Von Frederik D. Tunnat

Was aktuell, im Lauf dieser Woche, im Zusammenhang mit einer extremen Wetterlage, in den Bundesländern Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz, sowie im benachbarten Ostbelgien, über die Einwohner dieser wunderschönen Landstriche hereinbrach, ist mit den Begriffen Starkregen, Extrem-Niederschlag nur unzureichend beschrieben.

Die Folgen der extrem heftigen Regenfälle äußerten sich aktuell in zerstörten Ortschaften, vertriebenen, getöteten, vermissten Einwohnern gewaltigen Ausmaßes, weggespülter Häuser und Ortsteile, lahm gelegter Infrastruktur (Strom, Wasser, Gas, Internet), zerstörten Straßen, Brücken, Firmen, Geschäften, Häusern, Wohnungen, in einem Umfang und Ausmaß, das nur den Vergleich mit Gewalteinwirkung durch Krieg zulässt.

Dennoch hat bereits die elende Diskussion zwischen Befürwortern einer menschengemachten Klimaveränderung und deren Verweigerern begonnen. Während Diejenigen, die, ähnlich des irrlichternden Trump, weiter behaupten, für menschenverursachten Klimawandel gebe es keine Beweise, ist für einen nicht unerheblichen Teil der Bevölkerung nun der ultimative Beweis erbracht, für den Zusammenhang zwischen menschenverursachter Umweltverschmutzung und der Antwort des Planeten darauf, in Form derart monströsen Wetters.

Für mich besteht keinerlei Zweifel, dass die extremen Wetter-Phänomene, die wir in diesem Jahr, wie in den letzten 5-10 vorangegangenen in Deutschland, Europa, Nord- und Südamerika ebenso verzeichnen, wie in Sibirien, der Arktis und Antarktis, aber auch in Afrika, Asien und den Pazifikstaaten, mit der durch uns, unsere Art zu produzieren, Umwelt zu zerstören, Ressourcen zu vergeuden, sowie mit der steigenden Weltbevölkerung, einher gehen.

Wir alle hätten es bereits vor knapp 50 Jahren, spätestens 1972 nach der Lektüre von „Die Grenzen des Wachstums“ wissen können, ja müssen. Wer die Studie des Club of Rome übersehen hatte, dürfte spätestens 1975, nachdem Herbert Gruhl – nebenbei bemerkt ein CDU Bundestagsabgeordneter – sein Buch „Ein Planet wird geplündert“, als direkte Reaktion und Auseinandersetzung mit den Thesen des Club of Rome veröffentlichte, keine Ausrede mehr gehabt haben, um, wie Klimawandel-Leugner noch heute, zu behaupten, es gebe keinerlei Klimawandel und keine durch menschliche Einwirkung verursachte Umweltverschmutzung.

Doch statt diese beiden bahnbrechenden Bücher über den Klimawandel und dessen dramatische Folgen – wie wir sie exakt in dieser Woche in nicht zu überbietender Prägnanz beobachten konnten – zu lesen, und noch wichtiger, statt ab dann grün oder links zu wählen, denn die CDU ignorierte ihren Gruhl und seine grünen Thesen selbstredend, und den eigenen Lebenswandel ökologisch auszurichten, lasen die Menschen damals lieber die blödsinnigen Verschwörungstheorien eines Erich von Däniken, geilten sich an Esther Vilar und ihrem Dressierten Mann auf, ereiferten sich über Solschenizyns Archipel Gulag (was natürlich opportun und richtig war), lasen, wie der Geist Hoimar von Ditfurths nicht vom Himmel fiel, fragten sich mit Hans Küng ob Gott existiere, folgten Charles Berlitz ins Bermuda Dreieck, ergötzten sich an Sebastian Hafners Anmerkungen über Hitler – statt sich mit der Zukunft unseres Planeten, unseres Klimas, sowie der eigenen, wie der Zukunft ihrer Kinder und Enkel zu befassen!

Statt den eigenen Lebenswandel entsprechend einzuschränken, wurde gelebt und konsumiert, als wären die Warnungen des Club of Rome und Gruhls dummes Zeug. Jedes Jahr kamen mehr PS stärkere Autos auf die Straßen, die Industrie und Wirtschaft pustete nicht nur in Deutschland und Europa immer mehr CO2 in die Atmosphäre; wir exportierten zur Gewinnoptimierung unsere Umweltprobleme in die bis dahin CO2 technisch wenig verschmutzenden Dritte Welt Länder, allen voran nach China, Indien, Südostasien. Heute wird dort ein Großteil der Umweltverschmutzung zu Lasten unseres Planeten und unserer Umwelt erzeugt. Wir wollen ja alles so billig wie möglich, was bedeutet, so umweltschädlich wie möglich herstellen.

Meine Generation, ich sage das durchaus selbstkritisch, obwohl ich mich früh für die Umweltproblematik erwärmte, und zumindest das Buch des Club of Rome las, hat binnen der vergangenen 50 Jahre massiv dazu beigetragen, dass wir heute an einem bzw. mehreren Klima-Kipp-Punkten leben, nach deren Kippen unser Klima irreversibel umsteuert und auf mindestens zwei, drei Generationen, selbst wenn wir es von nun an mit dem Klimaschutz ernst nehmen würden – wonach es absolut nicht aussieht – in massiver Weise dem extremen Klima ähneln wird, wie wir es seit einigen Jahren weltweit erleben, mit all seinen brutalen Folgen für uns Menschen, die Natur, unsere Umwelt, die Tier- und Pflanzenwelt.

Ich frage mich, was braucht es eigentlich noch? Welche Auswirkungen, welche Extreme, welche Katastrophen müssen noch eintreten, bevor die Mehrheit weltweit zur Kenntnis nimmt, dass wir unseren Planeten an den Rand seiner und damit unserer Existenz manövriert haben. Wenn wir nicht augenblicklich inne halten, umsteuern, und rücksichtsvoller mit unserer Umwelt umgehen – überall auf der Welt, auch dort, wo täglich brandgerodet wird – dann müssen wir, mehr jedoch und weit nachdrücklicher unsere Kinder und Enkel, unter unserem Nicht-Handeln, nicht Agieren, unserer Verweigerungshaltung, leiden. Das ist alles andere als fair. Umso berechtigter darum die Forderungen von Friday for Future, von Greta Thunberg und Co.

Keine leichte Entscheidung für die anstehende Bundestagswahl. Zwar bedienen die Grünen die Thematik weitgehend, doch ihre Kanzlerkandidatin hat nicht das Zeug noch die charakterliche Eignung, das Programm umzusetzen. Auch wird sie keine Gelegenheit erhalten, Kanzlerin zu werden. Dumm gelaufen, aber das ist auf dem Mist der Grünen und ihren Entscheidungsprozessen gewachsen.

Weder die SPD und ihr Spitzenkandidat haben die Kompetenz in Sachen Umweltschutz, die es braucht, um schnell und effektiv zu handeln. Die CDU/CSU und ihr Kandidat Laschet sind in den Jahren seit Gruhl nicht gerade als Freunde der Umwelt aufgefallen, ganz im Gegenteil, setzen sie sich gern für die Bosse und deren Umweltverschmutzungsprogramm ein.

Ein Dilemma: drei ungeeignete Kandidaten, kein wirklich gutes Konzept für das, was der Planet und wir als seine Einwohner dringend benötigen: drastisches Umsteuern beim Produzieren und Wirtschaften, Einschränkungen beim Konsum und Reisen in einem Ausmaß, gegen das die allseits abgelehnten Corona-Schutzmaßnahmen wie ein Witz wirken. Es bleibt nur, um es sinngemäß mit Heinrich Heine zu sagen: „Denk ich an Deutschland und den Umweltschutz in der Nacht, bin ich um meinen Schlaf gebracht“.

Wo bleibt die angeblich vorhandene „Schwarm-Intelligenz“ im Zusammenhang mit der Aufstellung und Wahl von befähigten Politikern? Und wo anlässlich von Wahlen? Sie wäre in der gegenwärtigen Situation dringend erforderlich. Bleibt nur das Prinzip Hoffnung!

Titelbild: Unwetter | Foto: Oliver Henze CC BY-ND 2.0 via FlickR

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