Interview mit Sascha Suhrke, Program Director Politics and Society der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius. Fragen von Jürgen Klute.

Sascha Suhrke | Foto: David Ausserhofer

Europa.blog: Herr Suhrke, Europa bewegt sich schon seit einiger Zeit in schwierigem Fahrwasser. Was ist das Ziel des EuropaCamps der ZEIT-Stiftung?

Sascha Suhrke: Wir wollen über die vielen Facetten Europas sprechen, die Krisen und Probleme diskutieren, aber auch die Bedeutung und Wichtigkeit Europas für unseren gesellschaftlichen, kulturellen, wirtschaftlichen und politischen Zusammenhalt hervorheben. Deswegen haben wir bewusst das Format eines Camps gewählt, weil wir den Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Möglichkeit geben möchten, sich aktiv zu beteiligen. Wir möchten nicht nur etwas von den zahlreichen Gästen über Europa erfahren, sondern auch hören, was die Teilnehmenden über die Europäischen Themen denken und gemeinsam mit ihnen diskutieren. Fach- und Expertenkonferenzen gibt es bereits reichlich. Das EuropaCamp ist für die Öffentlichkeit und wir hoffen auf große Beteiligung.

Europa.blog: Wen wollen Sie ansprechen mit dem EuropaCamp?

Sascha Suhrke: Wir möchten alle ansprechen, die sich für Europa interessieren und niemand sollte sich ausgeschlossen fühlen. Europa lebt ja auch von Diversität und Unterschieden, deswegen möchten wir beim EuropaCamp auch viele verschiedene Meinungen zusammenbringen, seien es Sorgen und Ängste, Skepsis oder Engagement und Begeisterung für die europäische Idee.

Europa.blog: Ein Blick auf das Programm zeigt, dass es sich beim EuropaCamp nicht um eine klassische Konferenz handelt. Können Sie kurz schildern, was die Teilnehmenden erwartet und weshalb es sich lohnt zu kommen?

Sascha Suhrke: Wir haben ein sehr breites Programm zusammengestellt. Neben Vorträgen und Podiumsdiskussionen gibt es viele interaktive Workshops, in denen die Teilnehmenden  gemeinsam Ideen erarbeiten und ihre Haltung zu Europa überprüfen können. Gäste aus dem Ausland werden dafür sorgen, dass wir keine rein deutschen Diskussionen führen. Gemeinsam mit der Intendantin Amelie Deuflhard und der Dramaturgin Uta Lambertz von Kampnagel haben wir ein Kulturprogramm zusammengestellt, das perfekt zum EuropaCamp passt: Theater, Film und Performances eröffnen damit einen zusätzlichen Blick auf Europa und seine Probleme.

Europa.blog: Was sind aus Ihrer Sicht die Highlights, auf die sich die Teilnehmenden freuen dürfen?

Sascha Suhrke: Für die Programmmacher ist es immer schwer, Highlights zu benennen, denn wir haben ja alle Programmpunkte mit Bedacht ausgewählt. Aber es freut uns schon, dass Außenminister Sigmar Gabriel zur Eröffnung kommen wird und eben keine Rede hält, sondern das Gespräch mit den Besuchern suchen wird. Zum Glück haben wir mit Ali Aslan einen versierten Moderator dafür gewonnen. Viele der Diskussionen werden sich mit Krisen und Problemen beschäftigen, auf das Podium zum Populismus Problem bin ich besonders gespannt. Johnny Häusler wird mit jungen Bloggern und YouTubern über Politikverdrossenheit sprechen. Robert Menasse wird aus seinem Europaroman “Die Hauptstadt” lesen, Charles Kupchan, der ehemalige Europaberater von Barack Obama, hält eine Keynote über das Verhältnis zwischen den USA und Europa. Wir zeigen den Dokumentarfilm “Als Paul über das Meer kam” und sprechen im Anschluss über die Migrationspolitik in Deutschland und Europa mit dem Regisseur des Films Jakob Preuss und anderen. Mariola Brillowskas Performance “Sanatorium Europa” und Laura de Wecks Lecture Performance “Direkt Demokratisch Love” werden sicher spannend. Darüber hinaus gibt es viele andere Programmpunkte, ein genauer Blick ins Programm lohnt sich.

Europa.blog: Wie schätzen Sie die Entwicklung der EU für das Jahr 2018 ein? Was sind Ihre Hoffnungen und Erwartung für die Zukunft der EU?

Sascha Suhrke: Mit Prognosen muss man sich heute zurückhalten. Den Brexit und viele andere Entwicklungen hat man so auch nicht erwartet. Auch wird immer wieder betont, dass 2018 das Jahr der Entscheidungen für die EU sein wird. Ich denke, dass wir mittlerweile an einem Punkt sind, wo vielen klar ist, was alles auf dem Spiel steht. Daher gilt es jetzt, dass die Politik einen Weg finden muss, mehr Vertiefung und wieder mehr Zusammenhalt zu erreichen. Und es wird sicher spannend zu sehen, wie sich Deutschland dabei positionieren wird. Die Zeiten, in denen Frankreich und Deutschland einfach vorausgehen konnten, sind schon länger vorbei, aber zu sehr sollte sich die nächste Bundesregierung bitte nicht zurückhalten. Macrons Vorschläge liegen auf dem Tisch und jetzt müssen wir sehen, was davon umgesetzt werden kann. Ich wünsche mir mehr Europa – nicht weniger.

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