Jürgen Klute

Der Spiegel berichtet in seiner Online-Ausgabe am 21. März 2017 unter dem Titel „Junge Osteuropäer wollen Freizügigkeit, aber keine Flüchtlinge“ über eine Umfrage, die die Bertelsmann-Stiftung in den vier Visegrád-Staaten Polen, Slowakei, Tschechien und Ungarn sowie in Deutschland und Österreich durch Kantar Public (vormals TNS Infratest) durchführen lies.

Positiv an dem Ergebnis ist, dass auch in den vier Visegrád-Staaten die EU geschätzt wird. Vor allem, weil sie Frieden in Europa sichert. Und auch die Reisefreiheit innerhalb der EU wird von den Befragten hoch geschätzt.

In diesen beiden Punkten unterscheiden sich die Umfrageergebnisse zwischen Deutschland und Österreich einerseits und den Visegrád-Staaten andererseits nicht gravierend. Wohl aber, wenn es um Zuwanderer und Asylsuchende geht. Beide Gruppen stoßen laut dieser Umfrage auch unter jungen Menschen in den Visegrád-Staaten auf starke Ablehnung.

Dies ist der alarmierende Teil der Umfrage.

Leider gibt die Umfrage keine Auskunft über die möglichen Ursachen dieser Ablehnung von Zuwanderern und Asylsuchenden und damit der Ablehnung von Menschenrechten.

Eine Ermittlung der Ursachen wäre aber wichtig, um dieser Ablehnung politisch sinnvoll begegnen zu können. Denn langfristig ist eine solche Ablehnung eines Teils der Menschenrechte nicht hinnehmbar.

Möglicherweise hängt das Ergebnis dieser Umfrage damit zusammen, dass die EU zunehmend nur noch als wirtschaftliches Projekt gedacht wird. Ohne Frage ist die Wirtschaft eine zentrale Frage, ohne die eine Integration innerhalb der EU nicht denkbar ist. Aber Wirtschaft ist eben auch nicht alles. Eine funktionierende EU erfordert mehr als die wirtschaftliche Integration: Sie erfordert auch eine soziale Integration und einen lebendigen kulturellen Austausch, der die Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Traditionen in den EU-Mitgliedsländern einbezieht.

Da die Ablehnung von Flüchtlingen nicht nur ein Problem in den Visegrád-Staaten ist, wäre eine Ausdehnung dieser Umfrage mit einer gründlichen Ursachenerforschung auf die gesamte EU erforderlich. Denn die Ablehnung von Zuwanderung und Flüchtlingen, die ja einhergehen mit rechten, populistischen Politikkonzepten, betrifft nicht alle EU-Mitgliedsländer in gleicher Stärke. Gerade die Länder, die unter dem Spardiktat der Euro-Gruppe am stärksten gelitten haben, haben die wenigsten Probleme mit rechten Parteien. Und umgekehrt sind gerade in den nord- und westeuropäischen Ländern, denen es wirtschaftlich vergleichsweise gut geht, rechte Parteien und Populisten am einflussreichsten.

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