Von Frederik D. Tunnat

Vor wenigen Tagen wurde auf Donald Trump, den vormaligen Präsidenten der USA und neu gekürten Präsidentschaftskandidaten der Republikaner ein Attentat verübt.

Wie häufig, war der Attentäter Einzelgänger und Wirrkopf. Dass er starb, ist gut für ihn und uns, denn es erspart uns ein entsetzliches Maß an Presseberichten und seine Instrumentalisierung in einem bereits überhitzten, gewalttätigem Wahlkampf in den USA.

Welch desaströse Kräfte Attentate freisetzen können, wissen wir von einem der bekanntesten Attentate der Vergangenheit. Dem vom 28. Juni 1914 in Sarajewo. Dieses Attentat war der entscheidende Anlass zum Beginn des Ersten Weltkriegs, damit indirekt später auch des Zweiten Weltkriegs, sowie, über gewisse Umwege, eine der zahlreichen Ursachen für den Krieg Putins gegen die Ukraine.

Das jüngste Attentat, in einer schier endlos langen Reihe von Attentaten, das auf Donald Trump, steht weniger in direktem Bezug zum Attentat von 1914, als vielmehr zu drei Attentaten des Jahres 1926. Diese fanden am 7. April, 11. September und 31. Oktober 1926 in Italien statt, und galten allesamt ein und demselben Mann: Benito Mussolini. Gleich drei, in kurzem Abstand zueinander vorgenommene Attentate auf ein und dieselbe Person, sind nicht nur selten, sondern auch ungewöhnlich. Normalerweise ist nach einem Attentat Schluss, weil der Attentäter entweder getötet oder verhaftet wird. Anders in diesem Fall. Zwar waren es drei unterschiedliche Attentäter, die Mussolini aufs Korn nahmen, doch einte sie ihre politische Überzeugung. Es waren zwei Antifaschisten und ein Anarchist, also Menschen, die etwas gegen Diktatur und Faschismus haben.

Das Ende des Weltkriegs hatte 1919 eine schwere Staatskrise in Italien ausgelöst. Während der anhaltenden Staatskrise übernahmen die Faschisten unter Benito Mussolini 1922 die Macht,  und höhlten die konstitutionell-monarchisch verfasste Demokratie Italiens bis 1926 Schritt für Schritt aus. Dies rief Antifaschisten und Anarchisten auf den Plan, die, um die sich ausbreitende faschistische Diktatur in letzter Sekunde zu verhindern, auch vor politischer Gewalt nicht zurückschreckten. Dass Attentatsopfer Mussolini binnen sechs Monaten gleich drei, ihm geltende Attentate überlebte, ist nicht nur ungewöhnlich, sondern grenzt an ein Wunder.

Ähnlich sehen das in den USA die überzeugten Anhänger Donald Trumps. Für sie grenzt es an ein göttliches Wunder, dass Trump das Attentat überlebte. Man möchte sich nicht ausmalen, was in den USA los wäre, hätte es drei Attentate auf Trump gegeben und er, wie seinerzeit Mussolini, hätte alle drei überlebt.

Im Fall Mussolinis im Jahr 1926 schlug dieser aus den fehlgeschlagenen, überlebten Attentaten politisch Kapital, indem er die Attentate nutzte, die anderen, noch existierenden Parteien aufzulösen, sowie die bisher gewährten politischen Freiheiten massiv einzuschränken. Damit entfalteten die, als Befreiung von der faschistischen Diktatur angedachten und geplanten Attentate eine umgekehrte, destruktive Wirkung: statt mehr Freiheit, Ende der Freiheit und Einführung einer Einparteien-Einpersonen Diktatur in Italien.

Abseits ihrer ähnlichen Abläufe – 1926 überlebt Attentatsopfer Mussolini, 2024 überlebte Trump – weisen das Attentat von 2024 und jene von 1926 weitere beängstigende Parallelen auf. Wie seinerzeit Mussolini in Italien nach den Attentaten eine faschistische Diktatur errichtete, plant Trump, der sich seit Jahren immer stärker zu faschistischen Ideen und Überzeugungen bekennt, die Demokratie der USA in einen diktaturähnlichen Staat umzubauen, dessen Politik auf ein Einparteiensystem hinausläuft, inspiriert von faschistisch-nationalistischem Gedankengut, um dem inzwischen grenzenlosen Machthunger eines alten Mannes zu dienen: Trump.

Insofern besteht zwischen den drei Attentaten 1926 in Italien, am Übergang von einer Demokratie hin zu einer faschistischen Diktatur, sowie dem Attentat auf Trump in den USA 2024, kurz vor dem Übergang von einer bewährten Demokratie zu einer faschistoiden Einmann-Diktatur, ein Zusammenhang. Dass der von Trump und seiner MAGA Bewegung gepredigte und angestrebte Isolationismus als makabere Auswirkung den Beginn eines neuen weltweiten Krieges auslösen kann, womit wir wieder beim Attentat von Sarajewo 1914 angelangt wären, sei am Rande erwähnt. Denn der von Trump und seinen Anhängern angekündigte Ausstieg aus der NATO, der Rückzug aus Europa, die Konzentration auf die USA und Nordamerika, hinterlässt im bereits kriegerisch verseuchten Europa ein militärisch-politisches Vakuum, das Putin für seine russisch-faschistische Diktatur nutzen wird, um seine imperialistischen Weltmachtphantasien Wirklichkeit werden zu lassen. Da dies zwangsläufig einen europaweiten Krieg nach sich zieht, wird sich im Anschluss an den europaweiten Krieg, das seinerseits nach Weltherrschaft strebende China, eine unter kommunistischem Deckmäntelchen agierende Einmann-Diktatur Xi Jinpings, aufgefordert fühlen, seinerseits seinen lange angestrebten Krieg im Pazifik wie in Asien loszutreten. Über diesen Umweg werden die sich durch Trump selbst isolierenden USA schneller als ihnen lieb ist, in einen neuen weltweiten Krieg involviert sehen; allerdings um den Preis, den europäischen Kriegsschauplatz – wegen des Austritts aus der NATO – nicht mehr direkt zu ihren Gunsten beeinflussen zu können, wie 1945.

Das fehlgeschlagene Attentat auf Trump wird, jenseits der aufgezeigten, mutmaßlich zukünftigen Wirkungen, zudem in den nächsten Monaten eine innenpolitisch, in den USA längst im Gang befindliche Entwicklung befeuern. Eine der innenpolitischen Auswirkungen in den USA wird sein, dass sich die, bisher noch nicht endgültig zugunsten Trump geneigte Wahl-Waagschale, sich um das entscheidende Quantum zu seinen Gunsten neigt. Ich bin zu meinem großen Bedauern davon überzeugt, dass das Attentat dazu beiträgt, Trump den Wahlsieg zu schenken, mit all den für die USA, für Deutschland, Europa und die Welt absehbaren, schrecklichen Folgen und Weiterungen.

Ein verwirrter zwanzigjähriger politischer Wirrkopf wird so posthum, über sein fehlgeschlagenes Attentat, in die Geschichte eingehen, als jener entscheidende „Flügelschlag eines Schmetterlings“, der das Zeug hatte, eine künftige Entwicklung in eine, für unzählige Menschen weltweit unerwünschte, ihre Existenz bedrohende Richtung zu verschieben. Trump ist nach diesem Ereignis nicht mehr zu verhindern. Er wird kommen, mit all den mit seiner Person implizierten ungünstigen bis schrecklichen Folgen.

Titelbild: IoSonoUnaFotoCamera CC BY-SA 2.0 DEED via FlickR

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