Von Jürgen Klute

Eigentlich finden die Fahrradtouren der „Critical Mass“-Bewegung in Brüssel am letzten Freitag des Monats statt – seit 1999. Am 25. September 2022 gab es allerdings eine Ausnahme. An diesem Tag gab es in Brüssel erstmals eine „Critical Mass“-Tour an einem Sonntag. Und die Tour begann nicht wie üblich um 18 Uhr am Place Trone, sondern am 14 Uhr an der Quadriga im Parc Cinquantenaire. Und noch eine Besonderheit gab es: Nicht nur Brüsseler und Brüsselerinnen waren diesmal eingeladen, sondern Radfahrerinnen und Radfahrer aus ganz Belgien. Neben Brüssel gibt es „Critical Mass“-Aktivisten auch in den Städten Aalst, Antwerpen, Charleroi, Gent, Namur, Löwen und Sint-Niklaas. Vom Parc Cinquantenaire ging die Tour zunächst Richtung Innenstadt und dann entlang am Kanal bis zum Thurn und Taxis Gelände. Dort endete die Tour mit einem kleinen Fest – einer Geburtstagsfeier, wenn man so will: Die „Critical Mass“-Bewegung wurde an diesem Sonntag 30!

Vor genau 30 Jahren, am 25. September 1992 gab es in San Francisco die allererste „Critical Mass“-Fahrradtour. Innerhalb weniger Jahre hat sich die „Critical Mass“-Bewegung zu einer weltweiten Bewegung entwickelt. Eine feste Organisation gibt es nicht. Aber es gibt engagierte Leute, die regelmäßig zu Radtouren aufrufen. Mittlerweile gibt es unter dem Namen „Critical Map“ auch eine Open Source Handy-App, über die die Teilnehmenden sich austauschen können und auf der zu sehen ist, in welchen Städten weltweit wieviele Leute an „Critical Mass“-Touren teilnehmen.

Den Entstehungshintergrund der Bewegung und des Namens beschreibt der Wikipedia-Artikel zu „Critical Mass“ folgendermaßen:

Der Begriff „Critical Mass“ stammt aus dem Dokumentarfilm Return of the Scorcher (1992) von Ted White. Dieser erzählt von der bike culture in China und den Niederlanden im Vergleich zu jener in den USA. Im Film beobachtete George Bliss das Verhalten von motorisierten Zweirad- und Fahrradfahrern in China, die Kreuzungen ohne Lichtzeichenanlage (Ampeln) problemlos zu überqueren verstanden. Aus seinen Beobachtungen geht hervor, dass sich der Verkehr solange an diesen Kreuzungen staut, bis er eine kritische Masse erreicht hat, an der er sich über die Kreuzung drängt und so den sich kreuzenden Verkehr zum Anhalten zwingt. An diesen Begriff der Kritischen Masse sei der Name der Bewegung angelehnt.

Die ersten Aktivisten der „Critical Mass“-Bewegung in San Francisco haben sicher nicht gedacht, dass sie eine Bewegung angestoßen haben, die sich eines Tages um den ganzen Globus spannt und nach 30 Jahren noch immer höchst lebendig ist. Und dass diese Bewegung mittlerweile Erfolge vorweisen kann. Klar, es brauchte einen sehr langen Atem. Aber es war ein wichtiger Schritt in Richtung der nun immer stärker werdenden Verkehrswende: Brüssel, Amsterdam, Utrecht, Kopenhagen, Oslo, Paris, Lyon, Bordeaux, Barcelona, Vitoria, etc. sind Städte, die Fußgängern und Radfahrern mehr und sicheren Raum auf den Straßen geben und die den Autoverkehr Schritt für Schritt zurückdrängen (vgl. dazu z.B. Die Musik spielt woanders: „Verkehrswende in Europa“ von Timo Daum).

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Titelbild / Fotos: Jürgen Klute

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