegserklärung von Deutschland an Russland. Da die Franzosen sich mit Russland verbündeten, erklärte Deutschland auch Frankreich den Krieg. Als deutsche Truppen am 4. August 1914 in das bis dahin neutrale Belgien einmarschierten tritt Großbritannien als Schutzmacht Belgiens ein.

Was charakterisierte damals die deutsche Gesellschaft?

Bezogen auf Deutschland wird vom sogenannten “August-Erlebnis” gesprochen. Dies bezieht sich auf das Glücksgefühl und die nationale Begeisterung, die sich in Deutschland während dem Kriegsbeginn verbreitete. Die meisten sahen den Krieg als Verteidigung, nicht als Angriff an und fanden ihn daher völlig gerechtfertigt. Nationalismus und Militarismus erzeugten unter dem Großteil der Deutschen das Gefühl, den Kriegsgegnern überlegen zu sein. Ein Grund für diese Überzeugung war auch die Tatsache, dass der Krieg gegen die Franzosen 1870/71 sehr schnell gewonnen wurde.

Unter der Bevölkerung auf dem Land, die hauptsächlich von Landwirtschaft lebte, hielt sich die Begeisterung jedoch zurück, da man aufgrund der Einberufung der Männer in die Armee Einbußen bei der Ernte befürchtete. Während des Krieges selbst ebbte die Begeisterung schnell wieder ab. Grund dafür war der wirtschaftliche Fokus auf Kriegsproduktion, was wiederum zu materieller Not in anderen Bereichen führte. Wachsende gesellschaftliche Klassenunterschiede riefen Probleme hervor und gegen die wachsenden Lebensmittelknappheiten richteten sich Proteste.

In der Arbeiterschaft der für Kriegsmittel relevanten Großbetriebe mehrten sich Streiks und Aufstände, die einen Höhepunkt bei der Verhaftung des Antimilitaristen Karl Liebknecht fanden.

Was hat sich nach dem Ende des Ersten Weltkriegs für Deutschland geändert?

Bis zuletzt war die Bevölkerung von einem deutschen  Sieg überzeugt. Die Nachricht der Niederlage kam überraschend. Als die deutschen Soldaten zurückkehrten, trafen sie auf ein politisch gespaltenes Land, in dem sie sich einer von vielen politischen Bewegungen anschließen konnten.

Da die Niederlage so überraschend kam, konnten sich viele Deutsche nicht mit der Niederlage abfinden und forderten eine Revanche oder suchten Schuldige. Dazu eigneten sich unter anderem die Juden, die durch die “Dolchstoßlegende” in Verruf gerieten. Dieses Erbe der Kriegsniederlage war ein Grund dafür, weshalb die Rechtsextremisten in dieser Zeit einen Zulauf erfuhren. Die Wut richtete sich dabei auch gegen die Beschlüsse aus dem “Versailler Vertrag”, durch den sich ein Großteil der Deutschen benachteiligt fühlte.

Was waren die Folgen der Friedensverträge von Versailles?

Das offizielle Ende des Ersten Weltkriegs wurde durch den Friedensvertrag von Versailles besiegelt. Er wurde am 20. Januar 1920 vom besiegten Deutschland und den 27 alliierten Siegermächten unterzeichnet. In den Verträgen wurde Deutschland als Kriegsschuldiger herausgestellt und für die entstandenen Kriegskosten der Siegermächte verantwortlich gemacht. Vor allem im Osten musste Deutschland Gebietsverluste hinnehmen. Aus dem Völkerbund blieb Deutschland vorerst ausgeschlossen. Die Armee musste auf 115.000 Mann reduziert werden. Dem deutschen Handel wurden Restriktionen auferlegt. Das Rheinland wurde in drei alliierte Besatzungszonen aufgeteilt, welche in fünfjährigen Intervallen nacheinander geräumt werden sollten. Die Besatzung konnte allerdings verlängert werden, wäre Deutschland seinen Abrüstungs- und Reparationsverpflichtungen nicht nachgekommen.

Innerhalb der deutschen Bevölkerung riefen die Verträge Empörung hervor, da die Bedingungen als zu hart angesehen wurden. Um einen möglichen Einmarsch der Alliierten zu verhindern und die katastrophale Ernährungslage zu verbessern, unterzeichnete Deutschland die Verträge von Versailles. Dabei wurden keine Änderungsvorschläge von deutscher Seite akzeptiert.

Die Unzufriedenheit der deutschen Bevölkerung kann als einer der Gründe für den folgenden Aufstieg der Nationalsozialisten und den Untergang der Weimarer Republik gesehen werden. Sie richtete sich vorerst gegen die Bestimmungen des Versailler Friedensvertrages, infolgedessen später aber auch gegen die eigene Regierung.

Der Autor: Yannick Moebus

Foto: privat

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