Beitrag von Vesna Caminades
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
seit ich begonnen habe, für Europa.blog zu schreiben, ist mir eines bewusst geworden: möglichst keine schockierenden Inhalte durch Bilder vermitteln. Ein altes Sprichwort sagt allerdings: Bilder sagen mehr als 1.000 Worte. Schwierig für jemanden, der gerne bestimmte Situationen aufzeigen möchte, der aber auf jeden Fall aufpassen muss, dies auf möglichst verträgliche Art und Weise zu tun – was steckt eigentlich hinter dieser Überlegung?
Nun, nehmen wir ein praktisches Beispiel, denn dadurch lässt sich immer alles viel einfacher erklären. Wir sind kurz vor Ostern, welches Thema wird Ihrer Meinung nach IAMA besonders am Herzen liegen?
Sie liegen goldrichtig! Der Verzehr von Lammfleisch. Ich möchte vorwegnehmen, dass die Tatsache, dass vermehrt Küken sowie Häschen in dieser Zeit verschenkt werden, genauso ein Problem darstellt. Genauso besorgniserregend finde ich die Tendenz, zu Weihnachten oder eben auch zu Ostern, ein Haustier, meistens einen Hund, anzuschaffen. Das ist meinerseits nie eine besonders gute Idee, denn zu dem Zeitpunkt hat man womöglich Urlaub, also fällt das Gassi-Führen relativ leicht. Klammer auf: Wussten Sie, dass gerade jetzt, wo man aufgrund des Corona-Virus das Haus nicht verlassen darf, außer man hat einen triftigen Grund – eigenartigerweise mehr Menschen einen Hund adoptieren möchten? Schau mal an! Ist das vielleicht nicht damit verbunden, dass man dank eines Hundes das Haus verlassen darf? Und was ist nach der Krise? Landet da der Hund wieder im Tierheim oder noch schlimmer, irgendwo ausgesetzt auf die Straße? Wenn der Wunsch, „Spatzi“ zu gehen so stark ist, dann können wir uns lieber in unserer Nachbarschaft umsehen, ob es nicht womöglich ältere Menschen gibt, die einen Hund besitzen, aufgrund der Krise aber womöglich Angst haben, das Haus zu verlassen. In dem Fall könnten wir uns anbieten, den Kleinen auszuführen – so sind Besitzer, Hund und auch wir zufrieden – Win-win-Situation für jedermann. Und im Klartext: in dem Fall sind wir nach der Krise den Vierbeiner wieder los, sollten wir zu jenen Menschen gehören, die sich unter „einem Hund eigentlich nicht eine so große Verpflichtung vorgestellt hatten“ …
Zurück zu unserem Lamm! Warum wird zu Ostern so gerne Lammfleisch verzehrt? Tradition, Geschmack, Religion? Alles trifft zu.
Liebe Leserinnen, liebe Leser, ich will niemanden stören, aber nach den 60 Sekunden, die ich gerade erlebt habe, ist es mir wirklich gleichgültig, ob ich störe oder nicht. Hier können Sie in einer Minute sehen, was hinter Lammfleisch steckt. 60 Sekunden sind bald vorüber und wenn Sie sich soundso nicht besonders viele Probleme machen, dann schockieren Sie diese Bilder kaum.
Für diejenigen, die das Video nicht einmal anklicken wollen: kaum geboren, die Mutter blutet noch, das Kleine wird ihr entrissen (dabei erkennen Lämmer die eigene Mutter an den Lauten, die sie von sich gibt – es besteht eine sehr innige Beziehung zwischen dem Muttertier und dem Kleinen); eines auf dem anderen in einem LKW stundenlang transportiert (insbesondere aus dem Osten); meist ohne Futter und Wasser, wozu denn schon, die Tiere werden eh bald geschlachtet. Vor dem Transport werden die Tiere noch gewogen, sie hängen an den Vorderbeinen 8-10 Tiere an einem Haken, werden dann in den LKW geworfen und stundenlang transportiert. Die Angestellten im Schlachthaus steigen regelrecht über die Tiere hinweg. Die Lämmer sind eingepfercht, warten auf ihren Tod, sie wissen, dass etwas Schreckliches auf sie zukommt, denn sie hören die Schreie derjenigen, die vor ihnen geschlachtet werden. Der Kopf wird in eine Zange gesteckt, um den Elektroschock abzugeben, der das Tier betäuben „sollte“. Die Tiere zappeln, sie hängen an einem Bein, der Schlachter nimmt den kleinen Kopf in die Hand und durchsticht langsam den Hals mit einem langen Messer. Das Blut fließt, das Lamm zappelt weiter, bald bewegt es sich nicht mehr; ist es bereits tot? Kann man nicht sagen. Das Fell wird ihnen übrigens wortwörtlich vom Leib gerissen, ob sie 100% tot sind oder nicht – eben Pech gehabt. Und das alles einem Lamm. Verzeihen Sie mir den Vergleich, aber wir müssen uns bewusst sein, dass ein Lamm gerade eben größer als ein Baby ist. Kann das akzeptabel sein im Namen der Religion und des Profits? Hier ein Fakt zum Nachdenken, entnommen aus „Veganundmunter.com“:
„Angepriesen als ökologische Alternative zu Polyesterfußsäcken erfreuen sich Fußsäcke aus Lammfell großer Beliebtheit. Schließlich handelt es sich um ein „Naturprodukt“, das so schön wärmt und das fürs Baby ja nur gut sein kann. Für den eigenen Nachwuchs vielleicht, aber ganz sicher nicht fürs Lamm. Das musste für den Fußsack nämlich sterben. Wir fragen uns: Kann es etwas Makaberes geben, als sein Baby auf ein totes Baby zu legen? Vielleicht, aber vorstellen mögen wir uns nichts dergleichen. Dabei müssten doch gerade (werdende) Eltern sensibilisiert sein für das Leid, das ganz sicher hinter einem Lammfell steckt.“ Hier ein Beitrag von PETA dazu.
Anscheinend: wir nennen es „Osterlamm“. Ich habe in verschiedenen Beiträgen gelesen, das Lamm gehört zu Ostern, denn das geht noch auf das Alte Testament zurück.
Laut einem Artikel auf Vivat.de „gilt das Schaf schon seit Jahrtausenden als Symbol des Lebens, weil es nicht nur Speise (Fleisch) und Trank (Milch, Käse), sondern auch Kleidung (Wolle) gibt. Zudem wurde es in den alten Kulturen als Opfertier verwendet, weil man ihm gute Beziehungen zu den Göttern nachsagte.“ (Anmerkung: Diese guten Beziehungen schützen es leider nicht vor der Begierde und Unmenschlichkeit des Menschen.) „Besonders auch im Judentum diente es als Opfergabe an Gott (siehe Ex 12,1-13,16) und beim Propheten Jesaja (53,7) wird das Lamm auch zum Symbol für den »leidenden Gottesknecht«. Im frühen Christentum was es üblich, Lammfleisch unter den Altar zu legen, das geweiht und schließlich am Auferstehungstag als erste Speise gegessen wurde.“
Die FAZ vom 03.4.2015 berichtet hingegen, dass „die Lamm-Metaphorik auf die Pessach-Lämmer zurück geht, deren Blut vor dem Auszug der Israeliten aus Ägypten zum Schutz vor dem Tod an die Türpfosten gestrichen wurde, wie es das Alte Testament erzählt. Mit dem Pessach-Fest erinnern die Juden an die Rettung aus Ägypten. So hat es auch Jesus beim letzten Abendmahl getan, das in der Nacht des Pessach-Festes stattfand.“
Immer Vivat.de „Das Symbol vom Osterlamm hat seinen Ursprung bereits im Neuen Testament. Mit dem Lamm ist Jesus selbst als Lamm Gottes (»Agnus Dei«) gemeint, denn bei Johannes 1,29 steht: »Seht, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt«.
Damit wird also der Tod und die Auferstehung Jesu angesprochen, durch die er die Menschen erlöst hat. Aus diesem Grund findet das Symbol des Lammes zur Osterzeit die häufigste Verwendung, weil genau diese Erlösungstat in jenen Tagen besonders gefeiert wird.“ Weitere Anmerkung: ich möchte brennend gerne wissen, wie viele Personen, die so scharf auf Lammfleisch zu Ostern sind, überhaupt wissen, dass es einen religiösen Hintergrund hat und welchen? Die meisten setzen es auf ihre Speisekarte, weil es sich einfach so gehört, weil es gut ist, weil …
Das Lamm. Zeichen von Reinheit, Frömmigkeit, Unschuld, es gibt nichts, das wehrloser ist. Es soll Jesu Christi symbolisieren. Das Lamm ist Zeichen für Leben und Wiederauferstehung. Nichts könnte ironischer klingen. Kann es sein, dass die Kirche uns lehrt, heutzutage noch so mit einem Lebewesen umzugehen? Kann wirklich das der Sinn von Nächstenliebe sein? Waren das die Worte des Heiligen Franziskus? Würde er dem allen zustimmen? Ist es möglich, am Ostertag in der Kirche der Predigt über Erbarmen, Mitleid und Liebe zum Menschen und den Lebewesen zuzuhören und ein paar Stunden später, sich den Bauch vollzuschlagen mit einer zarten knusprigen Lammkeule? Wie kann so etwas möglich sein?
Da hilft es nichts, wenn anscheinend aufgrund der Corona-Viruskrise die Nachfrage nach Lammfleisch laut der Vereinigung Euromeat (Post vom 27.3.20) zurückgeht. Braucht es eine Pandemie, damit man das Lamm verschont?
Warum habe ich diesen Artikel „Bitte nicht stören“ betitelt und nicht „Armes Lamm Zeichen von Leben und Wiederauferstehung“?
Ganz einfach, ich werde mir immer mehr bewusst, dass sehr viele Personen Tiere lieben und gegen Tierquälerei sind. Leider lieben aber viele von ihnen den eigenen Magen und ihre Lust auf bestimmte Speisen mehr. Da stößt man an eine Grenze. Die Grenze der Gleichgültigkeit, des Wegschauens, des Nicht-Wissen-Wollens. Es gibt meines Erachtens verschiedene Kategorien von Personen:
- Ich weiß nicht, will nicht wissen und mache weiter wie bisher
- Ich weiß nicht, akzeptiere mehr zu erfahren, will aber weitermachen wie bisher
- Ich weiß nicht, will mehr darüber wissen und will etwas verändern
- Ich will überhaupt nicht wissen, was dahintersteckt, denn dann riskiere ich womöglich, schlechtes Gewissen zu entwickeln und das verdirbt mir die Gaudi
- Ich weiß, es ist mir aber egal, es ist eh nur ein Stück Fleisch, was soll der ganze Zauber um Lebewesen, Misshandlung, etc. – Tiere sind da, um gegessen zu werden und Schluss
Nicht wissen wollen, denn sonst riskiert man, dass der Genuss versaut wird. Nicht wissen wollen, dass Milchlämmer gerade erst ein paar Wochen alt werden, sie sind begehrt, weil ihr Fleisch nach Milch schmeckt und nicht nach anderem Futter – pervers!
Hier sehen Sie hingegen, was „Transport“ bedeutet – was hat das noch mit Nächstenliebe zu tun?
Ja, genau um all das geht es. Wenn nämlich diese Menschen zuschauen müssten, was dieses Lamm durchgemacht hat, bevor es als knusprige Keule oder Spareribs auf ihrem Teller liegen durfte, dann würde sich die eine oder der andere vielleicht dagegen entscheiden. Genauso erging es beispielsweise auch Paul Mc Cartney als er die Entscheidung traf, Vegetarier zu werden. Er hatte das Lamm, das ihm serviert wurde, einige Tage vorher lustig herumtollen sehen. Hier das Interview mit National Geographic, wo er darüber erzählt.
Kurz zusammengefasst, Lämmer sind so niedlich, sie sind von Ostern kaum wegzudenken. Sie sind Zeichen des Lebens, das gilt aber nicht für die Lämmer wohl gemerkt. „Schade, dass man Lämmer so behandelt, das sollte man nicht tun. Setzt sich jemand dagegen ein? Kann ich eine Petition unterschreiben? Ich selbst auf Lammfleisch verzichten – zu Ostern oder beim nächsten Barbecue? Ja, sicher, aber eigentlich, es ist doch so gut, vielleicht nur eine Keule, dann werde ich nichts mehr anrühren. Aber eigentlich, was macht das schon aus, wenn ich darauf verzichte? Es sind ja so viele andere Menschen, die ebenfalls Lamm essen. Und dann gibt es ja die Bio oder Öko-Version, das sind sicherlich glückliche Tiere. Sie sind die ganze Zeit auf der Weide, genießen die frische Luft, haben gutes Futter und dann achtet man natürlich auf eine „artgerechte“ Schlachtung, die nicht weh tut; so dass das Lamm nicht drauf kommt, dass man ihm den Hals aufschlitzt…“.
Hier ein kurzer Einblick, wie Bio und Öko sein können, trotz Kontrollen und hoher Preise (Animal Rights Watch).
Was schließlich ebenfalls als Überlegung häufig angeführt wird ist „Ich hoffe nur, dass der Preis nicht zu hoch ist für zartes Lammfleisch.“ Da frage ich mich aber schon, von welchem Preis reden wir eigentlich? Wer zahlt hier denn den hohen Preis letztendlich? Das Leben jedes Tieres und insbesondere jedes Lammes hängt schließlich nur von unserer persönlichen Entscheidung ab. Niemand muss auf Fleisch verzichten, aber jeder darf einem Tier, einem Lamm sein Leben gönnen – IAMA
Wer gerne etwas mehr darüber wissen möchte, hier einige interessante Aufklärungsvideos:
PETA (Kurzversion)
Deutschland, Deine Döner – Was essen wir da eigentlich? | SWR betrifft
Ein Lamm wirbt darum, verschont zu werden
Hier wird die religiöse Bedeutung des Lammes für Kinder erklärt.
Hier gibt es hingegen eine interessante Alternative zum Lammfleisch für das Ostermenü entnommen aus diesem anregenden Artikel auf „doreenbrumme“ – gutes Lesen und gutes Kochen!
Titelbild: Lamm | Foto: Patrick Gruban CC BY-SA 2.0 via FlickR
Wer Fragen oder Anregungen zu diesem Thema an Vesna Caminades hat, kann sich unter dieser E-Mail-Adresse an sie wenden: iama4iwannaknow |et| gmail.com oder Mobile Phone +32488617321.
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