Was früher das Briefgeheimnis war, ist heute die Verschlüsselung von Mails und Chats im Internet. Das betrifft nicht nur private Kommunikation, sondern ganz besonders auch die Kommunikation von Journalistinnen und Journalisten, die das Internet zur Recherche und auch zum Informationsaustausch mit Kolleginnen und Kollegen, aber auch denen nutzen, von denen sie Informationen erhalten. Deshalb sind die Themen Pressefreiheit und Verschlüsselung auch unmittelbar miteinander verknüpft. Deshalb haben sich zum Tag der Pressefreiheit auch Anbieter von Internetdiensten zu Wort gemeldet. Sie haben eine Pressemeldung veröffentlicht, die Europablog hier im Wortlaut veröffentlicht.
Heute, am Welttag der Pressefreiheit, haben sich mehr als 45 Organisationen zusammengeschlossen, darunter Tutanota, Tor, Mozilla, Nextcloud, und Fight for the Future, um die demokratischen Regierungen aufzufordern, nicht dem Weg autoritärer Regierungen wie Russland und Iran zu folgen, die den Zugang ihrer Bürgerinnen und Bürger zu verschlüsselten Diensten aktiv beschränken.
Genau wie in autokratischen Ländern ist die Verschlüsselung – und damit unser Recht auf Privatsphäre – auch in demokratischen Ländern bedroht: Das Online Safety Bill in Großbritannien, der Lawful Access to Encrypted Data Act und der EARN IT Act in den USA, Indiens Directions 20(3)/2022 – CERT-In, der Surveillance Legislation Amendment Act in Australien, das C26 Bill in Kanada sowie die vorgeschlagenen Regeln zur Verhinderung und Bekämpfung von sexuellem Kindesmissbrauch in der EU sind alarmierende Beispiele dafür, wie demokratische Regierungen darauf abzielen, Verschlüsselung zu schwächen.
Der offene Brief wendet sich gegen regulatorische und legislative Maßnahmen, die Rechte und Freiheiten wie Privatsphäre, Sicherheit, Zugang zu Wissen, Meinungsfreiheit, Selbstbestimmung und Pressefreiheit untergraben. Die Unterzeichnenden fordern die Regierungen auf, (a) sicherzustellen, dass die Verschlüsselung nicht durch überzogene Gesetzesinitiativen untergraben wird, (b) zu gewährleisten, dass Technologien, die sichere, verschlüsselte Dienste anbieten, nicht blockiert oder gedrosselt werden, (c) alle Gesetzesentwürfe, Gesetze und Strategien zu überdenken, die eine Untergrabung der Verschlüsselung oder die Blockierung des Zugangs zu Diensten, die verschlüsselte Kommunikation anbieten, legitimieren.
Dieser offene Brief wird heute an politische Entscheidungsträger in den USA, der EU, Kanada, dem Vereinigten Königreich, Australien und Indien gesandt. Am Welttag der Pressefreiheit möchten wir die Tatsache betonen, dass Verschlüsselung notwendig ist, um unsere freien Demokratien aufrechtzuerhalten – nicht nur für alle Bürgerinnen und Bürger, sondern insbesondere für Journalisten und Whistleblower.
Lesen Sie hier den vollständigen offenen Brief.
Matthias Pfau, Mitbegründer von Tutanota: „Es ist wirklich besorgniserregend, was in einigen der größten Demokratien der Welt vor sich geht. Viele politischen Entscheidungsträger glauben, dass sie einen ‚magischen Schlüssel‘ haben können, um auf verschlüsselte Kommunikation zuzugreifen – und ignorieren dabei völlig die technischen Fakten: Verschlüsselung sichert entweder alle oder sie ist für alle gebrochen. Wenn Politiker einen ‚magischen Schlüssel‘ wollen, zerstören sie letztlich die Sicherheit aller Bürger, einschließlich Journalisten und Whistleblowern, die auf Verschlüsselung angewiesen sind, um Machtmissbrauch oder andere Missstände in der Gesellschaft aufzudecken. Deshalb werden wir von Tutanota unsere Verschlüsselung niemals abschwächen. Wenn Regierungen Verschlüsselung verbieten, müssen sie den Zugang zu unserem verschlüsselten E-Mail-Dienst blockieren, so wie es Russland und der Iran bereits tun.“
Isabela Fernandes, Executive Director des Tor-Projekts: „Verschlüsselung ist ein notwendiges Instrument zur Wahrung unserer digitalen Rechte und der Grundsätze einer freien und offenen Gesellschaft. Indem wir die Verschlüsselung von Messaging-Apps, Websites, File-Sharing und anderen Online-Diensten aufrechterhalten, geben wir Journalisten die Möglichkeit, über wichtige Themen zu berichten und gleichzeitig ihre Quellen zu schützen, ohne Angst vor Überwachung und Vergeltung zu haben. Das Tor-Netzwerk basiert auf Verschlüsselung, und wir haben uns mit vielen Nachrichtenagenturen und Social-Media-Seiten zusammengetan, um Onion Sites einzurichten, die die Zensur umgehen und es den Menschen ermöglichen, sicher und anonym auf Informationen zuzugreifen, sie zu teilen und zu veröffentlichen.“
Eseohe Ojo, Kampagnenleiterin bei Fight for the Future: „Der Schutz der Privatsphäre war noch nie so wichtig wie heute. Die Verschlüsselung ist ein Schutzschild, das jeden schützt, vor allem aber die am stärksten gefährdeten Bevölkerungsgruppen. Das reicht von Journalisten und Aktivisten bis hin zu LGBTQ+-Personen, Frauen, die eine Abtreibung vornehmen lassen müssen, ethnischen und anderen Minderheiten. Warum sollte man ihnen die Werkzeuge wegnehmen, die sie am dringendsten benötigen? Die politischen Entscheidungsträger wissen, wie wichtig der Schutz der Privatsphäre ist, wenn es darum geht, die Post einer anderen Person zu öffnen, auf ihre Bankdaten oder andere private Informationen zuzugreifen, aber sie schränken diesen Schutz online ein. Verschlüsselte Dienste schützen und befähigen den Einzelnen. Es ist an der Zeit, dass die Regierungen den Zugang zu diesen Instrumenten anerkennen und schützen.“
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Titelbild: Prachatai CC BY-NC-ND 2.0 via FlickR
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PRESSEFREIHEIT
Gegen Diktatur, Terror und Mord –
Demokratie braucht das freie Wort.
Die Presse soll Missstände aufzeigen,
sich nicht vor den Mächtigen verneigen;
nichts verheimlichen oder vertuschen,
keinesfalls vor Autokraten kuschen.
Staatenlenkern auf die Finger schauen,
zu den Unterdrückten Brücken bauen;
stets die Untaten konkret benennen,
sich zu Frieden und Freiheit bekennen.
Heran an Despoten mit allem Mut,
die Pressefreiheit ist ein hohes Gut.
Rainer Kirmse , Altenburg
Herzliche Grüße aus Thüringen